Arti­kel­se­rie: Ener­gie­wen­de ja – aber wie? 33. Wel­che Struk­tur soll die neue elek­tri­sche Ener­gie­ver­sor­gung haben? Teil1

Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

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Für die Pla­nung einer elek­tri­schen Ener­gie­wen­de soll­te eine Grund­satz­über­le­gung am Anfang ste­hen, weil alle wei­te­ren Umbau­maß­na­men hier­von abhän­gig sind: Soll die Strom­pro­duk­ti­on – wie bis­her – wei­ter­hin zen­tral erfol­gen, oder stel­len wir um auf eine dezen­tra­le Strom­pro­duk­ti­on nahe bei den Strom­ver­brau­chern? Bei­de Syste­me sind grund­sätz­lich mög­lich und in Gren­zen auch kombinierbar.

Auch unser jet­zi­ges Strom­ver­sor­gungs­sy­stem hat zu Beginn (s.a. Kapi­tel 3 und Kapi­tel 4) sowie in der Wie­der­auf­bau­pha­se nach dem Krieg dezen­tral begon­nen. Aus logi­sti­schen und wirt­schaft­li­chen Über­le­gun­gen, um die Kosten für den Koh­le­trans­port zu mini­mie­ren, hat es sich dann aber schnell dahin ent­wickelt, die gro­ßen Kraft­wer­ke mög­lichst in der Nähe des Ener­gie­trä­gers Koh­le zu kon­zen­trie­ren. Die­se war damals die ein­zi­ge Pri­mär­ener­gie die uns im eige­nen Land zur Ver­fü­gung stand. Nach­dem wir heu­te in hohem Maße auch von der Import­ener­gie Öl und Gas (per Schiff und/​oder Pipe­line) abhän­gig sind, ist eine sol­che Kon­zen­tra­ti­on aus wirt­schaft­li­chen Über­le­gun­gen auch nicht mehr so zwingend.

Anders ist es bei der rege­ne­ra­ti­ven Strom­erzeu­gung. Hier­bei ist ja die Pri­mär­ener­gie – Son­ne, Wind, Was­ser und Bio­mas­se – flä­chig in unse­rer Nähe ver­teilt, die beste Vor­aus­set­zung somit für ein dezen­tra­les System. Dies eröff­net wei­ter­hin die Mög­lich­keit sich bei der Nut­zung die­ser Ener­gie­trä­ger und deren Kom­bi­na­ti­on den ört­li­chen Gege­ben­hei­ten opti­mal anzu­pas­sen, was bei einem zen­tra­len System nicht mög­lich ist.
Was wäre nun der Unter­schied zwi­schen einer zen­tra­len und einer dezen­tra­len rege­ne­ra­ti­ven Strom­erzeu­gung? Manch­mal muss man die Din­ge ins Extre­me den­ken, damit sol­che Unter­schie­de deut­lich wer­den. Machen wir ein Gedankenexperiment:

Zen­tral: Alle Wind­rä­der in Nord- und Ost­see. Alle Solar­an­la­gen nach Spa­ni­en oder bes­ser, in die Saha­ra. Alle Ener­gie­spei­cher als Pump­spei­cher­wer­ke nach Nor­we­gen. Deutsch­land wäre frei von die­sen die Land­schaft ver­brau­chen­den und stö­ren­den Bau­wer­ken. Dafür müss­te eini­ges an neu­en Strom­lei­tun­gen gebaut wer­den. Die­se wür­den rich­tig groß. Denn jetzt müss­te ja die gesam­te Ener­gie erst mal nach Deutsch­land trans­por­tiert und hier irgend­wie zen­tral zusam­men geführt wer­den (auf sog. Netz­kno­ten). Denn für eine siche­re Strom­ver­sor­gung müs­sen sie sich gegen­sei­tig ergän­zen und dann, ähn­lich wie bis­her, wie­der in der Flä­che ver­teilt wer­den. Das bedeu­tet, unser bis­he­ri­ges Über­land-Netz (Hoch- und Höchst­span­nung) bleibt im Wesent­li­chen bestehen. Hin­zu kämen jedoch wei­te­re gro­ße Ener­gie­lei­tun­gen, deren Aus­maß das der jetzt so hit­zig dis­ku­tier­ten Strom­tras­sen deut­lich über­stei­gen wür­de. Zudem wäre ein sol­ches System wesent­lich anfäl­li­ger für Stö­run­gen durch extre­me Wet­ter­ereig­nis­se oder Ter­ro­ris­mus und damit für groß­flä­chi­ge län­ge­re Strom­aus­fäl­le mit zwangs­läu­fi­gem Zusam­men­bruch unse­rer gesam­ten Infra­struk­tur (s.a. Kapi­tel 29).

Eine der­art extre­me Lösung wür­de sich z.Z. schon aus poli­ti­schen Grün­den ver­bie­ten. Die­se Vari­an­te müss­te des­halb auf die Flä­che Deutsch­lands begrenzt wer­den. Die grund­sätz­li­che Pro­ble­ma­tik ist aber die­sel­be. Wir bräuch­ten neue Strom­lei­tun­gen um jetzt die gro­ßen Ener­gie­men­gen von ande­ren Regio­nen in das Netz ein­zu­spei­sen, z.B. Nord­see oder Ost­see für Wind­strom und Süd­deutsch­land für Solar­strom, statt wie bis­her alles z.B. aus Nord­rhein-West­fa­len, und zu den Orten (Netz­kno­ten) zu brin­gen, wo die flä­chi­ge Strom­ver­sor­gung auf der unte­ren Span­nungs­ebe­ne beginnt.

Es muss also gründ­lich und tief­grei­fend über­legt wer­den, wie tat­säch­lich zukunfts­fä­hi­ge Struk­tu­ren auf­zu­bau­en sind. Wei­te­re Gedan­ken hier­zu in der näch­sten Folge.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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