Stel­lung­nah­me des Ver­eins „Freund statt fremd e.V.“ (Bam­berg) zum Kabi­netts­ent­wurf für ein Baye­ri­sches Integrationsgesetz

Inte­gra­ti­on gelingt mit Unter­stüt­zung und Respekt, nicht durch Dro­hun­gen, Zwang und pau­scha­le Verdächtigung

Der Ver­ein „Freund statt fremd“ kri­ti­siert den Ent­wurf der baye­ri­schen Staats­re­gie­rung für ein baye­ri­sches Inte­gra­ti­ons­ge­setz. Der Ent­wurf soll unter dem Mot­to „For­dern und För­dern“ ste­hen, beein­hal­tet aber statt Ange­bo­ten und Unter­stüt­zungs­maß­nah­men zur Inte­gra­ti­on viel­mehr „Unter­stel­lun­gen und Aus­gren­zun­gen“, die einer Will­kom­mens­kul­tur gera­de nicht för­der­lich sind. Vor­ge­ge­be­ne Zie­le (wie etwa Sprach­er­werb für Erwach­se­ne, Sprach­för­de­rung von Kin­dern vor der Ein­schu­lung, kei­ne Wohn­ghet­to­bil­dung, Aner­ken­nung der Wer­te des Grund­ge­set­zes) sind zwar prin­zi­pi­ell zu befür­wor­ten, sol­len aber offen­bar vor allem über Sank­tio­nen und Dro­hun­gen erreicht wer­den, was nicht ziel­füh­rend ist.

Das Gesetz ins­ge­samt ist ein Signal des Miss­trau­ens und der Vor­be­hal­te gegen­über Men­schen mit Migra­ti­ons- oder Flucht­hin­ter­grund. Es bedient eher Vor­ur­tei­le und Frem­den­feind­lich­keit in der „deut­schen“ Bevöl­ke­rung, als dass es Wege und Per­spek­ti­ven zur Inte­gra­ti­on eröffnet.

Der Ent­wurf für ein Baye­ri­sches Inte­gra­ti­ons­ge­setz beinhaltet

Zwang statt Motivation

Zum Bei­spiel, wenn Kin­der im Alter von 5 Jah­ren vor der Ein­schu­lung auf ihr Sprach­ni­veau über­prüft und bei Bedarf einem Sprach­kurs zuge­wie­sen wer­den sol­len. Dass dies weni­ger als wohl­wol­len­des Ange­bot son­dern mehr als Dro­hung zu ver­ste­hen ist, legt die Ver­hän­gung eines Buß­gel­des nahe, das die Eltern bei Nicht­be­such zah­len müssen.

Gene­ral­ver­däch­ti­gun­gen statt Anerkennung

Zum Bei­spiel, wenn Flücht­lin­gen, deren Iden­ti­ät nicht klar ist, Lan­des­lei­stun­gen des Frei­staats ver­wei­gert wer­den sol­len,. Denn dies miss­ach­tet die Rea­li­tät der Flucht, bei der sich die Flüch­ten­den, nur um ihr blan­kes Leben zu ret­ten, nicht sel­ten zu Maß­nah­men gezwun­gen sehen, die außer­halb unse­rer gere­gel­ten pass­recht­li­chen Ver­hält­nis­se lie­gen. Und es unter­stellt gene­rell Geflüch­te­ten, sich über Iden­ti­tät­smo­ge­lei­en Lei­stun­gen bzw. Dop­pel­lei­stun­gen erschlei­chen zu wollen.

Her­ab­wür­di­gung statt Respekt

Zum Bei­spiel, wenn per Gesetz nahe gelegt wird, dass Schwimm­bä­der Men­schen aus­län­di­scher Her­kunft von der Benut­zung ihrer Ein­rich­tung aus­schlie­ßen kön­nen bzw. die­se an eine Beleh­rung knüp­fen. Das beschwört ras­si­stisch begrün­de­te Vor­ur­tei­le und Aus­gren­zun­gen gera­de­zu her­auf und unter­stellt, dass etwa die Belä­sti­gung von Frau­en vor­wie­gend von Män­nern aus­län­di­scher Her­kunft und zwar auf­grund ihrer aus­län­di­schen Her­kunft ausgeht.

Gesin­nungs­stra­fen statt Überzeugungsarbeit

Zum Bei­spiel, wenn Migrant*innen ein „Grund­kurs über die Wer­te der frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung“ auf­er­legt wer­den kann, sofern sie die­se miss­ach­tet haben, oder wenn bei „Unter­lau­fen der ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ord­nung“ eine Geld­bu­ße bis 50.000 Euro droht. Abge­se­hen davon, dass alle ein­schlä­gi­gen Taten selbst­ver­ständ­lich bereits jetzt aus­rei­chend straf­recht­lich ver­folgt wer­den kön­nen, soll hier­mit wohl ein par­al­le­les Gesin­nungs­straf­recht geschaf­fen wer­den, das spe­zi­ell die Per­so­nen­grup­pe der Migrant*innen und Geflüch­te­ten einer Geg­ner­schaft zu unse­rer frei­heit­li­chen Demo­kra­tie ver­däch­tigt. Per­so­nen­grup­pen ein­hei­mi­scher Her­kunft kann die­ser Ver­dacht per Gesetz hin­ge­gen gar nicht treffen.

Im Gegen­satz zu der im Gesetz­ent­wurf durch­gän­gig ent­hal­te­nen Unter­stel­lung von man­geln­dem Inte­gra­ti­ons­wil­len haben wir vom Ver­ein „Freund statt fremd“ in ganz über­wie­gen­dem Maße ande­re Erfah­run­gen gemacht: Geflüch­te­te sind dank­bar für Unter­stüt­zung, offen und wiss­be­gie­rig auf unse­re Gesell­schaft und hoch moti­viert in dem Bemü­hen, sich selbst aktiv ein neu­es Leben aufzubauen.

Wenn wir das Schei­tern von Inte­gra­ti­on erle­ben, stel­len wir in der Regel fest, dass es nicht am Des­in­ter­es­se der Migrant*innen liegt, son­dern an zu gerin­ger oder völ­lig feh­len­der Unter­stüt­zung durch den Staat. Ange­fan­gen bei einer nicht aus­rei­chend staat­lich bezu­schuss­ten pro­fes­sio­nell­len Asyl­so­zi­al­ar­beit, über Per­so­nal­man­gel bei der Ein­glie­de­rung der Kin­der und Jugend­li­chen in den Schul­be­trieb, bis hin zu büro­kra­ti­schen Hemm­nis­sen beim Arbeits­markt­zu­gang der Geflüch­te­ten oder man­geln­dem sozia­len Woh­nungs­bau. Hier gäbe es beim „För­dern“ auch in Bay­ern noch viel zu tun!