Arti­kel­se­rie “Ener­gie­wen­de – muss das sein?”: 31. Was bedeu­tet eigent­lich Ener­gie­wen­de? Teil 2

Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

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Das eigent­li­che Ziel einer glo­ba­len und umfas­sen­den Ener­gie­wen­de ist die Umstel­lung unse­res gesam­ten Ener­gie­be­darfs auf eine neue Basis, um die nega­ti­ven Begleit­erschei­nun­gen zu ver­mei­den und dabei auch unver­meid­li­che Risi­ken auf ein beherrsch­ba­res Maß zurück zu füh­ren. Aller­dings ist dies eine Mam­mut­auf­ga­be die nicht bin­nen einer Gene­ra­ti­on zu schaf­fen ist. Allein das Ver­spre­chen eines frü­he­ren Bun­des­kanz­lers, wie­der für blau­en Him­mel über dem Ruhr­ge­biet zu sor­gen, erfor­der­te einen rie­si­gen tech­ni­schen Auf­wand mit ent­spre­chen­den Kosten und, selbst bei die­sem regio­na­len Pro­blem, 30 bis 40 Jah­re Zeit. Die Repa­ra­tur schäd­li­cher Aus­wir­kun­gen eines Systems dau­ert in der Regel min­de­stens so lang, wie deren Entstehung.

Um die ver­schie­de­nen Ener­gie­trä­ger mit­ein­an­der zu ver­glei­chen rech­net man die­se über ihren Ener­gie­in­halt auf ein sog. „Öläqui­va­lent“ um, wel­ches in kg oder in t ange­ge­ben wird, ent­spre­chend dem Ener­gie­in­halt von 1kg oder 1t Öl. Der Welt­ver­brauch betrug im Jahr 2011 13,11 Mil­li­ar­den t. 1973 waren es 6,12 Mil­li­ar­den t. Also in 38 Jah­ren etwas mehr als eine Ver­dop­pe­lung. Bis 2040, also in nur wei­te­ren 29 Jah­ren, rech­net man mit der näch­sten Ver­dop­pe­lung, also eine immer schnel­le­re Aus­beu­tung der nicht erneu­er­ba­ren Lager­stät­ten. Man muss sich bewusst machen: Unse­re der­zei­ti­ge Ener­gie­wirt­schaft ist zu 100% von Ener­gie­spei­chern abhän­gig. Ener­gie­spei­cher, wel­che die Natur vor Mil­lio­nen von Jah­ren ange­legt hat, die nicht unend­lich sind und die nicht wie­der auf­ge­füllt wer­den kön­nen. Der Anteil von Koh­le, Erd­öl und Gas an die­ser spei­cher­ab­hän­gi­gen Ener­gie­wirt­schaft beträgt etwa 80% bis 85%. Von die­ser geför­der­ten Men­ge wer­den etwa 40% für Dampf­kraft­wer­ke zur Strom­erzeu­gung ver­wen­det. Ein wei­te­rer Teil dient der Wär­me­er­zeu­gung, und ein wesent­li­cher Teil geht in den Trans­port und Ver­kehr. In Kapi­tel 9 hat­ten wir schon gese­hen, dass Dampf­kraft­wer­ke die zuge­führ­te Ener­gie nur zu ca. 35% in elek­tri­sche Ener­gie umwan­deln kön­nen. Ca. 65% gehen als Abwär­me ver­lo­ren. Eine wei­te­re Nut­zung die­ser Abwär­me ist bei den Groß­kraft­wer­ken wegen feh­len­der Abneh­mer nur mar­gi­nal mög­lich (s.a. Kapi­tel 9). Die­se Rela­ti­on gilt für alle Ein­rich­tun­gen, bei denen die zuge­führ­te Ener­gie über Wär­me­en­er­gie in mecha­ni­sche Ener­gie umge­setzt wird, also auch für alle Antriebs­mo­to­ren für den Trans­port und Ver­kehr (s.a. Kapi­tel 8). Fazit: wir ver­bren­nen etwa drei­mal so viel Pri­mär­ener­gie­trä­ger, mit allen Begleit­erschei­nun­gen (Luft­ver­schmut­zung, CO₂, Lager­stät­ten­aus­beu­tung), als wir tat­säch­lich nut­zen, weil es tech­nisch nicht anders mög­lich ist. Ein sehr ver­schwen­de­ri­scher Umgang mit einer end­li­chen Ressource.

Eine Ener­gie­wen­de muss kom­men, ob wir sie wol­len oder nicht. Spä­te­sten dann, wenn unse­re her­kömm­li­chen Ener­gie­quel­len ver­siegt sind. Noch haben wir die Wahl, ob wir die­se Auf­ga­be jetzt in aller Ruhe ange­hen und den Umstieg aktiv und geplant gestal­ten damit der lau­fen­de Betrieb mög­lichst wenig beein­träch­tigt wird, oder ob wir war­ten bis uns kei­ne Wahl mehr bleibt. Die Eng­län­der haben einen schö­nen Aus­druck hier­für: Chan­ge by design or chan­ge by desa­ster! Je spä­ter wir damit anfan­gen, umso schwie­ri­ger wird es.

Wir wer­den unse­re Arti­kel­se­rie jetzt umbe­nen­nen. Nicht mehr „Ener­gie­wen­de – muss das sein?“, son­dern „Ener­gie­wen­de ja – aber wie?“. Für alle tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen gilt: Es gibt kein System, wel­ches nur Vor­tei­le und kei­ne nega­ti­ven Begleit­erschei­nun­gen hat. Die Suche nach dem opti­ma­len System ist auch immer die Suche nach dem gün­stig­sten Kom­pro­miss zwi­schen Vor- und Nachteilen.

Nach die­sem Blick über den Tel­ler­rand wen­den wir uns wie­der unse­rem Kern­the­ma zu, der Ener­gie­wen­de im elek­tri­schen und wär­me­tech­ni­schen Sektor.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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