Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 44. Aktu­el­ler Stand und Pla­nung der Ener­gie­wen­de – Land­kreis Forchheim

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Goli­ath Pol­der­mo­len. Foto: Uberp­rut­ser, CC-BY-SA‑3.0‑nl

Nach dem Inter­mez­zo, dem Blick auf das Baye­ri­sche Ener­gie­pro­gram 2015, füh­ren wir die Dar­stel­lung von Stand und Pla­nung der Ener­gie­wen­de fort. Jetzt, im Sin­ne der dezen­tra­len Ener­gie­ver­sor­gung, auf der Land­kreis­ebe­ne am Bei­spiel des Land­krei­ses Forch­heim. Betrach­ten wir den Land­kreis mit einem ver­ein­fach­ten Sche­ma wie in Arti­kel 41 das Bun­des­land Bayern.

Es gibt kei­ne Eigen­erzeu­gung aus fos­si­len Ener­gie­trä­gern. Das Defi­zit zwi­schen Eigen­erzeu­gung aus erneu­er­ba­ren Quel­len und Bedarf muss von außen kommen.

Die Tabel­le und die Gra­phik ent­hal­ten für das Jahr 2013 die tat­säch­li­chen Wer­te. Die Wer­te für das Jahr 2015 sind hoch­ge­rech­ne­te Wer­te auf Basis der Daten bis August 2015. Danach wur­den von der Bun­des­netz­agen­tur kei­ne Daten mehr zur Ver­fü­gung gestellt, die es ermög­li­chen wür­den die­se Sta­ti­sti­ken wei­ter­zu­füh­ren. Die­ses Infor­ma­ti­ons­de­fi­zit erschwert natür­lich einen geziel­ten Aus­bau der Ener­gie­wen­de von unten. Trotz­dem wer­den hier die­se bei­den Jah­re ein­an­der gegen­über gestellt um die kurz­fri­sti­ge Ent­wick­lung im Land­kreis beur­tei­len zu können.

Basis­jahr / Prognosejahr20132015
Ver­brauch / Bedarf (Pro­gno­se) in GWh491520
Sum­me Erzeu­gung aus erneu­er­ba­ren Quel­len in GWh144151
Erzeu­gung aus erneu­er­ba­ren Quel­len in % des Bedarfes2929
Anteil der Stromerzeugung aus den vier wichtigsten erneuerbaren Energiequellen des Landkreises Forchheim.

Anteil der Strom­erzeu­gung aus den vier wich­tig­sten erneu­er­ba­ren Ener­gie­quel­len des Land­krei­ses Forchheim.

Die neben­ste­hen­de Gra­phik zeigt den Anteil der Strom­erzeu­gung aus den vier wich­tig­sten erneu­er­ba­ren Ener­gie­quel­len des Land­krei­ses Forch­heim. Die drei Haupt­en­er­gie­trä­ger sind die Pho­to­vol­ta­ik, das Bio­gas und die Was­ser­kraft. Dies ist typisch für einen Land­kreis, wo auch klei­ne Fließ­ge­wäs­ser Mög­lich­kei­ten für klei­ne Was­ser­kraft­wer­ke bie­ten, eine Chan­ce, die auch schon in der „vor­elek­tri­schen Zeit“ genutzt wur­de. Nega­tiv in die­sem Ener­gie­mix ist der gerin­ge Anteil der Wind­kraft. Wie wir spä­ter noch sehen wer­den, för­dert ein bestimm­tes Ver­hält­nis Wind­kraft zu Pho­to­vol­ta­ik einen gleich­mä­ßi­ge­ren Ener­gie­fluss und ver­min­dert dadurch den not­wen­di­gen Bedarf an Ener­gie­spei­chern. Trotz­dem ist der Land­kreis nach eige­nen Erhe­bun­gen mit 29% des Bedar­fes aus erneu­er­ba­ren Quel­len bes­ser als der baye­ri­sche und bun­des­deut­sche Durch­schnitt mit je 26%. Je nach ört­li­chen Ver­hält­nis­sen ist der Ener­gie­mix in den Kom­mu­nen, ins­be­son­de­re wenn vor Ort Was­ser­kraft oder Bio­gas genutzt wer­den, sehr unter­schied­lich. Dies trifft ins­be­son­de­re auf die bei­den Spit­zen­rei­ter im Land­kreis zu: Wie­sent­tal mit 72% und und Pinz­berg mit 66% Eigen­ver­sor­gung. Dage­gen kommt z.B. Neun­kir­chen im Jahr 2014 bei einem Ver­brauch von 26 GWh nur auf 3,4 GWh aus erneu­er­ba­ren Quel­len, ent­spre­chend 13%. Dies wird zu 2/3 aus PV-Anla­gen (vie­le Haus­dach­an­la­gen) und 1/3 aus Bio­gas­an­la­gen generiert.

Nach­dem infol­ge den Fest­le­gun­gen der Regio­nal­pla­nung Ober­fran­ken West auf Druck der Öffent­lich­keit sowie der baye­ri­schen 10H-Rege­lung ein wei­te­rer Aus­bau von gro­ßen Wind­kraft­an­la­gen im Land­kreis Forch­heim nicht mehr mög­lich ist, gibt es Ent­wick­lungs­po­ten­zi­al im Wesent­li­chen nur noch für PV-Anla­gen und klei­ne Was­ser­kraft­an­la­gen, evtl. kom­bi­niert mit Klein­wind­an­la­gen. Die Nut­zung der Was­ser­kraft bei klei­nen Fließ­ge­wäs­sern ist jedoch aus zwei Grün­den pro­ble­ma­tisch. Die klei­nen Fließ­ge­wäs­ser des frän­ki­schen Rau­mes sind sehr sen­si­ble Öko­sy­ste­me. Der zwei­te Grund liegt aber im Kli­ma­wan­del selbst. Die­ser wird auch unser regio­na­les Kli­ma beein­flus­sen. Vor allem die Uni­ver­si­tät Bay­reuth forscht auf die­sem Gebiet. Alle Modell­rech­nun­gen und Pro­gno­sen kom­men zu dem Ergeb­nis, dass vor allem Ober­fran­ken Was­ser­pro­ble­me bekom­men wird, ins­be­son­de­re wird auch die Grund­was­ser­hal­tung betrof­fen sein. Es gilt also gera­de bei Neu­bau oder Erwei­te­run­gen von Was­ser­kraft­an­la­gen, den Auf­wand, die öko­lo­gi­sche Beein­flus­sung und den mit­tel- bis lang­fri­sti­gen Nut­zen unter Ein­schluss der mög­li­chen Ver­än­de­run­gen durch den Kli­ma­wan­del, sorg­fäl­tig gegen­ein­an­der abzuwägen.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen hierzu:

Regio­na­le Aus­prä­gung des Kli­ma­wan­dels in Ober­fran­ken: Dr Tho­mas Foken & Dr. Johan­nes Lüers, Uni Bay­reuth. Die­se kann kosten­los her­un­ter gela­den werden.

Bil­der­samm­lung zu einem ent­spre­chen­den Vor­trag. Ins­be­son­de­re die letz­ten Bil­der, Zusam­men­fas­sung der Ergeb­nis­se, sind aufschlussreich.

Die Bro­schü­re „Baye­ri­sche Kli­ma-Anpas­sungs­stra­te­gie“ von der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung. Die­se kann eben­falls kosten­los her­un­ter gela­den werden.

Die Ent­wick­lung von PV-Anla­gen für Haus­dä­cher ein­schließ­lich klei­ner Ener­gie­spei­cher wird sowohl für klei­ne Unter­neh­men als auch für Pri­vat­häu­ser zuneh­mend inter­es­sant um den Eigen­be­darf weit­ge­hend zu decken, finan­ziert über ein­ge­spar­te Strom­ko­sten. Hier­zu mehr in einem spä­te­ren Artikel..

Das Strom­netz im Land­kreis war bis­lang ein typi­sches Ver­tei­ler­netz. Die elek­tri­sche Ener­gie wur­de im unte­ren Span­nungs­be­reich von außen zu eini­gen weni­gen Ein­spei­se­punk­ten zuge­führt, und von dort aus in der Flä­che ver­teilt. Die Ener­gie floss in einer Rich­tung, vom Ein­spei­se­punkt zum Ver­brau­cher. Eine dezen­tra­li­sier­te Ener­gie­ver­sor­gung beinhal­tet jedoch, dass die Ver­brau­cher auch zum Ener­gie­lie­fe­ran­ten wer­den kön­nen. Das Ver­tei­ler­netz muss jetzt auch für einen Zwei­rich­tungs­ver­kehr auf­ge­rü­stet wer­den. Hier­zu eine Stel­lung­nah­me der Stadt­wer­ke Forch­heim.

Fazit: Es gibt eine Ener­gie­wen­de von „Oben“ und eine von „Unten“.

Die Ener­gie­wen­de von „Oben“ wird zen­tral gesteu­ert durch das EEG und vor­an­ge­trie­ben durch die gro­ßen Ener­gie­ver­sor­ger und Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber sowie deren Investoren.

Die Ener­gie­wen­de von „Unten“ ist dezen­tral. Sie wird vom EEG gedul­det, aber nicht aktiv gesteu­ert (s.a. Arti­kel 36). Die­se obliegt Initia­ti­ven von Ein­zel­per­so­nen, Kom­mu­nen oder Genossenschaften.

Bevor wir uns jedoch mit Fra­gen der Ener­gie­wen­de von „Unten“ befas­sen, folgt noch mal ein Inter­mez­zo: Die Ergeb­nis­se der Pari­ser Kli­ma­kon­fe­renz im Dezem­ber 2015.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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