Sozio­lo­gin­nen und Sozio­lo­gen dis­ku­tie­ren in Bam­berg Zukunft des Arbeits­mark­tes und Inte­gra­ti­on von Geflüchteten

Symbolbild Bildung

„Kei­ne fal­schen Anrei­ze setzen“

Die Flucht­mi­gra­ti­on nach Deutsch­land hat mit rund 1.1 Mil­lio­nen Flücht­lin­gen im Jahr 2015 neue Grö­ßen­ord­nun­gen erreicht. Eine Inte­gra­ti­on der Neu­an­kömm­lin­ge gelingt über Qua­li­fi­ka­ti­on und Erwerbs­ar­beit. „Die Bedin­gun­gen für eine gute Ein­glie­de­rung in das Arbeits­markt­ge­fü­ge sind in Deutsch­land im Grund­satz gut“, sagt der Bam­ber­ger Arbeits­wis­sen­schaft­ler Prof. Dr. Olaf Struck. Struck ist außer­dem Spre­cher des 38. Kon­gres­ses der Deut­schen Gesell­schaft für Sozio­lo­gie, der noch bis zum 30. Sep­tem­ber an der Uni­ver­si­tät Bam­berg statt­fin­det. „Die Wirt­schaft benö­tigt Arbeits­kräf­te. Und zwar sowohl in eher ein­fa­chen Beru­fen wie in der Trans­port­lo­gi­stik, in Ver­kaufs- und Pfle­ge­be­ru­fen wie auch in tech­ni­schen und infor­ma­ti­ons­tech­ni­schen Beru­fen. Zudem sind die Men­schen, die gekom­men sind und noch kom­men, jung, die Hälf­te ist unter 25 Jah­ren und sie haben eine sehr hohe Erwerbsorientierung.“

Aller­dings pas­sen die vor­han­de­nen beruf­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen sehr häu­fig nicht mit den Anfor­de­run­gen auf dem deut­schen Arbeits­markt zusam­men. „Die Zuwan­de­rer lie­gen im Kom­pe­tenz­ni­veau etwa zwei Jah­re hin­ter den alters­glei­chen Ein­hei­mi­schen zurück. Hin­zu kommt die Zeit der Flucht und vor allem auch die viel zu lan­ge Zeit in Flücht­lings­hei­men ohne Zugang zu Bil­dungs­an­ge­bo­ten. Die ver­lo­re­nen drei bis fünf Jah­re sind nach­zu­ho­len. Dies bedarf gro­ßer Anstren­gun­gen auf Sei­ten der Wirt­schaft, der Gesell­schaft und der Zuwan­de­rer, um die so wich­ti­ge Qua­li­fi­zie­rung sicher­zu­stel­len“, erklärt Struck.

Der Arbeits­markt­ex­per­te warnt: „Wenn die Regie­rung die fal­schen Anrei­ze setzt oder an Mit­teln für Qua­li­fi­zie­rung und Aus­bil­dungs­för­de­rung spart, dann wer­den Unter­neh­men Zuge­wan­der­te zu schnell für ein­fa­che Arbei­ten ein­set­zen und vie­le Zuge­wan­der­te wer­den die­sen Anrei­zen zum ver­meint­lich schnel­len Geld fol­gen. Dies hät­te eine neue Unter­schich­tung des Arbeits­mark­tes zur Fol­ge. Wir wür­den eine Chan­ce ver­pas­sen und zugleich sozia­le Kon­flik­te beson­ders im unte­ren Vier­tel der Gesell­schaft entfachen.“

Wäh­rend des 38. Kon­gres­ses der Deut­schen Gesell­schaft für Sozio­lo­gie dis­ku­tie­ren 2200 Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler fünf Tage lang in mehr als 200 Ver­an­stal­tun­gen. Eröff­net wur­de die wis­sen­schaft­li­che Groß­ver­an­stal­tung am Mon­tag, den 26. Sep­tem­ber, mit einem Gast­vor­trag von Andre­as Voß­kuh­le, Prä­si­dent des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes. „Geschlos­se­ne Gesell­schaf­ten“ lau­tet das The­ma des Bam­ber­ger Kon­gres­ses. Er nimmt aktu­el­le poli­ti­sche, wirt­schaft­li­che und sozia­le Pro­zes­se auf und dis­ku­tiert die Ambi­va­len­zen von Offen­heit und Geschlos­sen­heit. Geschlos­se­ne Gesell­schaf­ten wie bei­spiels­wei­se Orga­ni­sa­tio­nen oder Natio­nal­staa­ten sind eben­so wenig über­le­bens­fä­hig wie offe­ne. Es kommt auf die Regu­lie­rung und das rich­ti­ge Maß zwi­schen Geschlos­sen­heit und Offen­heit an, so das vor­läu­fi­ge Fazit des Kongresses.