Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Spit­zen­for­schung gegen die wach­sen­de Anti­bio­ti­ka- Resi­stenz von Bakterien

Symbolbild Bildung

Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) för­dert struk­tur­bio­lo­gi­sches For­schungs­vor­ha­ben an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth mit mehr als 500.000 Euro
„Die Anti­bio­ti­ka gehen uns aus!“ – schon seit gerau­mer Zeit war­nen Ärz­te und Wis­sen­schaft­ler vor die­ser Ent­wick­lung. Immer häu­fi­ger kommt es in Kran­ken­häu­sern zu Infek­tio­nen, weil die Mög­lich­kei­ten zur Bekämp­fung von Mikro­ben nicht aus­rei­chen. Welt­weit wächst die Zahl der Pati­en­ten, die Bak­te­ri­en schutz­los aus­ge­lie­fert sind, weil es kei­ne Behand­lungs­mög­lich­kei­ten mit wirk­sa­men Anti­bio­ti­ka gibt. Ein Grund hier­für ist der häu­fi­ge Gebrauch die­ser Mit­tel. Er führt dazu, dass Bak­te­ri­en sich an die­se Sub­stan­zen gewöh­nen und deren anti­bio­ti­sche Wir­kung abschwä­chen oder ver­mei­den kön­nen. Indem Bak­te­ri­en ihre zel­lu­lä­re Zusam­men­set­zung und ihre Lebens­zy­klen ändern, gelingt es ihnen, selbst hohe Dosie­run­gen anti­bio­ti­scher Wirk­stof­fe zu über­le­ben. Das Ergeb­nis sind mul­ti­re­si­sten­te Bak­te­ri­en­stäm­me, gegen die bis­he­ri­ge Anti­bio­ti­ka wir­kungs­los sind.

„Das Übel an der Wur­zel packen“

An die­ser Stel­le setzt ein neu­es Pro­jekt an, das eine For­schungs­grup­pe um Prof. Dr. Paul Rösch an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth in den näch­sten Jah­ren bear­bei­ten wird. Es will bis­her unbe­kann­te Mecha­nis­men, mit denen Bak­te­ri­en ihr Über­le­ben sichern, auf­decken und auf mole­ku­la­rer Ebe­ne ana­ly­sie­ren. Auf der Grund­la­ge die­ser Erkennt­nis­se wer­den sich neu­ar­ti­ge Ansät­ze ent­wickeln las­sen, um die zuneh­men­de Anti­bio­ti­ka-Resi­stenz von Bak­te­ri­en nach­hal­tig zu bekämp­fen. Im Mit­tel­punkt des For­schungs­in­ter­es­ses steht die bak­te­ri­el­le RNA-Poly­me­ra­se. Die­ses Enzym ist ent­schei­dend für die Bil­dung von Pro­te­inen in den Bak­te­ri­en auf der Grund­la­ge der Erbinformationen.

„Unser For­schungs­vor­ha­ben zielt also nicht dar­auf ab, ange­sichts der wach­sen­den Wider­stands­fä­hig­keit von Bak­te­ri­en immer neue Anti­bio­ti­ka mit den immer glei­chen Angriffs­punk­ten zu fin­den. Die Tat­sa­che, dass die Ein­füh­rung des letz­ten neu­en anti­bio­ti­schen Wirk­stof­fes bereits 30 Jah­re zurück­liegt, zeigt, dass ein sol­cher Ansatz wohl wenig erfolg­ver­spre­chend wäre“, erklärt Prof. Rösch. „Statt­des­sen wol­len wir jetzt das Übel an der Wur­zel packen. Es geht uns dar­um, bis­her unbe­kann­ten mole­ku­la­ren Mecha­nis­men in Bak­te­ri­en und damit neu­en Zie­len für Anti­bio­ti­ka auf die Spur zu kom­men. In Bay­reuth haben wir dafür her­vor­ra­gen­de tech­ni­sche Vor­aus­set­zun­gen.“ Die Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) för­dert das Pro­jekt mit ins­ge­samt über 500.000 Euro.

Inter­na­tio­nal viel­be­ach­te­te Forschungserfolge

Die For­schungs­grup­pe um Prof. Rösch am Lehr­stuhl für Bio­po­ly­me­re befasst sich schon seit vie­len Jah­ren inten­siv mit Struk­tu­ren und Wech­sel­wir­kun­gen von Pro­te­inen, die für das Über­le­ben von Bak­te­ri­en von zen­tra­ler Bedeu­tung sind. Mit modern­sten spek­tro­sko­pi­schen Gerä­ten und Ver­fah­ren sind die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler dabei zu Erkennt­nis­sen vor­ge­drun­gen, die in der inter­na­tio­na­len Fach­welt gro­ßes Echo aus­ge­löst haben. So ist es ihnen bei­spiels­wei­se gelun­gen, Mecha­nis­men der bak­te­ri­el­len Ver­meh­rung zu ent­decken und Struk­tu­ren der dar­an betei­lig­ten Pro­te­ine auf­zu­klä­ren. Um die Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen den Kom­po­nen­ten bak­te­ri­el­ler Zel­len bes­ser unter­su­chen zu kön­nen, wur­den Metho­den ent­wickelt, die neue und prä­zi­se­re Ein­blicke in die­se Pro­zes­se ermög­licht haben.

Spit­zen­tech­no­lo­gie auf dem Bay­reu­ther Campus

„Alle die­se For­schungs­er­fol­ge wären nicht mög­lich gewe­sen ohne den inten­si­ven Ein­satz der NMR, also der magne­ti­schen Kern­re­so­nanz­spek­tro­sko­pie. Zur­zeit instal­lie­ren wir auf dem Bay­reu­ther Cam­pus, im For­schungs­zen­trum für Bio-Makro­mo­le­kü­le, das welt­weit erste 1000-Mega­hertz-Spek­tro­me­ter mit abge­schirm­tem Magne­ten. Hier­durch wer­den stö­ren­de Außen­ein­flüs­se auf die Mess­ergeb­nis­se wesent­lich ver­rin­gert. Die neue Spit­zen­tech­no­lo­gie wird die geplan­ten For­schungs­ar­bei­ten zur Resi­stenz von Bak­te­ri­en wesent­lich unter­stüt­zen“, so Prof. Rösch.

Trans­at­lan­ti­sche Zusammenarbeit

Vie­le der bis­he­ri­gen Bay­reu­ther For­schungs­ar­bei­ten wur­den in Koope­ra­ti­on mit US-ame­ri­ka­ni­schen Uni­ver­si­tä­ten durch­ge­führt, unter ande­rem der Ohio Sta­te Uni­ver­si­ty in Colum­bus und der Uni­ver­si­ty of Wis­con­sin in Michi­gan. Die Colum­bia Uni­ver­si­ty in New York, eine der welt­weit füh­ren­den Uni­ver­si­tä­ten auf dem Gebiet der Anti­bio­ti­ka-For­schung, unter­stützt das For­schungs­pro­gramm der Bay­reu­ther Arbeits­grup­pe mit erheb­li­chen Per­so­nal- und Sach­mit­teln. Ins­be­son­de­re hat sie Prof. Rösch für das Som­mer­se­me­ster 2016 zu einem For­schungs­auf­ent­halt ein­ge­la­den, den sie aus eige­nen Mit­teln finan­ziert. Sein Mit­ar­bei­ter Dr. Ste­fan Knau­er, der an der Koor­di­na­ti­on des neu­en DFG-Pro­jekts wesent­lich betei­ligt ist, wur­de von der Fede­ra­ti­on of the Ame­ri­can Socie­ties for Expe­ri­men­tal Bio­che­mi­stry schon jetzt gebe­ten, auf ihrem Kon­gress im Jahr 2017 einen Ple­nar­vor­trag zu halten.