Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 45. Die UN-Kli­ma­kon­fe­renz in Paris 2015 – Teil 1

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Am 12. Dezem­ber 2015 gin­gen in Paris die 21. UN-Kli­ma­kon­fe­renz und gleich­zei­tig das 11. Tref­fen zum Kyo­to-Pro­to­koll zu Ende. Um das Ergeb­nis vor­weg zu neh­men: Erst­ma­lig herrscht unter 195 Staa­ten Kon­sens dar­über, dass ein Teil der aktu­el­len Kli­ma­er­wär­mung auf Ein­flüs­se des Men­schen und sei­ne Nut­zung der fos­si­len Ener­gie­trä­ger zurück zu füh­ren ist. Nach vie­len geschei­ter­ten Ver­su­chen wur­de erst­ma­lig ein völ­ker­recht­lich ver­bind­li­ches Kli­ma­schutz­ab­kom­men auf die Bei­ne gestellt, wel­ches die­sen Namen auch ver­dient. Die­ses Ergeb­nis wird in den Medi­en enthu­sia­stisch als „ein­ma­li­ges histo­ri­sches Ereig­nis“ gefeiert.

Was steckt nun hin­ter die­sem „ein­ma­li­gen histo­ri­schen Ereig­nis“? Zunächst muss man die Lei­stung der Ver­hand­lungs­füh­rung aner­ken­nen alle 195 teil­neh­men­den Län­der, trotz unter­schied­li­cher Detail­in­ter­es­sen, in weni­gen Tagen auf einen umfang­rei­chen gemein­sa­men Ver­trags­text (32 Sei­ten) zusam­men zu füh­ren, die­sen ein­stim­mig zu ver­ab­schie­den und zu unter­schrei­ben. Erst­ma­lig wur­de auch im Rah­men der 21 UN-Kli­ma­kon­fe­ren­zen von allen Betei­lig­ten aner­kannt, dass ein mög­lichst schnel­ler Aus­stieg aus der Nut­zung der fos­si­len Ener­gie­trä­ger und ein Umstieg auf rege­ne­ra­ti­ve Ener­gie­quel­len not­wen­dig sind. Somit wur­de erst­ma­lig einer wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis und der Ver­nunft höhe­re Prio­ri­tät als Wirt­schafts- und Lob­by­in­ter­es­sen ein­ge­räumt. Die­se „erst­ma­li­gen histo­ri­schen Ereig­nis­se“ kön­nen nicht hoch genug gewür­digt wer­den. Die­se blei­ben aber hof­fent­lich nicht „ein­ma­lig“, da sind noch genug glo­ba­le Pro­ble­me, die nur mit die­ser Gemein­sam­keit gelöst wer­den können.

Es gibt jetzt einen völ­ker­recht­lich ver­bind­li­chen Ver­trag, der erst­mals alle Län­der zum Kli­ma­schutz ver­pflich­tet, der aber noch von jedem ein­zel­nen Land rati­fi­ziert wer­den muss. D.h., in Kraft tritt die­ser Ver­trag in dem jewei­li­gen Land erst nach sei­ner Rati­fi­zie­rung. Für die­ses Pro­ze­de­re ist die Zeit bis 2020, dem Datum für das all­ge­mei­ne Inkraft­tre­ten des Ver­tra­ges, vorgesehen.

Was sind nun die wesent­li­chen Ver­ein­ba­run­gen die­ses Ver­tra­ges? Die wich­tig­sten 3 Zie­le ste­hen in Arti­kel 2 des Anhan­ges. Das 1. Ziel:

(a) Begren­zung des Anstiegs der glo­ba­len Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur auf deut­lich unter 2°C über dem vor­in­du­stri­el­len Niveau, wenn mög­lich auf 1,5°C über dem vor­in­du­stri­el­len Niveau. Dadurch sol­len die Risi­ken und Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels deut­lich redu­ziert werden;

Dies bedeu­tet:

1. Die bis­her all­ge­mein dis­ku­tier­ten 2ºC wer­den als Ober­gren­ze ange­se­hen. Die Ziel­grö­ße soll­te – wenn mög­lich – 1,5ºC sein. Dies wäre not­wen­dig für die Län­der, die beson­ders von den Fol­gen der Kli­ma­er­wär­mung und des Anstie­ges der Mee­res­spie­gel betrof­fen sind. Von den 195 Unter­zeich­ner­staa­ten haben sich zwar schon ca. 160 zu kon­kre­ten Maß­nah­men ver­pflich­tet, die aber noch nicht aus­rei­chen, um wenig­stens das 2ºC-Ziel zu erreichen.
2. Die­se Ziel­vor­ga­ben bezie­hen sich auf die „vor­in­du­stri­el­le glo­ba­le Tem­pe­ra­tur“, etwa Ende des 19. Jahr­hun­derts. Wir haben heu­te bereits eine Erwär­mung von ca. 0,8ºC erreicht, etwa die Hälf­te zum 1,5ºC-Ziel. Dabei haben wir die Pha­se des größ­ten Tem­pe­ra­tur­an­stie­ges noch vor uns. Denn die zusätz­lich erzeug­ten Treib­haus­ga­se der letz­ten 20 bis 30 Jah­ren, wer­den sich erst in 20 bis 50 Jah­ren auf Grund der Zeit­kon­stan­ten voll in der glo­ba­len Tem­pe­ra­tur aus­wir­ken. (s.a. Kapi­tel 17). Es bleibt also noch viel zu tun.

Das 2. Ziel aus Arti­kel 2 des Anhangs:

(b) Die Stär­kung der Fähig­keit, sich durch eine För­de­rung der Kli­ma­re­si­stenz und gerin­ge­ren Treib­haus­gas­emis­sio­nen an die nach­tei­li­gen Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels anzu­pas­sen. Die­ses soll in einer Wei­se gesche­hen, die nicht die Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on bedroht;

Die­ses Ziel zeigt zwei Wege auf, um die Kli­ma­ver­än­de­rung zu beherrschen:
1. die „gerin­ge­re Treib­haus­gas­emis­si­on“ um Kli­ma­ver­än­de­run­gen mög­lichst zu begren­zen, und
2. „eine För­de­rung der Klimaresistenz“.
Unter Kli­ma­re­si­stenz sind Anpas­sungs­maß­nah­men an ver­än­der­te kli­ma­ti­sche Bedin­gun­gen und deren Aus­wir­kung zu ver­ste­hen. Z.B. Dei­che als Schutz gegen stei­gen­den Mee­res­spie­gel, Anpas­sun­gen der Landwirtschaft/​Lebensmittelproduktion an die Ver­schie­bung der Kli­ma­zo­nen. Spe­zi­ell auf die­sem Gebiet wird es Gewin­ner und Ver­lie­rer des Kli­ma­wan­dels geben. Die opti­ma­len Anbau­be­din­gun­gen für bestimm­te land­wirt­schaft­li­che Pro­duk­te wer­den sich räum­lich ver­än­dern. All dies darf aber die Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on ins­ge­samt nicht beein­träch­ti­gen. Die not­wen­di­gen Gegen­maß­nah­men dür­fen nicht zu einem Werk­zeug für Lebens­mit­tel­spe­ku­la­tio­nen werden.

Das 3. Ziel aus Arti­kel 2 des Anhangs:

© Stär­kung der Finanz­strö­me, die zu einem Weg mit nied­ri­gen Treib­haus­gas­emis­sio­nen und kli­ma­re­si­sten­ter Ent­wick­lung führen.

Alle die­se Maß­nah­men kosten Geld. Staa­ten, deren Wirt­schafts­sy­stem von För­de­rung und Export der fos­si­len Ener­gie­trä­ger abhän­gig ist, wer­den grö­ße­re Umstel­lungs­pro­ble­me haben als Staa­ten, die die­se Ener­gie­quel­len für teu­res Geld impor­tie­ren müs­sen. Es wird Ände­run­gen in den glo­ba­len Wirt­schafts­sy­ste­men geben. Die „rei­chen“ indu­stria­li­sier­ten Län­der wer­den mit die­sen Pro­ble­men bes­ser zurecht­kom­men, als die „armen“ Ent­wick­lungs­län­der, die aber u.U. beson­ders von Kli­ma­zo­nen­ver­schie­bung und Mee­res­spie­gel­an­stieg betrof­fen, also die Leid­tra­gen­den sind. Je schnel­ler und je stär­ker der glo­ba­le Tem­pe­ra­tur­an­stieg gebremst wird (Ziel (a)), umso gerin­ger wird der Auf­wand für die Ver­bes­se­rung der Kli­ma­re­si­stenz (Ziel (b)). Die not­wen­di­gen Finanz­mit­tel sind so zu steu­ern, dass die durch den Kli­ma­wan­del ent­ste­hen­den Pro­ble­me für alle beherrsch­bar blei­ben (Ziel ©). In die­sem Zusam­men­hang muss auch gese­hen wer­den, dass den weni­ger finanz­star­ken Staa­ten lt. Ver­trag mit 100 Mil­li­ar­den Dol­lar jähr­lich ab 2020 bis zunächst 2025 gehol­fen wer­den soll.

Nun ist mit die­sem Ver­trag das Kli­ma noch nicht geret­tet. Die Arbeit fängt jetzt erst an, hat aber nun eine glo­bal aner­kann­te Grund­la­ge. Wel­che wei­te­ren Kon­se­quen­zen erge­ben sich aus die­sem Ver­trag und wie soll­te es wei­ter­ge­hen? Hier­zu mehr in der näch­sten Folge.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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