Arti­kel­se­rie “Ener­gie­wen­de – muss das sein?”: 30. Was bedeu­tet eigent­lich Ener­gie­wen­de? Teil 1

Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

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Wir haben jetzt unser Strom­ver­sor­gungs­sy­stem in sei­ner gan­zen Brei­te ken­nen­ge­lernt, mit all sei­nen Vor­zü­gen, aber auch mit sei­nen nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen. Spe­zi­ell die nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen einer Tech­nik / Systems wer­den häu­fig erst erkenn­bar wenn die­se im gro­ßen Umfang ange­wen­det wer­den. Unse­re gesam­te Ener­gie­wirt­schaft mit der Nut­zung der fos­si­len Ener­gie­trä­ger macht dies deut­lich. Beim ersten mit Ben­zin ange­trie­be­nen Auto und beim ersten Koh­le­kraft­werk wur­den die nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen noch nicht erkannt und waren auch in ihrer Grö­ßen­ord­nung ver­nach­läs­sig­bar klein. Die dyna­mi­sche Ent­wick­lung die­se Tech­nik in den fol­gen­den 100 Jah­ren war nicht vorhersehbar.

Seit Beginn der Indu­stria­li­sie­rung hat sich die Welt­be­völ­ke­rung etwa ver­vier­facht. Der Bedarf an fos­si­len Ener­gie­trä­gern (ohne Kern­kraft und son­sti­ge) hat sich aber mehr als ver­zwan­zig­facht. Ein Ende die­ser dyna­mi­schen Ent­wick­lung ist nicht abzu­se­hen. Nicht zuletzt des­halb, weil alle Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­der unbe­se­hen den „Wohl­stand“ der Indu­strie-Natio­nen anstreben.

Die­ser Raub­bau an den fos­si­len Res­sour­cen ist nur zu einem gerin­gen Teil durch den Anstieg der Welt­be­völ­ke­rung ver­ur­sacht, der Löwen­an­teil geht auf die Indu­stria­li­sie­rung und den hohen Lebens­stand­art in den sog. Wohl­stands­län­dern. Ver­glei­chen Sie nur die Aus­rü­stung eines nor­ma­len Haus­hal­tes mit tech­ni­schen Ein­rich­tun­gen vor etwa 50 bis 60 Jah­ren und heu­te. Öl- bzw, Gas­hei­zun­gen, Elek­tro­her­de, Kühl­schrän­ke, Gefrier­tru­hen, Wasch­ma­schi­nen, Wäsche­trock­ner, Staub­sauger, Fern­se­her, Com­pu­ter usw., all dies gehör­te noch nicht zur Stan­dard­aus­rü­stung eines Haus­halts. Die­se Din­ge wur­den erst in den Fol­ge­jah­ren in der Brei­te ein­ge­führt, und sie wur­den immer lei­stungs­stär­ker. Wir sind heu­te umge­ben von einem Heer von Tech­nik­skla­ven die uns das Leben erleich­tern. Das alles benö­tigt aber viel Energie.

Die welt­wei­ten Trans­port­lei­stun­gen sind explo­diert, eine zwangs­läu­fi­ge Fol­ge der Glo­ba­li­sie­rung. Dadurch ist aber auch unse­re Erwar­tungs­hal­tung an ein stän­dig ver­füg­ba­res Waren­an­ge­bot sowie das Tou­ris­mus­an­ge­bot gestie­gen. Im Janu­ar fri­sche Erd­bee­ren aus Chi­le, Äpfel aus Neu­see­land, Wein aus Austra­li­en und Kali­for­ni­en. Müs­sen wirk­lich Pro­duk­te um den hal­ben Erd­ball trans­por­tie­ren wer­den, die wir genau­so gut aus hei­mi­scher Pro­duk­ti­on haben kön­nen. Nur eben nicht das gan­ze Jahr. Aber muss das sein? Statt ein­mal Cam­ping­ur­laub in Ita­li­en muss es heu­te 2mal im Jahr eine Rei­se um den hal­ben Erd­ball mit Auf­ent­halt im 5‑Sternehotel sein.

Dies alles wird letzt­lich mit der Ener­gie der fos­si­len Ener­gie­trä­ger Koh­le, Öl und Gas betrie­ben. In den letz­ten 100 Jah­ren haben wir hier­von bereits so viel ver­brannt, wie durch natür­li­che Pro­zes­se in 100 Mil­lio­nen Jah­ren ent­stan­den ist (s.a. Kapi­tel 12), mit stei­gen­der Ten­denz. Die Fol­gen durch die­se Ver­bren­nungs­pro­zes­se sind inzwi­schen unübersehbar:

- Ein­griff auf vie­le natür­li­che Kreis­läu­fe, ins­be­son­de­re auf den glo­ba­len CO₂ Kreis­lauf mit lang­fri­sti­gem Ein­fluss auf das glo­ba­le Kli­ma, heu­te schon erkenn­bar an der Zunah­me von Extrem-Wet­ter­la­gen und deren Heftigkeit.

- Ver­än­de­rung der Gewäs­ser­öko­lo­gie bis hin zum umkip­pen, durch das Auf­hei­zen mit der Abwär­me der gro­ßen Dampf­kraft­wer­ke (s.a. Kapi­tel 10).

- Ein­fluss auf das Klein­kli­ma in den Bal­lungs­ge­bie­ten, durch die, in die Atmo­sphä­re abge­führ­te, Abwär­me sowie Ver­un­rei­ni­gung und Trü­bung der Luft durch die bei der Ver­bren­nung ent­ste­hen­den Schmutzpartikel.

- Die lebens­feind­li­chen Schad­stof­fe die bei der För­de­rung der fos­si­len Ener­gie­trä­gern zwangs­läu­fig mit zu Tage geför­dert wer­den, wie Schwe­fel, Queck­sil­ber und son­sti­ge Schwer­me­tal­le. Nach neue­sten Unter­su­chun­gen ist die zuläs­si­ge Queck­sil­ber­be­la­stung der Fluss­fi­sche in Rhein, Elbe und Donau dau­er­haft über­schrit­ten. 2/3 der Queck­sil­ber­emis­sio­nen in Deutsch­land stam­men aus der Koh­le­ver­bren­nung der gro­ßen Koh­le­kraft­wer­ke (Ver­öf­fent­licht in der Sen­dung „Quer“ des Bay­ri­schen Fern­se­hens vom 18.6.15. Abzu­ru­fen in der BR-Media­thek , s.a. Kapi­tel 13 und 15).

- Die direk­te Zer­stö­rung gro­ßer Land­schaf­ten und Öko­sy­ste­me durch den Tage­bau sowie die indi­rek­ten sog. Berg­schä­den durch den Untertage-Bergbau.

- Hin­zu kom­men noch erheb­li­che Risi­ken durch den Betrieb hoch­kom­ple­xer tech­ni­scher Syste­me, sowie die tota­le Abhän­gig­keit unse­rer gesam­ten Infra­struk­tur von sol­chen Syste­men (s.a. Kapi­tel 24 bis 29).

Der Fra­ge, ob wir uns sol­che, lei­der erst jetzt erkenn­ba­ren Fol­gen wei­ter­hin lei­sten kön­nen, kön­nen wir nicht län­ger aus­wei­chen. Fort­set­zung in der näch­sten Folge.

Die­ter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www​.bfb​-ener​gie​.de

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