Leser­brief: „Elek­tro­mo­bi­li­tät?“

leserbrief-symbolbild

Sehr geehr­te Damen und Herren!

In der Stadt Bam­berg gibt es Bestre­bun­gen, Elek­tro­au­tos Pri­vi­le­gi­en ein­zu­räu­men. Der Land­kreis will das Netz der Lade­sta­tio­nen enger knüp­fen. Doch was ist dran am ver­öf­fent­lich­ten Hype?

Das Umwelt- und Pro­gno­se-Insti­tut (UPI) Hei­del­berg hat die Öko­bi­lanz der elek­trisch betrie­be­nen Kraft­wa­gen untersucht:

http://​www​.upi​-insti​tut​.de/​U​P​I​7​9​_​E​l​e​k​t​r​o​a​u​t​o​s​.​pdf

Das Ergeb­nis, für Ken­ner der Mate­rie kei­ne Über­ra­schung, soll­te den Prot­ago­ni­sten wie auch den bis­lang weit­ge­hend unkri­tisch zuju­beln­den Medi­en­ver­tre­tern zu den­ken geben:

Im Koh­len­di­oxid­aus­stoß, der wich­tig­sten kli­ma­re­le­van­ten Grö­ße, unter­schei­den sie sich kaum von kraft­stoff­ge­trie­be­nen Vehi­keln. Was im Betrieb viel­leicht noch ein­ge­spart wer­den kann, geht bei der auf­wen­di­ge­ren Pro­duk­ti­on der Fahr­zeu­ge ver­lo­ren. Da die angeb­lich ange­streb­te Ener­gie­wen­de – teils durch fal­sche Rah­men­be­din­gun­gen, teils durch bewuß­te poli­ti­sche Steue­rung – noch nicht zu einem nen­nens­wer­ten Rück­gang vor allem der Koh­le­ver­stro­mung geführt hat, kann die E‑Autolobby bis­lang nicht auf einen öko­lo­gi­schen Ener­gie­mix verweisen.

Zusätz­lich ist zu berück­sich­ti­gen, daß E‑Autos meist als Zweit­wa­gen ange­schafft wer­den, damit oft den Kfz-Bestand noch ver­grö­ßern. Die bei deut­lich höhe­ren Anschaf­fungs- spür­bar nied­ri­ge­ren Betriebs­ko­sten füh­ren über­dies zu einer Ver­la­ge­rung vor allem kur­zer und mitt­le­rer Fahr­strecken von Fahr­rad, Bahn und Bus zum Pkw. Der moto­ri­sier­te Indi­vi­du­al­ver­kehr und sein Flä­chen­be­darf neh­men zu.

Aber auch das Unfall­ri­si­ko steigt deut­lich – für Fuß­gän­ger und Rad­fah­rer. Ihnen wird zum Ver­häng­nis, daß die E‑Mobile bei den im Inner­orts­ver­kehr übli­chen Geschwin­dig­kei­ten kaum zu hören sind.

Zusam­men­fas­send stellt das UPI fest: Unter den der­zei­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen ist Elek­tro­mo­bi­li­tät im all­ge­mei­nen nur im lei­tungs­ver­sorg­ten öffent­li­chen Ver­kehr (kei­ne schwe­ren Bat­te­rien, auf der Schie­ne gerin­ger Roll­wi­der­stand und im Ver­hält­nis zur Beför­de­rungs­lei­stung nied­ri­ger Flä­chen­be­darf) sowie im Bereich der elek­trisch unter­stütz­ten Fahr­rä­der, der Pedelecs (gerin­ge Mas­se, daher leich­te Akkus, Unter­stüt­zung durch Mus­kel­kraft, grö­ße­rer Ein­satz­be­reich des flä­chen- und roh­stoff­spa­ren­den Fahr­rads), sinnvoll.

Bevor Elek­tro­au­tos eine grö­ße­re Rol­le zukom­men darf, sind erst deut­lich ver­än­der­te Rah­men­be­din­gun­gen zu schaffen.

Eine über­sicht­li­che Zusam­men­fas­sung der Stu­die fin­det sich in „mobi­lo­gisch“, Aus­ga­be 4–2015 (Bezugs­adres­se unter http://​mobi​lo​gisch​.de/).

Merk­wür­dig (wür­dig, es sich zu merken):

Vor rund sechs Jah­ren hat­te die Bun­des­re­gie­rung das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 soll­ten 1 Mil­li­on Elek­tro­au­tos in Deutsch­land zuge­las­sen sein. Nach­dem mehr als die Hälf­te der Zeit ver­gan­gen ist, sind es rund 20.000.

Im Jahr 2010 wur­den in Deutsch­land 200.000 Pedelecs ver­kauft. Im ver­gan­ge­nen Jahr lag der Absatz bei 480.000 Stück. Doch bis heu­te nimmt weder die schon für nor­ma­le Fahr­rä­der über­wie­gend man­gel­haf­te Infra­struk­tur Rück­sicht auf die­se Ent­wick­lung noch sind in der Bau­leit­pla­nung zwin­gen­de Vor­ga­ben für eine geeig­ne­te Unter­brin­gung die­ser recht­lich als Fahr­rä­der ein­ge­stuf­ten Fahr­zeu­ge zu finden.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig