N‑Ergie zur Dis­kus­si­on um Strom­lei­tun­gen: „Dezen­tra­le Erzeu­gung in Fra­ge gestellt“

„HGÜ-Lei­tun­gen machen Bemü­hun­gen überflüssig“

Der Aus­bau der dezen­tra­len Ener­gie­er­zeu­gung ist in den letz­ten Jah­ren zügig vor­an­ge­kom­men: Allein im Ver­sor­gungs­ge­biet der N‑ERGIE Akti­en­ge­sell­schaft spei­sen der­zeit über 45.000 EEG-Anla­gen mit einer instal­lier­ten Lei­stung von fast 2.000 Mega­watt ein. Im Jahr 2014 wur­den noch­mals rund 2.000 neue Anla­gen gebaut und an das Netz angeschlossen.

„Die Zah­len zei­gen deut­lich, dass die Idee der dezen­tra­len Erzeu­gung als Teil der Ener­gie­wen­de in die Rea­li­tät umge­setzt wird“, erklärt Josef Has­ler, Vor­stands­vor­sit­zen­der der N‑ERGIE Akti­en­ge­sell­schaft. „Es macht durch­aus Sinn, Strom dort zu pro­du­zie­ren, wo er auch ver­braucht wird – beson­ders in Kom­bi­na­ti­on mit Maß­nah­men zur Fle­xi­bi­li­sie­rung von Erzeu­gung und Verbrauch.“

Doch der geplan­te Aus­bau des Strom­über­tra­gungs­net­zes läuft die­sem Ziel der Dezen­tra­li­sie­rung kon­trär ent­ge­gen. „Wenn die HGÜ-Lei­tun­gen gebaut wer­den, geht der regio­na­le Ansatz der Ener­gie­wen­de ver­lo­ren. Die HGÜ-Lei­tun­gen die­nen in erster Linie dazu, den euro­pa­wei­ten Strom­trans­port und ‑han­del zu ermög­li­chen: Die Pla­nun­gen sind auf den EU-Bin­nen­markt ausgelegt.“

Die Ent­schei­dung für einen bin­nen­markt­ge­trie­be­nen Aus­bau des Über­tra­gungs­net­zes wür­de für die näch­sten Jahr­zehn­te eine feste Struk­tur auf­bau­en, in der neue und inno­va­ti­ve regio­na­le Ver­sor­gungs­kon­zep­te und Inno­va­tio­nen deut­lich weni­ger Chan­cen hät­ten. Anrei­ze für eine loka­le Opti­mie­rung über die Nut­zung von Fle­xi­bi­li­tät aus Spei­chern, Last­ma­nage­ment sowie KWK als zukünf­ti­ge Alter­na­ti­ve zu einem Netz­aus­bau wären nicht mehr gegeben.

Has­ler wei­ter: „Mit einer Ent­schei­dung für die HGÜ-Lei­tun­gen ent­zieht man der Ener­gie­wen­de die Sinn­haf­tig­keit und bringt die erbrach­ten gesamt­ge­sell­schaft­li­che Anstren­gun­gen zum Erlie­gen. Alle Bür­ger und Kom­mu­nen, alle Unter­neh­men und Bezir­ke, die bis­her in die dezen­tra­le Erzeu­gung erneu­er­ba­rer Ener­gien inve­stiert haben, müss­ten sich dann fra­gen, wie sinn­voll ihr Enga­ge­ment letzt­end­lich war.“

Zwei­tei­lung des deut­schen Strommarktes?

In die aktu­el­le Dis­kus­si­on über den Aus­bau des Über-tra­gungs­net­zes wird ver­mehrt das Argu­ment ein­ge­bracht, ein redu­zier­ter oder zeit­lich ver­zö­ger­ter Aus­bau der Über­tra­gungs­net­ze nach Bay­ern füh­re zu zwei unter­schied­li­chen Preis­zo­nen mit höhe­ren Strom­prei­sen für Ver­brau­cher in Süddeutschland.

„Das ist wei­ter­hin nicht mehr als eine Annah­me“, stellt Has­ler fest. „Selbst wenn es zu einer Zwei­tei­lung des deut­schen Strom­mark­tes kom­men soll­te, steht jetzt noch nicht fest, ob die Strom­prei­se im Süden Deutsch­lands dann tat­säch­lich höher lie­gen als im Norden.“

Die Aus­prä­gung von unter­schied­li­chen Preis­zo­nen kann unter Umstän­den sogar sinn­voll sein, wenn durch die unter­schied­li­chen Prei­se Anrei­ze geschaf­fen wer­den, Erzeu­gungs­ka­pa­zi­tä­ten in Zonen mit höhe­ren Prei­sen zu instal­lie­ren. Dies hängt stark vom zukünf­ti­gen Markt­de­sign und den Markt­me­cha­nis­men ab, die der­zeit noch nicht vor­her­seh­bar sind.