Energieerzeugung aus Licht – Internationale Experten trafen sich in Bayreuth und auf Kloster Banz

Symbolbild Bildung

Weltweit arbeitet die Forschung intensiv daran, nachhaltige Energiequellen sowie neue, saubere und effiziente Verfahren für die Energieerzeugung zu erschließen. Eine vielversprechende Forschungsrichtung ist die „Lichternte“. Sie orientiert sich am Vorbild der Pflanzen, die in der Lage sind, mit hoher Effizienz Lichtenergie aufzunehmen, in chemische Energie zu verwandeln und in organischen Molekülen zu speichern. Wie lassen sich diese Prozesse technologisch nachahmen oder sogar übertreffen?

Mit dieser Frage befasste sich ein Treffen führender internationaler Experten vom 8. bis 12. März 2015 auf Kloster Banz. Es war bereits die 5. Konferenz zum Thema „Light Harvesting Processes“, die unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Köhler (Lehrstuhl Experimentalphysik IV, Universität Bayreuth) in dem oberfränkischen Tagungszentrum stattfand. 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 17 Ländern, darunter aus Japan, USA und Australien, nahmen in diesem Jahr daran teil. Sie brachten sehr unterschiedliche Forschungskompetenzen mit – aus der Physik, der Chemie und der Biologie – und konnten gerade deshalb der internationalen Forschung neue Impulse geben.

Aktuelle Forschungsfragen zur „Lichternte“

„Eine zentrale Frage, die uns intensiv beschäftigt hat, ist das immer noch nicht gelöste Rätsel, wie natürlichen Systemen die Anpassung an verschiedene Lichtverhältnisse gelingt“, erklärt Prof. Köhler. „Wolken und Sonnenschein bewirken eine ständig wechselnde Beleuchtung, auf die sich der Lichtsammelapparat einstellt. Pflanzen haben offensichtlich Mechanismen entwickelt, die diesen Apparat sehr genau an die jeweiligen Lichtverhältnisse anpassen und einen geradezu optimalen Photosynthese-Betrieb gewährleisten. Ohne ein solches ‚Feintuning‘ würden photochemische Prozesse in Gang gesetzt, die den ganzen Apparat zerstören können. Wenn wir diese Anpassungsprozesse besser verstehen würden, könnten wir dieses Wissen auch für technische Anwendungen nutzen.“

Ein weiteres Arbeitsfeld, das insbesondere auch an der Universität Bayreuth erforscht wird, bilden die Perowskite. Es handelt sich dabei um anorganische Halbleitersalze, mit denen sich die Effizienz von Lichtsammelapparaten bedeutend steigern lässt. Ein von Prof. Dr. Mukundan Thelakkat an der Universität Bayreuth geleitetes Forschungsprojekt, das vom BMBF gefördert wird, befasst sich derzeit mit der Weiterentwicklung von Perowskit-Hybridsolarzellen, die sich als sehr vielversprechend erwiesen haben. Können biologische und künstlich synthetisierte Materialien in Hybridsystemen zusammengeführt werden, die bei der Energieerzeugung aus Licht leistungsfähiger sind als die in der Natur vorkommenden Systeme?

Wie stark die Theoretische Physik in die Erforschung des „Light Harvesting“ eingebunden ist, zeigte sich nicht zuletzt beim Thema „Kohärenz“. Diese Eigenschaft von Lichtwellen hat, so vermuten einige Forscher, möglicherweise einen wesentlichen Einfluss darauf, wie schnell und mit welcher Effizienz die aus dem Licht der Sonne gewonnene Energie in pflanzlichen Systemen transportiert und in chemische Energie umgesetzt wird. „Ob und wie sich die quantenmechanische Eigenschaft ‚Kohärenz‘ auf die Photosynthese auswirkt und wie dieses Phänomen theoretisch einzuordnen ist, wird derzeit sehr kontrovers diskutiert. Auch Arbeitsgruppen an der Universität Bayreuth sind mit dieser Problematik konfrontiert“, berichtet Prof. Köhler.

Eine Vorkonferenz für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Bayreuth

Während der „Lichternte“-Konferenz auf Kloster Banz war auch der wissenschaftliche Nachwuchs aus Bayreuth präsent. Im November 2014 hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) entschieden, das Graduiertenkolleg 1640 „Photophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme“ an der Universität Bayreuth bis 2019 weiter zu fördern. Mehr als 25 junge Forscherinnen und Forscher arbeiten hier im Rahmen ihrer Dissertationen an physikalischen, chemischen und biologischen Fragen, die für innovative Formen der Energieerzeugung hochrelevant sind. Alle Mitglieder des Graduiertenkollegs und namhafte internationale Gäste aus den USA trafen sich in der ersten Märzwoche an der Universität Bayreuth zu einer ‚Vorkonferenz‘. Auch hier stand das Thema ‚Lichternte‘ im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Erfahrungsaustausches.

Neue Solartechnologien im Fokus des Bayerischen Forschungsverbunds SolTech

Ein Höhepunkt der Konferenz „Light Harvesting Processes“ war eine gemeinsame Veranstaltung mit dem 4. internationalen Workshop “Solar Technologies Go Hybrid (SolTech)“ der vom 12. bis 14. März 2015 auf Kloster Banz folgte. SolTech ist ein Bayerischer Forschungsverbund, den die Bayerische Staatsregierung vor drei Jahren im Rahmen der Energiewende initiiert hat. „Was diesen Verbund auszeichnet, ist der einzigartige Pioniergeist seiner Mitglieder, die gemeinsam die Entwicklung innovativer Solartechnologien voranbringen wollen“, sagt Prof. Dr. Mukundan Thelakkat, der für 2015 die Koordination von SolTech übernommen hat.

Experten aus fünf bayerischen Universitäten, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Studierende erörterten auf Kloster Banz aktuelle Forschungs- und Entwicklungsfragen auf den Gebieten der Photovoltaik und der Speicherung von Solarstrom. 27 Vorträge und 70 Poster-Präsentationen stellten aktuelle Ergebnisse vor und setzten lebhafte Diskussionen in Gang. „Das Treffen war eine exzellente Gelegenheit, den neuesten Forschungsstand in zentralen Bereichen der Solartechnik kennen zu lernen. Wir konnten die sich daraus ergebenden Perspektiven der Energiegewinnung mit führenden internationalen Experten erörtern“, berichtet Prof. Thelakkat, der an der Universität Bayreuth eine Arbeitsgruppe für Angewandte Funktionspolymere leitet. „Darüber hinaus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bayerischer Universitäten die Tagung genutzt, um gemeinsame Forschungsprojekte auf den Weg zu bringen, die interdisziplinär angelegt sind und Grundlagen- mit Anwendungsforschung verbinden. Am Ende dieses Treffens war klar: Die internationale Forschung zur Energiegewinnung aus Licht gewinnt weiter an Fahrt“, so der Bayreuther Wissenschaftler.