Frei­es WLAN sorgt für Dilem­ma: Wer haf­tet bei ille­ga­len Akti­vi­tä­ten im Netz?

IHK for­dert Rechts­si­cher­heit für Unternehmer

Längst ist es üblich, sei­nen Hotel­gä­sten einen kosten­frei­en Zugang zum WLAN zu gestat­ten. „Vie­le Rei­sen­de erwar­ten dies heut­zu­ta­ge. Auch in Loka­len besteht häu­fig die Mög­lich­keit sich ein­zu­log­gen, und vie­le Händ­ler zie­hen nach“, sagt IHK-Vize­prä­si­dent und Ein­zel­händ­ler Oli­ver Gieß­übel. Das Ange­bot von WLAN im Geschäft, Restau­rant oder Hotel ist ein ernst­zu­neh­men­der Wett­be­werbs­vor­teil – und könn­te dem sta­tio­nä­ren Ein­zel­han­del ange­sichts der Online-Kon­kur­renz auf die Sprün­ge hel­fen: „Wer heu­te in der Innen­stadt zum Ein­kau­fen unter­wegs ist, zückt frü­her oder spä­ter sein Smart­phone, infor­miert sich über Pro­duk­te, bespricht sich mit Freun­den oder liest Test­be­rich­te. Wenn er all die­se Infor­ma­tio­nen direkt im Geschäft bekommt, greift er dort auch eher zu.“ Doch was geschieht, wenn die Nut­zer Ille­ga­les im Netz trei­ben? Wenn dann der Unter­neh­mer haf­ten soll, hel­fen die Rechts­exper­ten der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth weiter.

Der Inha­ber eines Hotels jeden­falls fand erst kürz­lich eine böse Über­ra­schung in sei­nem Brief­ka­sten vor: Eine Rech­nung über 815 Euro soll­te er an eine Kanz­lei in Mün­chen zah­len und schrift­lich erklä­ren, es zu unter­las­sen, den Film „Spy – Susan Coo­per Under­co­ver“ im Inter­net zum elek­tro­ni­schen Abruf bereit­zu­hal­ten. In Wirk­lich­keit hat­te er weder von die­sem Film je gehört, noch hat­te er ihn – wie behaup­tet – in einer Nacht in der Zeit von 3.54 bis 4 Uhr aus dem Netz her­un­ter­ge­la­den. Aus dem Anwalts­schrei­ben erfuhr er auch, dass sei­ne IP-Adres­se und die genau­en Daten des Abrufs im Rah­men eines zivil­recht­li­chen Aus­kunfts­ver­fah­rens vor dem Land­ge­richt Mün­chen ermit­telt wur­den. Zum Glück ließ sich der Hotel­in­ha­ber nicht zu vor­schnel­len Zah­lun­gen hin­rei­ßen, son­dern wand­te sich an die IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Für die IHK-Rechts­exper­ten ist die Sache lei­der kein Ein­zel­fall, erklärt die stell­ver­tre­ten­de Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin und Justi­zia­rin Gabrie­le Hohen­ner: „Jeder, der Kun­den oder Gästen einen Zugriff auf sein WLAN gestat­tet, läuft nach der der­zei­ti­gen Rechts­la­ge Gefahr, für Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen und ande­re ille­ga­le Aktio­nen zu haf­ten.“ Die soge­nann­te „Stö­rer­haf­tung“ setzt Unter­neh­mer einem Dilem­ma aus: Wer sei­nen Kun­den frei­es WLAN anbie­tet, ris­kiert unter Umstän­den teu­re Pro­zes­se, wenn sich die Nut­zer im Netz nicht an die Regeln hal­ten. Vor allem für neu­ar­ti­ge Model­le wie zum Bei­spiel das freie Sur­fen wäh­rend des Ein­kaufs im Shop oder auch inno­va­ti­ve Bezahl­sy­ste­me, die nur mit WLAN funk­tio­nie­ren, gibt es noch kei­ne gesetz­li­che Rege­lung, die den Unter­neh­mer schützt. „Das The­ma beschäf­tigt vie­le Hote­liers, Gastro­no­men und Ein­zel­händ­ler in Ober­fran­ken inten­siv“, weiß Oli­ver Gieß­übel. „Ein Elek­tro-Ein­zel­händ­ler in Bay­reuth hat etwa unter gro­ßem Auf­wand eine Fire­wall ein­ge­rich­tet, um sich zu schüt­zen. Vie­le Unter­neh­mer war­ten sehn­süch­tig auf Rechtssicherheit.“

Der Hotel­be­trei­ber immer­hin hat­te Glück, denn es gibt eini­ge Urtei­le, die die Haf­tung für sei­ne Bran­che kon­kre­ti­sie­ren. Er konn­te glaub­haft machen, dass er selbst die Urhe­ber­rechts­ver­let­zung nicht began­gen hat und es sich bei sei­nem Anschluss um ein für Gäste bereit­ge­hal­te­nes WLAN han­delt. Die­ses ist durch ein Pass­wort gesi­chert, das nur die Gäste erhal­ten – gleich­zei­tig mit einer Beleh­rung, dass sie das WLAN nur im erlaub­ten recht­li­chen Rah­men nut­zen dür­fen. Die Unsi­cher­heit für Händ­ler, die neu­ar­ti­ge Kon­zep­te und Shop­sy­ste­me auf­bau­en wol­len, bleibt aber, kri­ti­siert Hohenner.

Die Bun­des­re­gie­rung hat einen WLAN-Gesetz­ent­wurf beschlos­sen, der jedoch noch den Bun­des­tag pas­sie­ren muss. Ziel ist, Hot-Spot-Betrei­ber von der Stö­rer­haf­tung zu befrei­en. Die IHK-Orga­ni­sa­ti­on begrüßt die grund­sätz­li­che Ziel­rich­tung des Geset­zes­ent­wurfs, bemän­gelt aber, dass er nicht weit genug geht und dass ins­be­son­de­re die bestehen­de Rechts­un­si­cher­heit nicht durch­gän­gig besei­tigt wird. Dar­auf­hin hat die Bun­des­re­gie­rung jetzt noch ein­mal nach­ge­bes­sert. So soll der Anbie­ter sei­nen Anschluss nur noch „ange­mes­sen“ sichern müs­sen, wäh­rend vor­her „aner­kann­te Ver­schlüs­se­lungs­ver­fah­ren“ gefor­dert wur­den. Dane­ben muss sich der Betrei­ber wie bis­her vom Nut­zer zusi­chern las­sen, dass die­ser kei­ne Rechts­ver­let­zun­gen bege­hen wird. Somit bedarf es also wei­ter­hin eines Klicks im Inter­net. Wer­den aber bei­de Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, so soll der Betrei­ber von einer Haf­tung für Drit­te ver­schont blei­ben. Der Ent­wurf ist hef­tig umstrit­ten: Zuletzt hat der Bun­des­rat deut­li­che Nach­bes­se­run­gen gefor­dert, jüngst kri­ti­sier­te ihn auch die EU-Kom­mis­si­on. Mit einem Inkraft­tre­ten ist nicht vor dem zwei­ten Quar­tal 2016 zu rechnen.

„Soll­te tat­säch­lich end­lich für mehr Rechts­si­cher­heit gesorgt wer­den, könn­ten auch klei­ne Geschäf­te, Cafés und Restau­rants den Sprung ins Inter­net wagen, die bis­lang aus Angst vor recht­li­chen Fall­stricken dar­auf ver­zich­tet haben“, hofft Oli­ver Gießübel.

Unter­neh­men, die in Sachen WLAN Rat suchen, kön­nen sich an die IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth, Ansprech­part­ne­rin Ursu­la Krauß, unter der Tele­fon­num­mer 0921/886–212 wenden.