ADFC-Fahrradklimatest attestiert der Stadt Bamberg nur mittelmäßige Noten
Förderung des Radverkehrs im Schneckentempo?
Die Förderung des Fahrradverkehrs in Bamberg stagniert – dieses Gefühl hat nicht nur die GAL-Stadtratsfraktion, dies ist auch das Ergebnis des jüngsten Fahrradklimatests. Dieser wird alle zwei Jahre vom ADFC als Umfrage in ganz Deutschland durchgeführt. 414 TeilnehmerInnen beurteilten im vergangenen Jahr die Radfahr-Situation in ihrem Wohnort Bamberg und bewerteten diese mit Schulnoten.
Dass Bamberg dabei im durchschnittlichen Mittelfeld gelandet ist – Gesamtnote 3,77 – und bei 100 Städten zwischen 50.000 und 100.000 EinwohnerInnen nur auf Platz 45 kam, drei Plätze weiter hinten als 2012, veranlasst nun GAL-Stadtrat Peter Gack, einen Antrag zu stellen. „Der Stadtrat selbst hat sich mit seiner so genannten Radverkehrsstrategie zum Ziel gesetzt, den Anteil des Radverkehrs von 22% (Stand 2005) auf 25% im Jahr 2013 und auf 30% im Jahr 2020 zu steigern“, erinnert er an einen Stadtratsbeschluss vor drei Jahren. „So werden wir das aber nicht schaffen.“
Schlechte Noten erhielten in Bamberg vor allem die Fragen nach der Kontrolle von motorisierten Falschparkern auf Fahrradwegen, die Breite der Radwege und die Verkehrsumleitung für RadlerInnen bei Baustellen. Positiv bewertet wurden die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und die Möglichkeit, zügig Fahrrad zu fahren. Auch hatten die Befragten den Eindruck, dass viele Menschen in Bamberg das Fahrrad als Fortbewegungsmittel nutzen.
Die größte Notenverschlechterung im Vergleich zur Befragung 2012 hat sich bei der „Werbung für den Fahrradverkehr“ ergeben, was Peter Gack als „geradezu peinlich“ angesichts der offiziellen Ziele der Bamberger Radverkehrsförderung bezeichnet. In seinem Antrag fragt er nun nach dem aktuellen Radverkehrsanteil, nach den 2015 vorgesehenen Maßnahmen und nach dem schon länger geplanten Fahrradverleihsystem.
Es ist geradezu beschämend: Die Stadt Bamberg selbst wagt offenbar nicht, sich zum Ergebnis des Fahrradklimatests zu äußern.
Eine selbstbewußte Stadtverwaltung, ein seines Kurses sicherer Oberbürgermeister träte an die Öffentlichkeit. Entweder begründeten sie, weshalb sie eine dermaßen offensichtlich fahrradfeindliche Verkehrspolitik verfolgen. Oder sie griffen die Defizite offensiv auf und erläuterten nachvollziehbar, wie sie sie angehen wollen.
Doch nichts von alledem!
Daß ihre Auto-Vorrang-Position nicht mehr politikfähig ist, haben sie wohl eingesehen. Da sie von ihr aber auch nicht abgehen wollen, können sie keine Abhilfe zusagen.
Schon die 2012 beschlossene Radverkehrsstrategie ist nur eine Sammlung unverbindlicher Absichtserklärungen, deren etliche auch schon wieder einkassiert worden sind. Dort genannte Kooperationspartner entstammen ausnahmslos dem Umfeld der Autolobby – die Interessenverbände des nicht motorisierten Verkehrs wurden kaltlächelnd ignoriert.
Leider zeigt die übergroße Mehrheit im Stadtrat auch kein Interesse am Thema, schon gar nicht am benötigten Fachwissen. Wie sonst könnte es sein, daß die städtischen Ämter die Kommunalpolitiker immer wieder auf dem intellektuellen Niveau einer Stammtischdiskussion zufriedenstellen können?
In Bamberg sind Kommunalpolitik und Stadtverwaltung zu feige, das beschämende Ergebnis des jüngsten Fahrradklimatests, eine schlechte 4 plus, öffentlich zu diskutieren. Das Verkehrsmittel Fahrrad aktiv zu befördern, ist man auch nicht bereit.
Erlangen, in seiner Größenkategorie bestbenotete Kommune, hat hingegen erkannt, daß man sich auf der alles andere als glorreichen 3 minus nicht ausruhen darf. Die „Sieger“ in den anderen Kategorien, allesamt aus Nordrhein-Westfalen, erreichten Werte von 2 bis 2,5. Pro Einwohner und Jahr sollen 13 bis 18 Euro für den Radverkehr aufgebracht werden. Eines der wesentlichen Ziele ist die weitere Stärkung des Alltagsverkehrs mit dem Rad:
http://ratsinfo.erlangen.de/bi/vo0050.php?__kvonr=2127073
Bamberg hatte in seiner gehaltsarmen „Radverkehrsstrategie“ vor knapp drei Jahren immerhin 5 Euro ins Auge gefaßt gehabt. Tatsächlich ausgegeben wurde nur ein Bruchteil – und davon vieles für sinnlose bzw. zweckentfremdende Maßnahmen:
* Markierung von überflüssigen Einfahrgassen in gegenläufig freigegebene Einbahnstraßen, die kaum Lenkerbreite aufweisen und unmittelbar auf ausgewiesene Kfz-Stellplätze, gar Behindertenparkplätze führen;
* Anbringung der Geisterradlerwarnschilder, teils an Schildermasten, die auf (!) dem Radweg stehen – warum Radler die Fahrbahnquerung scheuen, wurde hingegen nie hinterfragt;
* Wo es nachweislich gefährlich ist, linksseitig auf dem Radweg zu fahren, wird es eigens angeordnet (Magazinstraße, Regensburger Ring – es gab bereits mehrere Unfälle) – dort versuchte man, wieder aus dem Fahrradetat, durch das an Kreuzungen und Einmündungen nicht (!) zulässige Warnschild „Radfahrer“ die rechtswidrige Benutzungspflicht zu „entschärfen“.
* Der hochgefährliche „Schutzstreifen“ auf der Pfisterstraße und der vorgesehene auf dem Laubanger haben den Zweck, die Radler weitestmöglich an den Rand zu drängen. In Kauf genommen wird (angesichts zahlreicher Warnungen muß man behaupten: bewußt!), daß zu wenig Abstand zum Bordstein oder Parkstreifen verbleibt und Autofahrer durch die „trennende“ Markierung (12 cm) ermutigt werden, ohne ausreichende seitliche Distanz zu überholen. Durch die Rechtsprechung sind mindestens 1,5 bis 2 m vorgeschrieben.
Woher also Bamberg den Mut nimmt, sich als „fahrradfreundlich“ einzustufen (Radverkehrsstrategie), wird zunehmend rätselhafter – zumal nicht eine Radverkehrsanlage den rechtlichen und fachlichen Anforderungen genügt.