Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Ener­gie­spei­che­rung nach­hal­tig gemacht

Symbolbild Bildung

Bay­reu­ther For­scher haben ein effi­zi­en­tes und nach­hal­ti­ges System zur Was­ser­stoff-Spei­che­rung entwickelt

Neue Tech­no­lo­gien zur Ener­gie­spei­che­rung gewin­nen immer stär­ker an Bedeu­tung. Weil der Anteil erneu­er­ba­rer Ener­gien an der Ener­gie­ver­sor­gung steigt, wird es immer wich­ti­ger, wet­ter­be­ding­te Eng­päs­se in der Pro­duk­ti­on von Son­nen- oder Wind­kraft­ener­gie dadurch aus­glei­chen zu kön­nen, dass Ener­gie in grö­ße­rem Umfang gespei­chert und bei Bedarf abge­ru­fen wer­den kann. Welt­weit inter­es­siert sich die For­schung daher für Mög­lich­kei­ten, Was­ser­stoff als Ener­gie­trä­ger zu nutzen.

Ein neu­er Kata­ly­sa­tor für die Wasserstoff-Speicherung

Ein viel­ver­spre­chen­der Ansatz sind flüs­si­ge orga­ni­sche Was­ser­stoff­trä­ger (liquid orga­nic hydro­gen car­ri­ers, LOHC). Hier­bei han­delt es sich um orga­ni­sche Ver­bin­dun­gen, die in der Lage sind, Was­ser­stoff auf­zu­neh­men und wie­der abzu­ge­ben. Pro­mi­nen­te Bei­spie­le für sol­che LOHCs sind soge­nann­te „N‑Heterozyklen“. Die­se klei­nen Mole­kü­le bestehen aus Koh­len­stoff­rin­gen, ent­hal­ten aber an einer bestimm­ten Stel­le ein Stick­stoff- statt eines Koh­len­stoff­atoms. Ein bekann­ter N‑Heterozyklus ist N‑Ethylcarbazol (NEC). Die­ses Mole­kül ist unter geeig­ne­ten Tem­pe­ra­tu­ren und Drücken in der Lage, 12 Was­ser­stoff-Ato­me zu bin­den und wie­der frei­zu­set­zen. In bei­den Fäl­len fin­det eine che­mi­sche Reak­ti­on statt, die durch einen Kata­ly­sa­tor aus­ge­löst und gesteu­ert wird.

Eine For­schungs­grup­pe um Prof. Dr. Rhett Kem­pe an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat jetzt einen Kata­ly­sa­tor ent­wickelt, der deut­lich bes­ser als ande­re che­mi­sche Ver­bin­dun­gen geeig­net ist, um NEC mit Was­ser­stoff zu bela­den. Er ent­hält zwei Metal­le, Pal­la­di­um (Pd) und Ruthe­ni­um (Ru), die auf einen Sili­zi­um­koh­len­stoff­nitrid-Trä­ger (SiCN) auf­ge­bracht wur­den. Die che­mi­sche For­mel lau­tet daher Pd2Ru@SiCN. Das Spei­cher­po­ten­zi­al der NEC-Mole­kü­le kann mit die­sem Kata­ly­sa­tor sehr weit­ge­hend aus­ge­nutzt wer­den. Und eben­so ist es mit dem­sel­ben Kata­ly­sa­tor mög­lich, die gebun­de­nen Was­ser­stoff-Ato­me wie­der aus den NEC-Mole­kü­len herauszulösen.

„Bis­her ist auf dem Gebiet der Was­ser­stoff-Spei­che­rung kein ande­rer Kata­ly­sa­tor bekannt, der sowohl das Be- als auch das Ent­la­den von NEC-Mole­kü­len mit einer der­art hohen Effi­zi­enz bewerk­stel­ligt“, freut sich Dani­el For­berg, der als Mit­glied des For­schungs­teams maß­geb­lich zur Ent­wick­lung die­ses neu­en Instru­ments für die Was­ser­stoff-Spei­che­rung bei­getra­gen hat.

Ein neu­es Spei­cher­me­di­um aus dem nach­wach­sen­den Roh­stoff Holz

Der neue Kata­ly­sa­tor ermög­lich­te den Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­lern aber noch einen wei­te­ren For­schungs­er­folg. Die flüs­si­gen orga­ni­schen Was­ser­stoff­trä­ger (LOHCs), die in der For­schung bis­her für die Spei­che­rung von Was­ser­stoff ein­ge­setzt wur­den, stam­men letzt­lich alle aus fos­si­len Sub­stan­zen wie Koh­le und Erd­öl, also aus che­mi­schen Ver­bin­dun­gen, deren Vor­rä­te begrenzt sind. Dies gilt auch für N‑Ethylcarbazol (NEC). Dem Team von Prof. Kem­pe ist es jedoch erst­mals gelun­gen, einen orga­ni­schen Was­ser­stoff­trä­ger aus einem nach­wach­sen­den Roh­stoff zu gewin­nen. Ein Abfall­pro­dukt der Holz­ver­ar­bei­tung, das bis­her indu­stri­ell kaum genutzt wird und sich auch nicht für die Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on eig­net, ist Lignin. Hier­aus lässt sich – mit­hil­fe eines schon frü­her in Bay­reuth ent­wickel­ten Kata­ly­sa­tors – ohne hohen tech­ni­schen Auf­wand Phen­a­zin her­stel­len. Phen­a­zin-Mole­kü­le bestehen aus drei ver­ket­te­ten Koh­len­stoff­rin­gen, wobei im mitt­le­ren Ring zwei Koh­len­stoff­ato­me durch Stick­stoff­ato­me ersetzt sind.

Der Kata­ly­sa­tor Pd2Ru@SiCN macht es mög­lich, 14 Was­ser­stoff­ato­me in einem Phen­a­zin-Mole­kül zu bin­den und sie bei Bedarf auch wie­der frei­zu­set­zen. Die­ses System der Was­ser­stoff-Spei­che­rung über­trifft damit sogar die Was­ser­stoff-Spei­che­rung, die mit NEC erzielt wer­den kann. Denn wäh­rend der in NEC gebun­de­ne Was­ser­stoff maxi­mal unge­fähr 5,8 Gewichts­pro­zent des gesam­ten Mole­küls aus­macht, wer­den bei Phen­a­zin 7,2 Gewichts­pro­zent erreicht. „In unse­ren wei­te­ren For­schungs­ar­bei­ten wer­den wir an die­ses viel­ver­spre­chen­de Resul­tat anknüp­fen, um die Poten­zia­le der Was­ser­stoff-Spei­che­rung noch wei­ter aus­zu­lo­ten. Es freut uns sehr, dass in Ver­bin­dung mit unse­rem neu­en Kata­ly­sa­tor ein sehr effi­zi­en­tes Spei­cher­me­di­um zur Ver­fü­gung steht, das aus einem nach­wach­sen­den Roh­stoff stammt, der in gro­ßen Men­gen ver­füg­bar ist und kei­ne Bedeu­tung als Nah­rungs­mit­tel besitzt“, erklärt Prof. Kempe.

Ver­öf­fent­li­chung:

Dani­el For­berg et al.: Sin­gle-cata­lyst high-weight% hydro­gen sto­rage in an N‑heterocycle syn­the­si­zed from lignin hydro­ge­no­ly­sis pro­ducts and ammo­nia, in: Natu­re Com­mu­ni­ca­ti­ons (2016), 7, 13201, doi: 10.1038/ncomms13201.