OB Franz Stumpf: Stel­lung­nah­me zur „Online-Peti­ti­on in Sachen Katha­ri­nen­spi­tal Forchheim“

Neu­kon­zep­tio­nie­rung und Neu­bau des Katha­ri­nen­spi­tals; Ihre „Online-Peti­ti­on“, über­sandt am 16.7.2015

Sehr geehr­ter Herr Schöndorfer,

zu Ihren Fra­gen, die Sie uns in der Gestalt einer „Online-Peti­ti­on“ mit E‑Mail vom 16.7.2015 zuge­sandt hat­ten, kön­nen wir Ihnen fol­gen­des mitteilen:

Bei unse­ren Hin­wei­sen auf gesetz­li­che Vor­schrif­ten bezo­gen wir uns auf die AVPfle­Wo­qG von 2011, dar­in den Teil über bau­li­che Min­dest­an­for­de­run­gen, sowie auf die DIN 18040–2.

Ent­schei­dend für die erfor­der­lich wer­den­den Bau­maß­nah­men ist das Inkraft­tre­ten der Ver­ord­nung zur Aus­füh­rung des Pfle­ge- und Wohn­qua­li­täts­ge­setz­tes vom 27. Juli 2011. Mit die­ser Ver­ord­nung will der Baye­ri­sche Gesetz­ge­ber sicher­stel­len, dass die sta­tio­nä­ren Ein­rich­tun­gen im Inter­es­se ihrer Bewoh­ner bar­rie­re­frei errich­tet und auch genutzt wer­den kön­nen. Die Anglei­chungs­frist beträgt 5 Jah­re. Bis Juli 2016 müs­sen also die Anfor­de­run­gen erfüllt wor­den sein.

Um die DIN-Vor­schrif­ten bezüg­lich der Bar­rie­re­frei­heit ein­hal­ten zu kön­nen, müs­sen die Zim­mer im Katha­ri­nen­spi­tal in ihrer Tie­fe ver­grö­ßert wer­den. Regel­ge­rech­te bar­rie­re­freie Pfle­ge-zim­mer mit Nass­zel­le benö­ti­gen zwin­gend eine zur Ver­fü­gung ste­hen­de Raum­tie­fe von 5,50 m. Nur so kann sicher­ge­stellt wer­den, dass der für Roll­stüh­le erfor­der­li­che Wen­de­kreis von 1,50 m ein­ge­hal­ten wird. Der­zeit ist das nicht der Fall. Eben­so feh­len der­zeit bar­rie­re­freie Nass­zel­len im Katharinenspital.

Eine Gene­ral­sa­nie­rung hät­te in zwei Bau­ab­schnit­ten durch­ge­führt wer­den müs­sen. Die Bau­zeit wür­de dann ca. 4 Jah­re betragen.

Da sich im neue­ren Quer­bau die Küche, der Spei­se­saal die Hei­zung usw. befin­den, wür­de als erstes der Alt­bau ent­lang der Bam­ber­ger Stra­ße in Angriff genom­men werden.

Im Alt­bau aus den 50er Jah­ren, der nicht unter Denk­mal­schutz steht, kön­nen die Pfle­ge­zim­mer wegen der zu gerin­gen Raum­tie­fen nicht in Ost-West­rich­tung, also quer, ein­ge­baut wer­den. Die bestehen­de Mit­tel­flur­brei­te von 1,40 m wird von den bestehen­den Mit­tel­wän­den defi­niert. Ein Umbau unter Belas­sung des sta­ti­schen Trag­ge­rüsts ist in Quer­rich­tung nicht möglich.

Wer­den die Zim­mer ver­grö­ßert, wür­de sich jedoch die­Brei­te der Gän­ge noch wei­ter ein­engen. Die Gän­ge erfül­len schon heu­te nicht die Min­dest­brei­te ent­spre­chend der DIN-Nor­men für die Bar­rie­re­frei­heit. Für Erschlie­ßungs­flu­re ist eine Min­dest­brei­te von 1,50 m – ist ein Hand­lauf vor­han­den, dann 1,60 m – vorgeschrieben.

Ein­zi­ge Mög­lich­keit wäre, die Zim­mer längs aus­zu­rich­ten. Dies hät­te eine ungün­sti­ge Flä­chen­aus­nut­zung zur Fol­ge mit deut­lich weni­ger Bewohnereinheiten.

Eine Gene­ral­sa­nie­rung in der bestehen­den Gebäu­de­hül­le mit ent­spre­chen­den Grund­riss­än­de­run­gen bedingt eine weit­rei­chen­de Ände­rung des bestehen­den­sta­ti­schen Trag­sy­stems mit Aus­bau der Querwände.

Wei­ter sind nicht ein­mal in allen Zim­mern Duschen vor­han­den. Selbst­ver­ständ­lich ist das nicht zeit­ge­mäß. Die Duschen, die ein­zu­bau­en sind, müs­sen­bar­rie­re­frei boden­gleich sein. Wegen des not­wen­di­gen Gefäl­les der Abläu­fe muss im gesam­ten Bereich eine neue Instal­la­ti­on ein­ge­baut wer­den. Dazu ist es erfor­der­lich, den gesam­ten Boden­be­reich­neu mit Est­rich zu bele­gen und somit das Boden­ni­veau auf allen Stock­wer­ken zu erhö­hen, damit­die Boden­hö­he für das nöti­ge Gefäl­le in den Duschen aus­rei­chend ist.

Wäh­rend der Umbau­pha­se müss­te der Alt­bau also kom­plett ent­kernt und in den Roh­bau­zu­stand zurück­ver­setzt wer­den. Des Wei­te­ren wären wie oben erwähnt, weit­rei­chen­de sta­ti­sche Umbau­maß­nah­men des ver­blei­ben­den Roh­baus notwendig.

Da die Zim­mer im Gebäu­de Bam­ber­ger Stra­ße nach den Vor­schrif­ten des Pfle­ge­wohn­qua­li­täts­ge­set­zes und den DIN-Vor­schrif­ten anders zuge­schnit­ten wer­den müs­sen, kön­nen nach dem Umbau nur noch 12 Wohn­ein­hei­ten in die­sem Gebäu­de unter­ge­bracht wer­den. Etwa 10 Zim­mer wür­den durch den Umbau also entfallen.

Der erste Bau­ab­schnitt wäre die Gene­ral­sa­nie­rung des Gebäu­des an der Bam­ber­ger Stra­ße. Wäh­rend die­ser Bau­pha­se könn­ten von den etwa 70 Bewoh­nern höch­stens die ca. 35 Bewoh­ner des Quer­baus im Spi­tal woh­nen blei­ben. Das bedeu­tet, dass die Hälf­te der Spi­tal-Bewoh­ner auf jeden Fall auch bei einer Gene­ral­sa­nie­rung zum Bau­be­ginn das Heim hät­te ver­las­sen müs­sen. Aber: Wer kann blei­ben und wer muss gehen? Wie soll man da auswählen?

Ganz abge­se­hen von der Fra­ge, wie man im Alten­heim einen 24-stün­di­gen Drei-Schicht-Betrieb mit dem erfor­der­li­chen Per­so­nal für die zunächst 35 Per­so­nen wäh­rend der Bau­pha­se auf­recht­erhal­ten soll. Erst wenn der Alt­bau saniert gewe­sen wäre, hät­te imzwei­ten Bau­ab­schnitt mit der Sanie­rung des Quer­baus begon­nen wer­den kön­nen. Von den ca. 35 Per­so­nen, die bis dort­hin wäh­rend des ersten Bau­ab­schnitts im Quer­bau ver­blie­ben sind, könn­ten dann nur noch 12 Per­so­nen im Katha­ri­nen­spi­tal ver­blei­ben, die dann in den dann sanier­ten ersten Bau­ab­schnitt in der Bam­ber­ger Stra­ße umzie­hen müss­ten. Die ande­ren 23 Per­so­nen müss­ten spä­te­stensdann auch ausziehen.

In die­sem Quer­bau, der dann im zwei­ten Bau­ab­schnitt­sa­niert wer­den wür­de, befin­den sich alle Logi­stik­räu­me. Der Spei­se­saal, gesam­te Haustechnik,die Hei­zung, die Küche, die Lüf­tung, die Warm­was­ser­ver­sor­gung usw. müss­ten dann pro­vi­so­risch­wäh­rend des zwei­ten Bau­ab­schnitts für die dann nur noch 12 in die Bam­ber­ger Stra­ße 5 umge­zo­ge­nen Per­so­nen ein­ge­rich­tet werden.

Der wesent­li­che Grund für die gerin­ge Zahl an ver­blei­ben­den Plät­zen wäh­rend eines Umbaus ist, dass sich das Gebäu­de aus sta­ti­schen Grün­den weder Stock­werk für Stock­werk, noch ver­ti­kal getrennt sanie­ren lässt.

Auf­grund all die­ser Aus­füh­run­gen bit­ten wir ein­zu­se­hen, dass auch eine Sanie­rung des Alt­baus in der Bau-Pha­se dazu geführt hät­te, dass nur noch 12 von ursprüng­lich 70 Bewoh­nern hät­ten blei­ben kön­nen. Die wei­te­ren 58 Bewoh­ner hät­ten also auch bei die­ser Vari­an­te umzie­hen müssen.

Schlie­ßung und Neu­bau blie­ben als die ein­zi­ge Alter­na­ti­ve, die wir auch als die huma­ne­re Lösung ver­ste­hen, als wie wenn ein älte­rer Mensch vier Jah­re lang in Bau­lärm, Vibra­tio­nen und auch in einer gewis­sen Gefähr­dungs­la­ge leben müss­te, die eine gro­ße Bau­stel­le mit sich bringt. Es ste­hen hier vier Jah­re Bau­lärm und ande­re erschwe­ren­de Umstän­de gegen vier Stun­den Umzug in eine ande­re Einrichtung.

Zu Ihrer Bemer­kung, dass anläss­lich des 90. Geburts­ta­ges einer Bewoh­ne­rin noch gesagt wur­de, dass alle Bewoh­ner des Katha­ri­nen­spi­tal wäh­rend des Umbaus blei­ben könnten:

Erst in der Stadt­rats­sit­zung am 20.5.2015 wur­de die­Schlie­ßung des alten Katha­ri­nen­spi­tals wegen des Abris­ses beschlos­sen. Vor­her muss­te davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass eine ande­re Lösung gefun­den wer­den kann. Dies war auch der inten­siv geheg­te Wunsch des Stadt­ra­tes und des Ober­bür­ger­mei­ster, dass die Bewoh­ner im Katha­ri­nen­spi­tal hät­ten blei­ben kön­nen. Lei­der hat sich dies unter den oben geschil­der­ten bau­li­chen Gege­ben­hei­ten nicht rea­li­sie­ren lassen.

Sie hat­ten in Ihrem Schrei­ben auch Fra­gen nach Kosten und Wirt­schaft­lich­keit gestellt. Die Wirt­schaft­lich­keit ist nicht die Trieb­fe­der für­den Neu­bau. Die Stif­tung wird vor und nach dem Neu­bau gemein­nüt­zig wirt­schaf­ten, nicht gewinnorientiert.

Viel­mehr geht es dar­um, die Alten­pfle­ge im Katha­ri­nen­spi­tal wie­der in die heu­ti­ge Zeit zu holen, moder­ne For­men der Alten­pfle­ge anzu­bie­ten und den Senio­rin­nen und Senio­ren ein Leben im Alter zu ermög­li­chen, das heu­ti­gen Anfor­de­run­gen entspricht.Erst heu­te stand eine Ange­hö­ri­ge einer ehe­ma­li­gen Bewoh­ne­rin des Katha­ri­nen­spi­tals mit strah­len­den Augen vor unse­rer stell­ver­tre­ten­den Heim­lei­te­rin und bedank­te sich. Sie freu­te sich, wie schön es ihre Ver­wand­te nun­mehr in der neu­en Pfle­ge­ein­rich­tung hät­te, in die sie erst umge­zo­gen war. Auch wir als Pfründ­ner­stif­tung wol­len eine Ein­rich­tung mit einem neu­en Kon­zept neu bau­en, damit den Senio­rin­nen und Senio­ren ein opti­ma­les Wohn­um­feld ange­bo­ten wer­den kann, in dem sie sich wohl fühlen.

Gegen den Begriff „Zwangs­um­sie­deln“, sowie auch ande­re pole­mi­sche Zuspit­zun­gen, die Sie in Ihrer Nach­richt ver­wen­den, ver­wah­ren wir uns daher sehr entschieden.

Bereits am 26.5.2015 wur­de in einer Heim­bei­rats­sit­zung den Bewoh­ner­ver­tre­tern mit­ge­teilt, dass das Heim geschlos­sen wer­den müs­se. Am 9.6.2015 fand eine Ver­samm­lung der Heim­be­woh­ner und Ange­hö­ri­gen statt, in der die­sen die Not­wen­dig­keit zur Schlie­ßung erläu­tert wur­de. Seit­her fan­den vie­le Ein­zel­ge­sprä­che der Heim­lei­tung mit Bewoh­nern und Ange­hö­ri­gen statt. Die Heim­lei­tung hat auch sehr schnell das Ange­bot an Heim­plät­zen der Forch­hei­mer Pfle­ge­hei­me gesam­melt und die Plät­ze den Bewoh­nern ange­bo­ten. Die­ses Anbie­ten von Plät­zen wird nun fort­lau­fend wei­ter gehen. Die Men­schen, die in Forch­heim ihre Wur­zeln haben, kön­nen natür­lich in Forch­heim blei­ben, vie­le sogar der Innen­stadt nah.

Auch die Freund­schaf­ten der Bewoh­ner kön­nen wei­ter gepflegt werden.

Wir gehen dabei davon aus, dass ein Freun­des­kreis eines Bewoh­ners nicht das gan­ze Heim umfasst. Dafür sind die Lebens­um­stän­de der Bewoh­ner zu unter­schied­lich. Im Katha­ri­nen­spi­tal woh­nen sehr agi­le Senio­ren, die gern in jeg­li­cher Form am Leben der Innen­stadt teil­neh­men. Es wer­den dort aber auch Men­schen ver­sorgt, die schwer pfle­ge­be­dürf­tig oder schwer dement sind und die in die­ser Form nicht mehr teil­neh­men kön­nen. So bil­den unter­schied­li­che Bewoh­ner auch unter­schied­li­che Freun­des­krei­se. Für sol­che Freun­des­krei­se, die zusam­men blei­ben möch­ten, gibt es die Mög­lich­keit, gemein­sam in eine neue Ein­rich­tung umzuziehen.

Wir set­zen also auf Frei­wil­lig­keit und auf Ein­sicht­in eine bes­se­re Lösung für die Bewoh­ner, die in einer neue­ren, attrak­ti­ve­ren, und auch gün­sti­ge­ren Ein­rich­tung eine schö­ne­re Pha­se ihres Alters ver­le­ben kön­nen, als wie wenn sie nun vier Jah­re unter den Bedin­gun­gen einer Bau­stel­le leben müss­ten. Wir fin­den, die Senio­rin­nen und Senio­ren haben Besseresverdient.

Eine Viel­zahl von Bewoh­nern hat auf die­ser frei­wil­li­gen Basis das Katha­ri­nen­spi­tal bereits ver­las­sen und eine neue Ein­rich­tung nach eige­nen Wün­schen gefun­den. Eine wei­te­re Zahl an Bewoh­nern hat in eben die­ser Frei­wil­lig­keit ihren Umzug bereits angekündigt.

Wir möch­ten die Bera­tung in der näch­sten Zeit noch inten­si­vie­ren, so dass wir den Bewoh­nern die Angst vor einer neu­en, ande­ren Pfle­ge­ein­rich­tung neh­men kön­nen. Am Ende wer­den alle Bewoh­ner in dem Bewusst­sein frei­wil­lig umzie­hen, dass dies für sie das Beste ist.

Mit freund­li­chen Grüßen
Franz Stumpf,
Oberbürgermeister,
Stiftungsvorstand