Leser­brief: „Unfall­ur­sa­che bekannt“

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Sicher hat­te die Rad­fah­re­rin einen Schutz­en­gel (Frän­ki­scher Tag vom 30. Mai; http://​www​.bam​ber​ger​-online​zei​tung​.de/​2​0​1​6​/​0​5​/​2​8​/​f​a​h​r​r​a​d​f​a​h​r​e​r​i​n​-​v​o​n​-​l​k​w​-​a​n​g​e​f​a​h​r​en/). War­um aber muß­te die­ser über­haupt eingreifen?Die Miß­ach­tung der Vor­fahrt gera­de­aus fah­ren­der Rad­ler durch abbie­gen­de Kraft­fah­rer ist eine der häu­fig­sten Ursa­chen für Fahr­rad­un­fäl­le. Das Risi­ko steigt deut­lich, befin­det sich der Peda­list auf eige­ner Fahr­spur – außer­halb des bewuß­ten Wahr­neh­mungs­be­reichs, nicht sel­ten gar im toten Win­kel. Die größ­te Gefahr bil­den bau­li­che Radwege.

Wer kommt über­haupt auf die Idee, Gera­de­aus­ver­kehr auf der rech­ten Sei­te nach rechts abbie­gen­der Fahr­zeu­ge zu füh­ren? Aus­schließ­lich Radverkehrsplaner!

Aus gutem Grund sind benut­zungs­pflich­ti­ge Rad­we­ge nur in begrün­de­ten Aus­nah­me­fäl­len zuläs­sig. Sie müs­sen eine nach­ge­wie­se­ne (!), durch die Ört­lich­keit beding­te (!) außer­ge­wöhn­lich hohe (!) Gefah­ren­la­ge ent­schär­fen (StVO). Zwin­gend vor­ge­schrie­ben ist die Beach­tung vor­ge­ge­be­ner Qua­li­täts­kri­te­ri­en (Ver­wal­tungs­vor­schrift zur StVO, tech­ni­sche Regel­wer­ke). Wie­der­holt hat die Recht­spre­chung, auch in den Beru­fungs­in­stan­zen, bekräf­tigt: Den Ver­kehrs­be­hör­den ist nach dem Wil­len des Ver­ord­nungs­ge­bers (!) expli­zit ver­wehrt, die Kri­te­ri­en unter Beru­fung auf das Feh­len bau­li­cher Alter­na­ti­ven zu mißachten.

Die Rad­we­ge auf der Pfi­ster­brücke spre­chen all die­sen Anfor­de­run­gen Hohn:

  • Die Fahr­bahn ver­läuft über­sicht­lich, eine beson­de­re Gefah­ren­la­ge ist nicht erkenn­bar. Das Vor­han­den­sein lang­sa­me­rer Ver­kehrs­teil­neh­mer recht­fer­tigt, so der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof, kei­ne Ver­kehrs­be­schrän­kung wie das mit der Rad­weg­be­nut­zungs­pflicht ver­bun­de­ne Fahrbahnverbot.
  • Auch die Ord­nung des Ver­kehrs ist durch die Rad­ler nicht gefähr­det. Zu nen­nens­wer­ten Rück­stau­un­gen kommt es nur, ste­hen die Autos sich gegen­sei­tig im Weg.
  • Die ver­blei­ben­den Geh­we­ge sind weit von ihren erfor­der­li­chen Quer­schnit­ten (unbe­hin­der­ter Fuß­gän­ger­ver­kehr auch mit Roll­stuhl oder Kin­der­wa­gen im Begeg­nungs­fall) entfernt.
  • Die Rad­we­ge selbst sind der­ma­ßen schmal, daß Über­ho­len unmög­lich ist, stets die Gefahr besteht, den Geh­weg zu ver­let­zen (OLG Cel­le: Nicht ein­mal der Len­ker darf in des­sen Luft­raum ragen!) oder über die recht hohe Bord­stein­kan­te auf die Fahr­bahn abzurutschen.
  • Die Kfz-Fahr­strei­fen sind so knapp bemes­sen, daß die Kraft­fah­rer ohne den erfor­der­li­chen Sei­ten­ab­stand an den Rad­fah­rern vor­bei­fah­ren. Da sie dies von Rechts wegen nicht dür­fen, stell­te das Rad­fah­ren auf der Fahr­bahn kei­ne zusätz­li­che Behin­de­rung dar. Die Rad­we­ge ver­lei­ten die Auto­fah­rer ledig­lich zu rechts­wid­ri­gem Verhalten.
  • Mit mehr­spu­ri­gen Fahr­rä­dern oder Hän­ger­ge­span­nen darf die Rad­weg­be­nut­zungs­pflicht in der­ar­ti­gen Fäl­len ohne­hin igno­riert wer­den. Doch die wenig­sten Auto­fah­rer wis­sen das. So kommt es immer wie­der zu teils gefähr­dend aggres­si­ven Nötigungen.

Die­ses Mal hat­te die Rad­le­rin Glück. Anfang des ver­gan­ge­nen Jah­res hat eine ande­re bei einer ähn­li­chen Situa­ti­on ihr Leben ein­ge­büßt. Zwi­schen­zeit­lich muß­te sogar die in Fra­gen des Rad­ver­kehrs arg rück­stän­dig ein­ge­stell­te Bam­ber­ger Poli­zei vor dem Fahr­rad­fo­rum ein­ge­ste­hen, daß Rad­we­ge mit­nich­ten der Sicher­heit för­der­lich sind. Den­noch sind die Ver­ant­wort­li­chen nicht bereit, der Ver­kehrs­si­cher­heit die ihr gebüh­ren­de Prio­ri­tät einzuräumen.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig