Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Ein­zig­ar­ti­ge High-Tech-Anla­ge zur Her­stel­lung von Nanofasern

Symbolbild Bildung

Key­lab der Tech­no­lo­gie­Al­li­anz­Ober­fran­ken (TAO) bie­tet neue Per­spek­ti­ven für For­schung und Entwicklung

Nano­fa­sern gel­ten heu­te welt­weit als ein tech­no­lo­gisch hoch­in­ter­es­san­tes Mate­ri­al mit einem brei­ten Spek­trum poten­zi­el­ler Anwen­dun­gen. Um die poly­mer­wis­sen­schaft­li­chen Grund­la­gen die­ser Anwen­dun­gen auf­zu­klä­ren und inno­va­ti­ve Ein­satz­mög­lich­kei­ten zu erpro­ben, bedarf es hoch­wer­ti­ger For­schungs­tech­no­lo­gien. Am Lehr­stuhl für Bio­ma­te­ria­li­en der Uni­ver­si­tät Bay­reuth unter der Lei­tung von Prof. Dr. Tho­mas Schei­bel ist jetzt eine neu ent­wickel­te Zen­tri­fu­gen-Elek­tro­spinn­an­la­ge in Betrieb gegan­gen. Sie erlaubt es mit einer bis­her ein­zig­ar­ti­gen Prä­zi­si­on, fein­ste Nano­fa­sern über lan­ge Zeit­räu­me hin­weg in gro­ßen Men­gen zu spin­nen und punkt­ge­nau auf ver­schie­den­ste Trä­ger-Mate­ria­li­en aufzutragen.

Die Anla­ge bil­det den Kern eines „KeyLabs“ der Tech­no­lo­gie­Al­li­anz­Ober­fran­ken (TAO), in dem sich die Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Bam­berg mit den Hoch­schu­len für ange­wand­te Wis­sen­schaf­ten in Coburg und Hof zusam­men­ge­schlos­sen haben. Prof. Dr. Frank Ficker, Vize­prä­si­dent der Hoch­schu­le Hof für die Berei­che For­schung und Ent­wick­lung, hat gemein­sam mit Prof. Schei­bel den Auf­bau der neu­en Anla­ge initi­iert. „Wir freu­en uns schon dar­auf, die­se span­nen­den For­schungs­po­ten­zia­le gemein­sam mit unse­rem wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuchs zu nut­zen, um neue Ideen in der Faser­for­schung umzu­set­zen oder im Rah­men von Indu­strie­part­ner­schaf­ten an der Ent­wick­lung neu­er Funk­ti­ons­fa­sern zu arbei­ten“, so Prof. Schei­bel. „Uns steht jetzt für die Faser­for­schung eine ein­zig­ar­ti­ge Tech­no­lo­gie zur Ver­fü­gung, wie es sie in ihrer Art nir­gend­wo sonst in Deutsch­land gibt. Der Fir­ma Die­nes, die die Anla­ge sehr sorg­fäl­tig und auf­grund lang­jäh­ri­ger Erfah­run­gen ent­spre­chend unse­ren Wün­schen rea­li­siert hat, dan­ken wir aus­drück­lich für die her­vor­ra­gen­de Kooperation.“

Die Anla­ge wur­de von der Fir­ma Die­nes in Darm­stadt eigens für das neue Key­Lab kon­zi­piert, das sich der­zeit noch an der Inge­nieur­fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Bay­reuth befin­det und ab 2017 im TAO-For­schungs­ge­bäu­de auf dem Cam­pus ange­sie­delt sein wird. Die tech­no­lo­gi­sche Poin­te besteht dar­in, dass in der Anla­ge zwei Kom­po­nen­ten, die für sich bereits bekannt sind, zusam­men­ge­führt und mit­ein­an­der ver­zahnt werden:

  • Eine Zen­tri­fu­ge, die übli­cher­wei­se bei der Pro­duk­ti­on und beim Auf­tra­gen fein­ster Lack-Trop­fen zum Ein­satz kommt, wur­de umge­rü­stet – und zwar so, dass mit ihr aus einer Poly­me­r­lö­sung, bedingt durch eine hohe Zen­tri­fu­gal­kraft, win­zi­ge Faser­an­sät­ze (Koni) gebil­det werden.
  • Unter­halb des Zen­tri­fu­gen­kop­fes befin­det sich ein star­kes elek­tro­ma­gne­ti­sches Feld. Die­ses bewirkt, dass die Fäden beschleu­nigt nach unten in Rich­tung der Gegen­elek­tro­de gezo­gen wer­den. Ein Trä­ger­ma­te­ri­al befin­det sich auf die­ser Gegen­elek­tro­de, um die Wei­ter­ver­ar­bei­tung der nano­me­ter­dün­nen Fasern zu erleich­tern, die sich auf dem Trä­ger als Vlies abschei­den. So ver­bin­det die Anla­ge die Zen­tri­fu­gen­tech­no­lo­gie mit einem Faser­spinn-Know-how, das dem „Elek­tro­spin­nen“ zugrun­de liegt.

Der­zeit arbei­ten die For­schungs­part­ner in Bay­reuth und Hof gemein­sam u.a. an der Ent­wick­lung von Fein­staub­fil­tern auf Basis von Spin­nen­sei­den-Nano­vlie­sen. Sie haben eine weit bes­se­re Luft­durch­läs­sig­keit als her­kömm­li­che Fil­ter. Mit klas­si­schen Elek­tro­spinn-Metho­den konn­ten enor­me Vor­tei­le der elek­tro­ge­spon­ne­nen Spin­nen­sei­den­vlie­se in der Fil­ter­tech­nik gezeigt wer­den. Aller­dings stell­te sich her­aus, dass die ein­ge­setz­ten Metho­den für eine Mas­sen­pro­duk­ti­on nicht unein­ge­schränkt taug­lich sind, was sich durch die Eta­blie­rung der neu­en Metho­de ändert. So ent­stand die Initia­ti­ve, für das Key­Lab der Uni­ver­si­tät Bay­reuth die­se lei­stungs­star­ke Anla­ge zu bauen.

Grund­sätz­lich ist die Zahl der inno­va­ti­ven Anwen­dun­gen, vor allem im Bereich der Fil­ter­tech­no­lo­gie nahe­zu unbe­grenzt. Und auch für die Her­stel­lung von Implan­ta­ten in der rege­ne­ra­ti­ven Medi­zin, bei­spiels­wei­se die Züch­tung von Ner­ven­zel­len, zei­gen sich Ver­bes­se­rungs­an­sät­ze. Der­zeit arbei­tet die Anla­ge noch mit einer bio­ver­träg­li­chen Kunst­stoff­lö­sung aus Poly-Ethy­len-Oxid oder mit Poly­milch­säu­re. Aber schon bald – so ist es geplant – wird sie mit einer Lösung aus Spin­nen­sei­den­pro­te­inen in Betrieb gehen. Dann könn­ten die im TAO-Key­Lab pro­du­zier­ten Nano­fa­sern eine Kom­bi­na­ti­on aus exzel­len­ten mecha­ni­schen Eigen­schaf­ten, Bio­ver­träg­lich­keit und Bio­ab­bau­bar­keit auf­wei­sen, an die kei­ne ande­ren Fasern heranreichen.