Grü­nen-Lan­des­vor­sit­zen­der Eike Hal­litz­ky zu Gast in Bamberg

Frei­han­del: ja, TTIP: nein

Eike Hallitzky

Eike Hal­litz­ky

„Frei­han­del ist dazu da, den Men­schen zu die­nen und nicht umge­kehrt.“ Die­ses Bekennt­nis stell­te der Baye­ri­sche Grü­nen-Chef Eike Hal­litz­ky an den Beginn sei­ner Rede vor gut 50 Mit­dis­ku­tan­ten im Bam­ber­ger Tou­ri­sten­zen­trum. Bei dem der­zeit hef­tig umstrit­te­nen Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen USA und EU gehe es nicht um eine Ver­rin­ge­rung von Zöl­len son­dern dar­um, dass natio­na­le gesetz­li­che Stan­dards vom Umwelt bis zum Ver­brau­cher­schutz durch ein inter­na­tio­na­les Abkom­men aus­ge­he­belt wer­den. „Und dies für nichts,“ so Hal­litz­ky. „Mess­ba­re Wachs­tums­ef­fek­te wird es durch die­se Abkom­men nicht geben, das haben mitt­ler­wei­le sogar die Befür­wor­ter zuge­ben müs­sen.“ Inter­es­se an dem Abkom­men hät­ten nur zwei Grup­pen: „Regie­run­gen und Groß­kon­zer­ne. Die einen träu­men von einem geo­po­li­ti­schen Macht­zu­wachs des trans­at­lan­ti­schen Rau­mes. Die ame­ri­ka­ni­schen und euro­päi­schen Kon­zer­ne erhof­fen sich von TTIP Auf­trieb für ihren unter­neh­me­ri­schen Expansionskurs.

Rechts­staat wird ausgehebelt

Drei zen­tra­le Aspek­te sind es, die für Hal­litz­ky eine Zustim­mung der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zu dem Abkom­men unmög­lich machen. „Erstens ist die Ent­ste­hung des Abkom­mens völ­lig unde­mo­kra­tisch. Es darf doch nicht sein, dass die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger als Quell demo­kra­ti­scher Macht völ­lig aus­ge­grenzt wer­den aus den TTIP-Ver­hand­lun­gen, wäh­rend die Ver­tre­ter der inter­na­tio­na­len Kon­zer­ne sogar an den Tex­ten des Abkom­mens mit schrei­ben. Selbst die EU-Par­la­men­ta­ri­er sind nicht infor­miert über das, was dort im stil­len Käm­mer­lein mit den Lob­bys aus­ge­mau­schelt wird.“

Das zwei­te „No-Go“ bei TTIP betref­fe die Ein­füh­rung pri­va­ter Schieds­ge­rich­te. Schon heu­te garan­tie­ren welt­weit über 3000 inter­na­tio­na­le Inve­sti­ti­ons­ab­kom­men Kon­zer­nen weit­rei­chen­de Kla­ge­rech­te in einem par­al­le­len, inter­na­tio­na­len Rechts­sy­stem. Ent­stan­den aus dem ver­nünf­ti­gen Bedürf­nis, Inve­sti­tio­nen gegen Will­kür von Staa­ten ohne funk­tio­nie­ren­dem Rechts­sy­stem oder gar von fal­len­den Staa­ten wie Soma­lia abzu­si­chern, haben sich sol­che Abkom­men mitt­ler­wei­le wie eine Kra­ke ver­brei­tet auch in Staa­ten mit funk­tio­nie­ren­den Rechts­sy­ste­men, kri­ti­siert Hal­litz­ky. So ver­kla­ge bei­spiels­wei­se der Tabak­kon­zern Phil­ip Mor­ris die Staa­ten Austra­li­en, Neu­see­land und Uru­gu­ay gegen Warn­hin­wei­se vor den gesund­heit­li­chen Fol­gen des Rau­chens. „In Deutsch­land könn­te etwa ein Gas­kon­zern auf Scha­dens­er­satz allei­ne mit dem Grund kla­gen, dass ein Mora­to­ri­um gegen oder gar ein Ver­bot von Frack­ing erlas­sen wür­de. In Kana­da ist genau das kürz­lich passiert.

Gefahr für die kom­mu­na­le Daseinsvorsorge

Der drit­te Grund für das kla­re Nein der baye­ri­schen Grü­nen zu TTIP sei der Inhalt der Regu­lie­run­gen, so Hal­litz­ky: „ Dazu muss man wis­sen, das TTIP als supra­na­tio­na­les Abkom­men fol­gen­den drei Prin­zi­pi­en gehorcht: Es steht fak­tisch über den natio­na­len Geset­zen, kann in sei­ner Wirk­sam­keit durch natio­na­le Geset­ze nicht beein­flusst wer­den.“ Das sei ja gera­de der Charme von TTIP für die Kon­zer­ne, dass sich aus natio­na­len Geset­zes­än­de­run­gen grund­sätz­lich ein Recht auf die Aus­zah­lung von ent­gan­ge­nen Gewin­nen ablei­ten lässt. „Zum zwei­ten gibt es einen soge­nann­ten Sperr­klin­ken­ef­fekt. Ein­mal ver­ein­bar­te Libe­ra­li­sie­rung-Regeln geben, blei­ben dau­er­haft gül­tig. Das gilt auch für TISA: Was ein­mal pri­va­ti­siert wur­de, kann nicht in die öffent­li­che Hand zurück­ge­ge­ben wer­den – eine gro­ße Gefahr für unse­re kom­mu­na­le Daseins­vor­sor­ge. Zudem wür­de das Abkom­men völ­ker­recht­lich ewig gel­ten ein Aus­stieg ist nicht möglich.

Der Wider­stand wächst

Die baye­ri­schen Grü­nen sehen immer mehr Unter­stüt­zung für ihre kla­re Posi­ti­on zu TTIP. „Je bes­ser die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger infor­miert sind, um so mehr enga­gier­ten sie sich gegen TTIP“, stellt Hal­litz­ky fest. Über zwei Mil­lio­nen wür­den sich mit einer Euro­päi­schen Bür­ger­initia­ti­ve an das Euro­pa­par­la­ment wen­den. „Die Stim­mung dreht sich, wie die Ver­schie­bung der Debat­te um TTIP zeigt. Immer weni­ger Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te wol­len die­ses Abkom­men. Ein­zig die rech­ten Par­tei­en ste­hen noch geschlos­sen dazu, wie die CSU, der offen­sicht­lich der Aus­ver­kauf demo­kra­ti­scher Rech­te egal ist, solan­ge die Selbst­in­sze­nie­rungs­ku­lis­se in Elmau passt.“ An die Auf­for­de­rung des baye­ri­schen Lan­des­vor­sit­zen­den der Grü­nen, am 10.10. zur Groß­de­mon­stra­ti­on „ Für einen gerech­ten Welt­han­del – gegen TTIP“ nach Ber­lin zu kom­men, schloss sich eine inten­si­ve Dis­kus­si­on an.