Uni­ver­si­tät Bay­reuth: „Wel­che psy­cho­lo­gi­schen Fak­to­ren bestim­men eine öko­lo­gi­sche Lebensweise?“

Symbolbild Bildung

Empi­ri­sche Stu­die unter­sucht Ein­flüs­se von Umwelt­wis­sen und Ein­stel­lun­gen zur Natur auf indi­vi­du­el­les Verhalten

Wel­che intel­lek­tu­el­len und emo­tio­na­len Fak­to­ren müs­sen geför­dert wer­den, damit Men­schen sich umweltgerecht(er) ver­hal­ten und sich ins­ge­samt um einen öko­lo­gisch ver­ant­wor­tungs­vol­len Lebens­stil bemü­hen? Mit die­ser For­schungs­fra­ge hat sich eine inter­na­tio­na­le For­schungs­grup­pe um Prof. Dr. Franz Bogner von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth in einer Stu­die befasst, die in der Fach­zeit­schrift „Envi­ron­ment & Beha­vi­or“ erschie­nen ist. Die Unter­su­chung knüpft an ein ganz­heit­li­ches Modell an, wonach meh­re­re auf­ein­an­der bezo­ge­ne Fähig­kei­ten dazu füh­ren, dass indi­vi­du­el­les Ver­hal­ten ein­zel­nen öko­lo­gi­schen Stan­dards ange­passt und dar­über hin­aus eine öko­lo­gi­sche Lebens­wei­se ange­strebt wird.

Die empi­ri­sche Stu­die wur­de von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, der Otto-von-Gue­ricke-Uni­ver­si­tät Mag­de­burg und der Ber­ke­ley Uni­ver­si­ty in den USA erar­bei­tet. Sie soll eini­ge grund­le­gen­de Annah­men über­prü­fen, die den Zusam­men­hang von Umwelt­wis­sen, Ein­stel­lung zur Natur und tat­säch­li­chem Ver­hal­ten betref­fen und einem in der For­schung ver­brei­te­ten psy­cho­me­tri­schen Modell zugrun­de lie­gen. Rund 1.900 Schü­le­rin­nen und Schü­ler der Jahr­gangs­stu­fen 6 bis 8 nah­men an der Befra­gung teil. Das Umwelt­wis­sen wur­de dabei genau­er auf­ge­schlüs­selt: Das Wis­sen über Zusam­men­hän­ge in Umwelt­sy­ste­men (z.B. hin­sicht­lich der Wir­kung von Treib­haus­ga­sen) ist nicht das glei­che wie das Wis­sen, das sich auf kon­kre­te Ver­hal­tens­wei­sen (z.B. die Ent­sor­gung von Bat­te­rien) bezieht; und es ist eben­so von einem Wis­sen zu unter­schei­den, bei dem es um Fra­gen der Effi­zi­enz (z.B. bei der Nut­zung von Ener­gie) geht.

Wie die empi­ri­sche Ana­ly­se zeig­te, ist Umwelt­wis­sen allein noch kei­ne hin­rei­chen­de Basis für eine öko­lo­gi­sche Lebens­wei­se. Die stärk­ste moti­vie­ren­de Kraft ist viel­mehr eine posi­ti­ve indi­vi­du­el­le Ein­stel­lung zur Natur, die sich bei den befrag­ten Schü­le­rin­nen und Schü­lern unter ande­rem in ihrem Ver­hal­ten gegen­über Tie­ren oder gegen­über ästhe­tisch ein­drucks­vol­len Natur­er­eig­nis­sen aus­drück­te. Zwi­schen einer posi­ti­ven Ein­stel­lung zur Natur und einem aus­ge­präg­ten Wis­sen über Umwelt­sy­ste­me besteht, wie die Unter­su­chung eben­falls zeig­te, ein deut­li­cher Zusam­men­hang. „Ent­we­der weckt eine natur­freund­li­che oder sogar natur­be­gei­ster­te Ein­stel­lung das Bedürf­nis, mehr über die Zusam­men­hän­ge in Öko­sy­ste­men zu erfah­ren; oder es ist umge­kehrt so, dass ein sol­ches Wis­sen die Men­schen in ihrer Wert­schät­zung der Natur bestärkt“, meint Prof. Bogner.

Über­ra­schend war für die For­schungs­grup­pe, dass sich die posi­ti­ve Ein­stel­lung zur Natur – obwohl sie die Bereit­schaft zu einer öko­lo­gi­schen Lebens­wei­se stärkt – nicht signi­fi­kant auf das Wis­sen über kon­kre­te Ver­hal­tens­wei­sen aus­wirkt. Wie es scheint, erzeugt sie allen­falls nur ein schwa­ches Bedürf­nis nach Infor­ma­tio­nen über umwelt­ge­rech­te Hand­lungs­mög­lich­kei­ten. Und noch ein wei­te­res Ergeb­nis war so nicht erwar­tet wor­den: Öko­lo­gisch bewuss­tes Han­deln wird durch Umwelt­wis­sen, das Effi­zi­enz­fra­gen betrifft, durch­aus deut­lich gestärkt. Wer weiß, wie man auf intel­li­gen­te Wei­se Ener­gie oder Roh­stof­fe spart, ist offen­bar auch stär­ker dazu moti­viert, sich im All­tag ent­spre­chend zu verhalten.

Der Ein­fluss des Umwelt­wis­sens auf das tat­säch­li­che Ver­hal­ten der Schü­le­rin­nen und Schü­ler ist zwar deut­lich stär­ker als bis­he­ri­ge Stu­di­en behaup­tet haben, aber ins­ge­samt eher schwach aus­ge­prägt. Eine Ursa­che hier­für – so ver­mu­tet die For­schungs­grup­pe – könn­te dar­in lie­gen, dass Zusam­men­hän­ge zwi­schen Wis­sen und Ver­hal­ten in den Fra­ge­bö­gen nur unzu­rei­chend berück­sich­tigt wur­den. Eine wei­te­re Ursa­che könn­te dar­in lie­gen, dass zahl­rei­che Schü­le­rin­nen und Schü­ler man­che wis­sens­be­zo­ge­nen Fra­gen als wenig hand­lungs­re­le­vant emp­fun­den haben – ins­be­son­de­re des­halb, weil ihnen man­che All­tags­er­fah­run­gen auf­grund ihres Alters noch feh­len. „Die Stu­die ermu­tigt uns, unse­re Bemü­hun­gen um eine mög­lichst rea­li­sti­sche Model­lie­rung der intel­lek­tu­el­len und emo­tio­na­len Vor­aus­set­zun­gen einer öko­lo­gi­schen Lebens­wei­se fort­zu­set­zen. Denn die Ergeb­nis­se sind eine wert­vol­le Unter­stüt­zung, wenn es dar­um geht, erfolg­rei­che Unter­richts-Kon­zep­te im Umwelt­be­reich zu ent­wickeln“, so Prof. Bogner.

Ver­öf­fent­li­chung:

Nina Roc­zen, Flo­ri­an G. Kai­ser, Franz X. Bogner, and Mark Wilson,
A Com­pe­tence Model for Envi­ron­men­tal Education,
Envi­ron­ment and Beha­vi­or 2014, Vol. 46(8), pp 972 – 992.

För­de­rung:

Die Unter­su­chung wur­de aus dem DFG-Schwer­punkt­pro­gramm 1293 „Kom­pe­tenz­mo­del­le zur Erfas­sung indi­vi­du­el­ler Lern­ergeb­nis­se und zur Bilan­zie­rung von Bil­dungs­pro­zes­sen“ gefördert.