Aus­stel­lung „Der letz­te Weg“ im Diö­ze­san­musum Bam­berg: Hin­ter­grund und Begleitprogramm

Der letz­te Weg – Aus­stel­lung im Diö­ze­san­mu­se­um über Tod und Bestat­tung in Mit­tel­al­ter und Neuzeit

Grä­ber und Bestat­tun­gen gehö­ren zu den wich­tig­sten Quel­len der Archäo­lo­gie. Die­se The­ma­tik ist Gegen­stand der vier­ten Aus­stel­lung des Lehr­stuhls für Archäo­lo­gie des Mit­tel­al­ters und der Neu­zeit, der die­ses Jahr sein 35-jäh­ri­ges Bestehen fei­ert. Die Aus­stel­lung ent­stand in Zusam­men­ar­beit des Lehr­stuhls für Archäo­lo­gie des Mit­tel­al­ters und der Neu­zeit der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät mit dem Diö­ze­san­mu­se­um Bamberg.

Tod und Bestat­tung – kein ein­fa­ches, unbe­schwer­tes The­ma, aber hoch­in­ter­es­sant, glei­cher­ma­ßen angst­ein­flö­ßend und wider­stre­bend wie ele­men­tar und sub­stan­ti­ell. Abge­se­hen davon, dass es alle Men­schen wirk­lich betrifft, ist es stets Gegen­stand kul­tur­wis­sen­schaft­li­cher For­schung, vor­nehm­lich der Euro­päi­schen Eth­no­lo­gie, da Ster­be­ri­ten und Bestat­tungs­bräu­che ein bedeu­ten­der Aus­druck jeder Kul­tur sind.

Aber auch für die Archäo­lo­gie als Wis­sen­schaft zäh­len Grä­ber und Bestat­tun­gen, neben den Sied­lungs- und Hort­fun­den, zu den wich­tig­sten Quel­len. Anders als die Sied­lung, die meist aus meh­re­ren Schich­ten und Pha­sen besteht, ist das Grab zu einem bestimm­ten Zeit­punkt ent­stan­den, was ihm die Bezeich­nung „geschlos­se­ner“ Fund ein­bringt. Grab­bau und Grab­bei­ga­ben ver­ra­ten eine Men­ge zur ver­gan­ge­nen Kul­tur, zur sozia­len Schich­tung, über die Reli­gi­on und die Jen­seits­vor­stel­lun­gen der Bestatteten.
Die Aus­stel­lung ist in zwei „Abtei­lun­gen“ geglie­dert: Die erste befasst sich mit dem Krank­sein und Dahin­sie­chen, mit dem Ster­ben in spi­ri­tu­el­ler und phy­si­scher Hin­sicht, mit der Auf­bah­rung und dem Begra­ben-Wer­den. Eine sze­ni­sche Dar­stel­lung visua­li­siert dabei eine (geschön­te) Situa­ti­on im Sarg, wei­te­re Expo­na­te sind Ver­seh­gar­ni­tu­ren, Sär­ge, Urnen und Foto­gra­fien auf­ge­bahr­ter Personen.

Die zwei­te Abtei­lung stellt die Bestat­tungs­bräu­che im Lau­fe des Mit­tel­al­ters und der Neu­zeit dar. Im Früh­mit­tel­al­ter hat­te sich zwar das Chri­sten­tum schon durch­ge­setzt, den­noch ließ man vor­erst nicht davon ab, die Ver­stor­be­nen nach alter Sit­te fürs Jen­seits aus­zu­stat­ten und mit Nah­rung und Geträn­ken zu ver­se­hen. Ab dem 8./9. Jahr­hun­dert hat­te sich die Bei­ga­ben­lo­sig­keit dann völ­lig durch­ge­setzt, bzw. die Ein­sicht eta­bliert, dass nicht der irdi­sche Stand, son­dern gute Taten und Red­lich­keit aus­schlag­ge­bend für den Rang im Jen­seits sind. In der frü­hen Neu­zeit kommt wie­der eine Bei­ga­ben­sit­te auf. In katho­li­schen Grä­bern fin­den sich nun ver­mehrt Rosen­krän­ze und reli­gi­ös kon­no­tier­te Objek­te, in pro­te­stan­ti­schen per­sön­li­che und teils tabui­sier­te Gegen­stän­de, die für die Hin­ter­blie­be­nen kei­nen Wert mehr hat­ten, wie etwa der Ess­löf­fel des Ver­stor­be­nen, des­sen Mediz­in­fläsch­chen oder auch die Wasch­schüs­sel, mit der die Toten­wa­schung voll­zo­gen wor­den war. Haupt­ex­po­na­te die­ser zwei­ten Abtei­lung sind die ori­gi­na­le Bestat­tung eines schwer­be­waff­ne­ten Man­nes aus der Zeit um 600 n. Chr., ein Gold­blatt­kreuz aus der glei­chen Zeit von dem­sel­ben Grä­ber­feld, zahl­rei­che Grab­bei­ga­ben aus Bestat­tun­gen des neu­zeit­li­chen Fried­hofs Breunsdorf/​Sachsen, der wegen des Braun­koh­le­ta­ge­baus voll­stän­dig aus­ge­gra­ben wur­de, sowie eine gro­ße Samm­lung außer­ge­wöhn­li­cher Sterbebilder.

Das Haupt­ex­po­nat, das auch der Aus­lö­ser für die The­men­wahl und die Aus­stel­lung dar­stell­te, ist die Nach­stel­lung einer Gra­bungs­si­tua­ti­on des Dom­kran­zes am Ost­chor des Bam­ber­ger Domes. Dort hat­ten Archäo­lo­gen des Lehr­stuhls für Archäo­lo­gie des Mit­tel­al­ters und der Neu­zeit im Herbst 2013 über­ra­schend einen Fried­hof fest­ge­stellt, der genau an die Ost­ap­sis des Doms anschloss. Nur 30 Zen­ti­me­ter unter den Boden­plat­ten waren sie auf einen Bestat­tungs­ho­ri­zont mit fünf bis sechs Bele­gungs­pha­sen gesto­ßen. In der Aus­stel­lung ist der ori­gi­na­le Befund auf einer Flä­che von 2,5 mal 1,7 Metern nachgestaltet.

Die facet­ten­rei­che Aus­stel­lung umfasst zahl­rei­che Expo­na­te vom 6. bis 21. Jahr­hun­dert, von archäo­lo­gi­schen Fun­den des Früh- und Hoch­mit­tel­al­ters über volks­re­li­giö­se Objek­te, Gra­phi­ken und Gemäl­de der Barock­zeit bis hin zu Expo­na­ten, die die Trau­er­kul­tur am kai­ser­li­chen Hof der Habs­bur­ger in Wien im 18. Jahr­hun­dert vor Augen füh­ren, etwa einer von Kai­se­rin Maria The­re­sia ange­fer­tig­ten Trau­er­ka­sel. Der Bogen zur Gegen­wart wird über die Ver­eh­rung des Bru­ders Kon­rad von Par­zham und den aus dem Erz­bis­tum Bam­berg stam­men­den, 1976 in Bra­si­li­en ermor­de­ten Sale­sia­ner­pa­ter Rudolf Lun­ken­bein bis hin zum Gemäl­de „Grä­ber“ von Mar­kus Lüpertz geschlagen.

Die Leih­ga­ben wur­den zur Ver­fü­gung gestellt von der anthro­po­lo­gi­schen Staats­samm­lung in Mün­chen, den Muse­en der Stadt Regens­burg, dem Lan­des­amt für Archäo­lo­gie Sach­sen und dem Bene­dik­ti­ner­stift St. Paul im Lavanttal/​Österreich, außer­dem von den Muse­en der Stadt Bam­berg, dem Histo­ri­schen Ver­ein Bam­berg, der Uni­ver­si­tät Bam­berg, dem Stadt­ar­chiv Bam­berg, dem Archiv des Erz­bis­tums Bam­berg, der Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels Bam­berg, Kir­chen­ge­mein­den aus dem Erz­bis­tum Bam­berg sowie aus Bam­ber­ger Privatbesitz.

An den gesam­ten Vor­be­rei­tun­gen waren etwa 20 Stu­die­ren­de des Faches betei­ligt. Im Vor­feld bear­bei­te­te ein Pro­se­mi­nar die Unter­the­men in Form von Refe­ra­ten und Haus­ar­bei­ten. Die Haus­ar­bei­ten wur­den zu Bei­trä­gen eines Begleit­hef­tes aus­for­mu­liert, die­se Publi­ka­ti­on noch von Kurz­bei­trä­gen von Lehr­stuhl­mit­ar­bei­tern und Mit­ar­bei­tern des Diö­ze­san­mu­se­ums und des Erz­bi­schöf­li­chen Archivs ergänzt. Ein zusätz­li­ches „For­schungs­prak­ti­kum“ über­nahm die prak­ti­sche Aus­ge­stal­tung der Aus­stel­lung, von der Pla­kat­ge­stal­tung bis zur Vitri­nen­ein­rich­tung – jeweils in enger Abspra­che und Zusam­men­ar­beit mit den Mit­ar­bei­tern des Diözesanmuseums.

Zur Aus­stel­lung gibt es neben der Begleit­pu­bli­ka­ti­on auch ein Begleit­pro­gramm mit wis­sen­schaft­li­chen Vor­trä­gen und kul­tu­rel­len Bei­trä­gen. Neben den Abend­vor­trä­gen zu ver­schie­de­nen The­men des archäo­lo­gi­schen und euro-eth­no­lo­gi­schen Berei­ches (Dr. Eike Hen­ning Michl, Prof. Dr. Gün­ter Dip­pold, Dr. Mari­na Schein­ost und Dr. Nelo Loh­was­ser) ver­an­stal­tet der Lehr­stuhl eine inter­na­tio­na­le Fach­ta­gung zur Archäo­lo­gie neu­zeit­li­cher Bestat­tungs­kul­tur vom 28. bis 30. Okto­ber 2016. In ver­schie­de­nen abend­li­chen sze­ni­schen Lesun­gen, die teil­wei­se von Stu­die­ren­den initi­iert sind, wird der Acker­mann sei­ne Sen­se schleifen.
Die Aus­stel­lung „Der letz­te Weg – Tod und Bestat­tung in Mit­tel­al­ter und Neu­zeit“ ist vom 19. August bis 13. Novem­ber 2016 im Diö­ze­san­mu­se­um Bam­berg (Dom­platz 5) zu sehen. Sie fin­det in Koope­ra­ti­on mit dem Lehr­stuhl für Archäo­lo­gie des Mit­tel­al­ters und der Neu­zeit der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg statt.

Kul­tu­rel­les Begleit­pro­gramm (Ver­an­stal­tungs­ort Diö­ze­san­mu­se­um, Dom­platz 5)

  • 7.10.2016, 19.00 Uhr: „Der Tod, das ist die küh­le Nacht“, Lesung zur Poe­sie des Todes
  • 19.10.2016, 19.00 Uhr: „Ihr Tod, euch sei geflucht“, Lesung aus dem böh­mi­schen Acker­mann, Johan­nes von Tepl (Ein­tritt 5 Euro)
  • 6.11. 2016, 15.00 Uhr: Füh­rung durch die Aus­stel­lung, danach „Toten­tanz“, sze­ni­sche Auf­füh­rung (Ein­tritt 8 Euro)

Öffent­li­che Abend­vor­trä­ge (An der Uni­ver­si­tät 2, Raum 00.25, 18.00 Uhr)

  • 30.8.2016: Grab­raub im Früh­mit­tel­al­ter, Frau Dr. Cor­ne­lia Lohwasser
  • 13.9.2016: „Die schö­ne Leich“ – Wan­del der Bestat­tungs­sit­ten vom 17. bis 20. Jahr­hun­dert, Dr. Mar­ti­na Scheinost)