Uni­ver­si­tät Bam­berg: „Du bist, was Du isst!“

Symbolbild Bildung

Zusam­men­schau ver­schie­de­ner Stu­di­en bestä­tigt Zusam­men­hang zwi­schen Über­ge­wicht und Persönlichkeit

Es gibt einen Zusam­men­hang zwi­schen ver­schie­de­nen Per­sön­lich­keits­ei­gen­schaf­ten und Über­ge­wicht. Die­se Erkennt­nis lie­fert eine umfas­sen­de Über­sicht über publi­zier­te Stu­di­en, die von den Uni­ver­si­tä­ten Bam­berg und Bochum durch­ge­führt wur­de. Die Schluss­fol­ge­run­gen gehen aus einer Zusam­men­stel­lung von mehr als 70 fra­ge­bo­gen­ba­sier­ten Stu­di­en aus der Zeit­span­ne von 1993 bis 2013 her­vor. „Die Ergeb­nis­se zei­gen, dass bestimm­te indi­vi­du­el­le Merk­ma­le das Risi­ko von star­kem Über­ge­wicht, auch als Adi­po­si­tas oder Fett­lei­big­keit bekannt, erhö­hen kön­nen. Eben­so ver­hält es sich mit Ess­an­fäl­len, dem soge­nann­ten Bin­ge-Eating“, erklärt Prof. Dr. Sabi­ne Löber, Pro­fes­so­rin für Kli­ni­sche Psy­cho­lo­gie und Psy­cho­the­ra­pie an der Uni­ver­si­tät Bamberg.

Jeder der 70 unter­such­ten Fall­stu­di­en liegt das Fünf-Fak­to­ren-Modell der Per­sön­lich­keits­psy­cho­lo­gie, auch „Big Five“ genannt, zu Grun­de. Es kate­go­ri­siert die Per­sön­lich­keits­ei­gen­schaf­ten eines Men­schen in fünf ver­schie­den Dimen­sio­nen. Die erste Kate­go­rie ist der Neu­ro­ti­zis­mus, gekenn­zeich­net durch Ängst­lich­keit, Impul­si­vi­tät und Ver­letz­lich­keit. Die zwei­te ist Extra­ver­si­on, die mit Gesel­lig­keit, Selbst­si­cher­heit und Aben­teu­er­lust ein­her­geht. Die drit­te Dimen­si­on umfasst Gewis­sen­haf­tig­keit und ist cha­rak­te­ri­siert durch Kom­pe­tenz, Pflicht­be­wusst­sein und Ehr­geiz. Ver­träg­lich­keit wird an vier­ter Stel­le ange­führt und ent­hält die Merk­ma­le Ver­trau­en, Gerad­li­nig­keit und Emp­find­sam­keit. Die letz­te der „Big Five“ ist Offen­heit, beschrie­ben durch Fan­ta­sie, ästhe­ti­sches Emp­fin­den und Ideenreichtum.

Was sich ergibt, wenn man die­ses Fünf-Fak­to­ren-Modell auf Ess­stö­run­gen bezieht, erklärt Sabi­ne Löber: „Die vor­lie­gen­den Stu­di­en spre­chen dafür, dass über­ge­wich­ti­ge Men­schen gehäuft neu­ro­ti­sche und impul­si­ve Per­sön­lich­keits­zü­ge zei­gen. Ins­be­son­de­re bei Frau­en ist Neu­ro­ti­zis­mus ein Risi­ko­fak­tor für Über­ge­wicht.“ Zudem sei­en über­ge­wich­ti­ge oder adi­pö­se Men­schen mit und ohne Bin­ge-Eating-Stö­rung extra­ver­tier­ter und beloh­nungs­sen­si­ti­ver, also emp­fäng­li­cher für Beloh­nun­gen. Beloh­nungs­sen­si­ti­vi­tät und Impul­si­vi­tät sei­en bei Män­nern mit Bin­ge-Eating-Stö­rung beson­ders aus­ge­prägt. Gewis­sen­haf­tig­keit und Selbst­kon­trol­le erwei­sen sich hin­ge­gen für bei­de Geschlech­ter als Schutz­fak­tor vor Über­ge­wicht. Kei­nen Zusam­men­hang mit Über­ge­wicht scheint es hin­ge­gen bei Ver­träg­lich­keit und Offen­heit zu geben.

Die­se Erkennt­nis­se lie­fern wich­ti­ge Impul­se für die the­ra­peu­ti­sche Pra­xis. „Durch den fest­ge­stell­ten Zusam­men­hang zwi­schen Per­sön­lich­keits­merk­ma­len und Über­ge­wicht las­sen sich indi­vi­du­el­le Stra­te­gien für The­ra­pien erar­bei­ten“, erklärt die For­sche­rin. Eine der Metho­den, die auf der Basis der Ergeb­nis­se effek­tiv sein könn­te, sind com­pu­ter­ge­stütz­te Trai­nings, in denen die Pati­en­ten ler­nen, ihre Reak­tio­nen auf Bil­der von hoch­ka­lo­ri­schen Nah­rungs­mit­teln zu hem­men oder die­se zu ver­mei­den. „Im Sucht­be­reich wer­den ähn­li­che Trai­nings bereits mit gutem Erfolg ein­ge­setzt“, erklärt Löber. Sol­che com­pu­ter­ge­stütz­ten Trai­nings könn­ten Pati­en­ten mit impul­si­ven Zügen hel­fen, ihren Heiß­hun­ger bes­ser zu kon­trol­lie­ren und so die Eigen­schaft der Selbst­kon­trol­le zu erhö­hen, die sich als so wich­ti­ger Schutz­fak­tor vor Über­ge­wicht erwie­sen hatte.