Kell­bach­grund­an­bin­dung vor Gericht

Pres­se­mit­tei­lung des BUND Naturschutz

„Wir hof­fen auf mehr Landschaftsschutz“

Am kom­men­den Frei­tag, 13.01.17 um 10.00 Uhr wird vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth die Kla­ge des BUND Natur­schutz gegen die geplan­te Umfah­rung von Ebens­feld, die sog. „Kell­bach­grund­an­bin­dung“ ver­han­delt. Mit einem Urteil zu die­ser beson­ders umstrit­te­nen Pla­nung Ober­fran­kens ist an die­sem Tag wohl zu rech­nen. Die Ver­hand­lung ist öffent­lich, eine Dele­ga­ti­on aus Ebens­feld wird nach Bay­reuth fahren.

„Wir hof­fen auf mehr Land­schafts­schutz und auf einen sorg­sa­me­ren Umgang mit der Res­sour­ce Boden. Immer­hin wür­de die geplan­te Tras­se das Tal des Kell­ba­ches unnö­tig durch­schnei­den und unnö­tig viel land­wirt­schaft­lich nutz­ba­res Acker­land kosten“, so Anton Rein­hardt, Vor­sit­zen­der der BN-Kreis­grup­pe Lichtenfels.

„Wenn es nach uns gegan­gen wäre hät­te die Kla­ge bis zum jüng­sten Gericht ruhen kön­nen. Der Bau der Neu­bau­tra­sse ist ange­sichts des sehr gerin­gen und abneh­men­den Ver­kehrs mit unter 2.200 KFZ pro Tag und der gerin­gen Ver­la­ge­rungs­po­ten­tia­le nicht im Ent­fern­te­sten nötig. Das haben wir mit unse­ren eige­nen Ver­kehrs­zäh­lun­gen mehr­fach gezeigt. Dass das Staat­li­che Bau­amt Bam­berg und die Regie­rung von Ober­fran­ken die Pla­nung nun unbe­dingt umset­zen wol­len, ist nicht wirk­lich zu ver­ste­hen“, so Lud­wig Wend­ler, Vor­sit­zen­der der Orts­grup­pe Ebensfeld.

Bei der Ver­hand­lung wird es im Wesent­li­chen um die arten­schutz­recht­li­chen Belan­ge (hier Aus­nah­me­ge­neh­mi­gun­gen für Beein­träch­ti­gun­gen von Zaun­ei­dech­se und Fle­der­maus­ar­ten) und das zwin­gen­de öffent­li­che Inter­es­se für die Tras­se gehen. Immer­hin hat­te ja die Fach­be­hör­de der Regie­rung, die Höhe­re Natur­schutz­be­hör­de die Pla­nung eben­falls abge­lehnt. Und es wird mög­li­cher­wei­se um die Zumut­bar­keit der vor­ge­schla­ge­nen Alter­na­ti­ven gehen. Hier ins­be­son­de­re um die süd­öst­lich der Auto­bahn vom BN vor­ge­schla­ge­ne Quer­span­ge zur Anschluss­stel­le bei Kut­zen­berg. Die­se wür­de weni­ger Lebens­räu­me bean­spru­chen, weni­ger Land ver­brau­chen und auch das Was­ser­schutz­ge­biet bei Kut­zen­berg gerin­ger beein­träch­ti­gen. Des Wei­te­ren wür­de die vor­ge­schla­ge­ne Alter­na­ti­ve auch den gro­ßen Vor­teil haben, dass über die­se Tras­se auch eine Zufahrts­mög­lich­keit zur A73 aus dem nord­öst­li­chen Teil von Ebens­feld mög­lich wäre. Sie wür­de auch nicht zu einer Ver­lärmung des Bezirks­kli­ni­kums Kut­zen­berg und der dort geplan­ten Neu­bau­ten führen.

Hin­ter­grund

Die Stra­ßen­bau­ver­wal­tung plant nach wie vor eine flä­chen­ver­schwen­den­de Neu­bau­tra­sse der Staats­stra­ße 2187 zwi­schen Präch­ting und Ebens­feld mit der Direkt­an­bin­dung an die A 73. Weil nur etwa 2.200 Fahr­zeu­ge pro Tag auf der bestehen­den Staats­stra­ße fah­ren, der Ver­kehr sogar abnimmt und nur ein Teil die neue Tras­se nut­zen wür­de, sieht der BN hier über­haupt kei­nen Bedarf für einen Neu­bau. Seit 2008 liegt die plan­fest­ge­stell­te Maß­nah­me wegen einer Kla­ge des BN vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt. Die Regie­rung hat zwi­schen­zeit­lich ein ergän­zen­des Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren durch­ge­führt und mehr Aus­gleichs­maß­nah­men fest­ge­stellt. Seit Ende 2014 ging es des­halb im Kla­ge­ver­fah­ren weiter.

Im Rah­men des Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­rens wur­den bei der Regie­rung von Ober­fran­ken Alter­na­tiv­vor­schlä­ge zur Anbin­dung der St 2187 an die A 73 bei Kut­zen­berg geprüft. Wenn es denn eine direk­te Zufahrt zur A 73 geben soll, dann for­dert der BN statt der 2,2 km lan­gen Neu­bau­tra­sse eine deut­lich kür­ze­re, die Land­schaft weni­ger zer­schnei­den­de und deut­lich weni­ger Flä­che bean­spru­chen­de Alter­na­ti­ve. Die­se Tras­se soll von der bestehen­den Staats­stra­ße Präch­ting – Ebens­feld öst­lich der Auto­bahn direkt neben der A 73 in Rich­tung Kut­zen­berg zur Auf­fahrt an der A 73 füh­ren, statt den Kell­bach­grund schräg zu durchschneiden.

Doch die Stra­ßen­pla­ner des Staat­li­chen Bau­am­tes Bam­berg wol­len wei­ter mit z. T. hane­bü­che­nen Argu­men­ten die vom BN ins Spiel gebrach­te Tras­se abbü­geln und an der Neu­bau­tra­sse festhalten.

Aus „betrieb­li­chen Grün­den“ wäre die Nut­zung der bestehen­den Brücke über den Kell­bach nicht prak­ti­ka­bel, sie müss­te wei­ter ent­fernt neu gebaut wer­den. Behaup­tet wird, eine Ver­le­gung der öst­li­chen Auf­fahrt zur A 73 und eine neue Brücke über den Kell­bach wür­den rd. 4,4 Mio. € Gesamt­ko­sten ver­ur­sa­chen (gegen­über rd. 2,8 Mio. € für die Neu­bau­tra­sse). Die Stei­gung von der Kell­bach­brücke zur Anschluss­stel­le sei zu stark (8%). Die unter Denk­mal­schutz ste­hen­de Lin­den­al­lee zwi­schen Ebens­feld und Kut­zen­berg wür­de beein­träch­tigt. Der Ein­griff in die enge­re Was­ser­schutz­ge­biets­zo­ne sei genau­so stark wie bei der Neubautrasse.

Das Argu­ment „betrieb­li­che Grün­de“ ist dabei beson­ders inter­es­sant: Das Bau­amt behaup­tet, die vor­ge­schla­ge­ne Ver­bin­dungs­stra­ße zwi­schen der Staats­stra­ße Ebens­feld – Präch­ting (St 2187) und der Staats­stra­ße Ebens­feld – Kut­zen­berg (St 2987) kön­ne nicht ent­lang der bestehen­den A 73 geführt wer­den, statt­des­sen müss­te sie wei­ter öst­lich mit einem teu­ren sepa­ra­ten Bau­werk ange­legt wer­den. Begrün­dung: eine „getrenn­te Ver­wal­tung“ der Stra­ßen. Zuletzt behaup­te­te das Bau­amt, die vom BN vor­ge­schla­ge­ne Vari­an­te kön­ne nicht mit einer Staats­stra­ßen­num­mer ver­se­hen werden.

Dabei gibt es bereits bau­tech­ni­sche und offen­bar auch orga­ni­sa­to­ri­sche Lösun­gen in ähn­li­chen Fäl­len: Nicht weit von Ebens­feld wird die Staats­stra­ße zwi­schen Ebing und Brei­ten­güß­bach direkt neben der A 73 mit gemein­sa­mer Böschung geführt. Auch hier müs­sen sich Staat­li­ches Bau­amt und Auto­bahn­di­rek­ti­on Nord­bay­ern eini­gen. Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Füh­rung der Kreis­stra­ße CO12 nur einen Meter neben der Bun­des­stra­ße B4 bei Nie­der­füll­bach, wo ledig­lich grü­ne Baken und eine Leit­plan­ke die Stra­ßen tren­nen. Hier sind es das Staat­li­che Bau­amt und der Kreis­bau­hof des Land­krei­ses Coburg, die sich eini­gen mussten.

Bele­ge für die Kosten­schät­zung bleibt das Staat­li­che Bau­amt schuldig.

Auch das Argu­ment einer Ver­le­gung der Auf­fahrts­schlei­fe zur A 73 ist frag­wür­dig: Die Schlei­fe muss nicht wirk­lich ver­legt wer­den, womit auch der Ein­griff in die unter Denk­mal­schutz ste­hen­de Lin­den­al­lee ent­fal­len würde.

Die vom Bau­amt als zu stark ein­ge­stuf­te Stei­gung der Ver­bin­dungs­ram­pe wird mit 8% ange­ge­ben. Vom BN durch­ge­führ­te Abschät­zun­gen erga­ben Stei­gun­gen zwi­schen 3,75% bis 4,75%. Auch hier bleibt das Amt Bele­ge schuldig.

Bleibt das Argu­ment Was­ser­schutz­ge­biet: Eine Beein­träch­ti­gung der enge­ren Schutz­zo­ne wäre bei der vom BN vor­ge­schla­ge­nen Tras­se nur nötig, wenn die­se weit von der A 73 abge­rückt wer­den müss­te. Dies ist nach Sicht des BN nicht nötig. Dage­gen wür­de die Neu­bau­tra­sse im Was­ser­schutz­ge­biet Beein­träch­ti­gun­gen mit Sicher­heit hervorrufen.

Fol­gen­de Vor­tei­le die­ser trotz der Kla­ge und vie­ler Aktio­nen des BN noch nicht ein­ge­hend unter­such­ten Vari­an­te könn­ten zum Tra­gen kommen:

Gerin­ge­re Ver­sie­ge­lung und damit Ver­rin­ge­rung der Hoch­was­ser­ge­fah­ren. Die Neu­bau­tra­sse wäre 2.020 m lang und wür­de ca. 31.000 Qua­drat­me­ter Land neu ver­brau­chen, die bestehen­de Stra­ße wür­de blei­ben. Die vom BN vor­ge­schla­ge­ne Tras­se wäre ca. 1.200 m lang und wür­de nur ca. 16.000 Qua­drat­me­ter bean­spru­chen, die bestehen­de Stra­ße wür­de mitbenutzt.

Gerin­ge­rer Flä­chen­ver­brauch und damit Erhalt land­wirt­schaft­li­cher Nutz­flä­chen. Gerin­ge­re Land­schafts­zer­schnei­dung und damit Erhalt des schö­nen Land­schafts­bil­des in Sicht­wei­te der Han­kir­che. Gerin­ge­re Lärm- und Schad­stoff­be­la­stung, ins­be­son­de­re für das Bezirks­kli­ni­kum Kut­zen­berg. Gerin­ge­re Beein­träch­ti­gung des Was­ser­schutz­ge­bie­tes öst­lich der A 73 und damit Siche­rung der Trink­was­ser­ver­sor­gung. Weni­ger Ver­lust von Lebens­räu­men, z. B. des Bibers, der Zaun­ei­dech­se oder der Fle­der­mäu­se. Gerin­ge­re Kosten für den Frei­staat Bay­ern und die Markt­ge­mein­de Ebens­feld bei Bau und Unter­halt der neu­en Tras­se und der bestehen­den Staats­stra­ße. Kei­ne neue Bach­que­rung inmit­ten der frei­en Land­schaft. Bes­se­re Ver­kehrs­ver­hält­nis­se für den Ziel- und Quell­ver­kehr zwi­schen Ebens­feld und Prächting/​Kleukheim.

Der Ziel- und Quell­ver­kehr von Ebens­feld-Orts­mit­te und Gewer­be­ge­biet-Nord wäre wesent­lich bes­ser an die A 73 ange­bun­den und die Haupt­durch­fahrt­sach­se Ebens­felds auf der Staats­stra­ße dadurch entlastet.

Die Gefahr einer Abkür­zung zwi­schen den Auto­bah­nen A 70 Bam­berg – Bayreuth/​Kulmbach und der A 73 Bam­berg – Lich­ten­fels – Erfurt (Maut­aus­weich­ver­kehr) wäre ver­rin­gert und die dro­hen­de Ver­kehrs­zu­nah­me durch den ruhi­gen Kell­bach­grund gemildert.

Die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger der Gemein­de Ebens­feld bekä­men bei der „gro­ßen Lösung“ die Bau- und Unter­halts­la­sten der bestehen­den Staats­stra­ße auf­ge­halst. Denn nach der der­zei­ti­gen Pla­nung wür­de sie zur Gemein­de­ver­bin­dungs­stra­ße her­ab­ge­stuft. Da sie nicht frost­si­cher gebaut ist, muss sie in abseh­ba­rer Zeit auch saniert werden.

Unstrit­tig ist zwar, dass der gegen­wär­ti­ge bau­li­che Zustand nicht mehr den heu­ti­gen Ver­kehrs­er­for­der­nis­sen ent­spricht. Aller­dings kön­nen die in den Unter­la­gen zum Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren genann­ten „gefähr­li­chen Ver­kehrs­si­tua­tio­nen“ im Bereich der bestehen­den Dop­pel­kur­ve sowie „ris­kan­te Ein­bie­ge­ma­nö­ver“ an der Ein­mün­dung der St 2187 in die St 2197 (Haupt­stra­ße Ebens­feld) sowie die „erhöh­te Unfall­ge­fahr“ weder aus der all­täg­li­chen Erfah­rung nach­voll­zo­gen noch durch nach­prüf­ba­re Zah­len der zustän­di­gen Behör­den (z.B. aus der Ver­kehrs­un­fall­sta­ti­stik) belegt werden.

Das lan­des­pla­ne­ri­sche Ziel der mas­si­ven Redu­zie­rung der Flä­chen­in­an­spruch­nah­me wür­de durch die Neu­bau­maß­nah­me klar verfehlt.

Zuletzt hat­te der BN-Lan­des­vor­stand am 21. März 2016 sei­ne Soli­da­ri­tät mit der Kreis- und der Orts­grup­pe mit einer Foto­ak­ti­on an der bestehen­den Stra­ße im Kell­bach­grund bekräftigt.