HWK startet Kampagne für berufliche Bildung

Herausforderungen 2015

Präsident Thomas Zimmer, Geschäftsführer Rainer Beck, Vizepräsident Matthias Graßmann, Geschäftsführer Dr. Bernd Sauer und Hauptgeschäftsführer Thomas Koller. Foto: Fuchs.

Präsident Thomas Zimmer, Geschäftsführer Rainer Beck, Vizepräsident Matthias Graßmann, Geschäftsführer Dr. Bernd Sauer und Hauptgeschäftsführer Thomas Koller. Foto: Fuchs.

Der Rückgang der Lehrlingszahlen war 2014 geringer als befürchtet. 2565 neue Ausbildungsverträge wurden bis zum 31.12.2014 unterzeichnet, das sind zwar 65 mehr, als zu Jahresbeginn erwartet, aber auch 78 weniger, als im bereits rückläufigen Jahr 2013. Um gegen diesen Trend zu steuern, hat die Handwerkskammer für Oberfranken jetzt die Kampagne für berufliche Bildung gestartet. Das gab Präsident Thomas Zimmer beim Jahrespressegespräch am 20. Januar in Wartenfels bekannt. „Die Kampagne der beruflichen Bildung ist das Leitthema für praktisch alle Aktionen und Veranstaltungen der Handwerkskammer für Oberfranken.“

Aktionen und Maßnahmen im Jahr der beruflichen Bildung 2015 sind:

Der neue Imagefilm des deutschen Handwerks ist im Januar und Februar in allen oberfränkischen Kinos zu sehen. Der Slogan des Films lautet: „Die Welt war noch nie so unfertig – Pack mit an!“. Parallel dazu findet in allen oberfränkischen Städten eine umfangreiche Plakatierungsaktion mit den neuen Motiven der Imagekampagne statt. Das Motto der Imagekampagne des deutschen Handwerks für 2015 lautet: Leidenschaft ist das beste Werkzeug. Neu ist dabei vor allem, dass in diesem Jahr erstmals auch regionale Motive eingesetzt werden.

Abklatschen! Azubis suchen einen Nachfolger: diese Aktion soll das ganze Jahr laufen. „Der Grundgedanke ist“, so Zimmer weiter, „dass offene Lehrstellen über Menschen, und damit viel persönlicher, emotionaler und direkter dargestellt werden, analog dem Perspektivenwechsel der Imagekampagne des Deutschen Handwerks. Und zwar durch die Menschen, die diese Lehrstelle gerade ausfüllen, aber bald ihren Gesellenbrief haben und deswegen ihre Lehrstelle jetzt an den nächsten „abklatschen wollen“. In die Aktion werden also die Chefs, und die Junghandwerker und Lehrlinge kurz vor dem Abschluss ihrer Lehre einbezogen, so bekommen die Lehrstellen ein Gesicht.“

Lebenslinien Handwerk ist eine zweite große Aktion, die im Jahr 2015 gestartet wurde, so Zimmer: “ Auch für diese Aktion wählen wir einen persönlichen, emotionalen und direkten Anspracheweg und portraitieren Personen aus dem Handwerk, die etwas Besonders sind oder etwas Besonderes machen, wie z. B. unsere PLW Landes- und Bundessieger. Wir brauchen im Handwerk Vorbilder. Coole Handwerker, die man bewundert, die Ausstrahlung haben und bei denen man neugierig wird, was sie machen und warum sie es mit großer Leidenschaft tun.“

Diese perfekt ausgebildeten Junggesellen sind auch Paradebeispiele dafür, warum es so wichtig ist, bei der EU für den Erhalt des Meisterbriefes zu kämpfen, so Zimmer weiter. Dazu kommen außerdem noch die sehr erfolgreichen Berufsmessen Handwerk wie auch die mittlerweile 529 Handwerkspaten, die in den Schulen aktiv für ihren Beruf werben.

„Der Meisterbrief steht als Voraussetzung für hohe Ausbildungsleistung, nachhaltiges Unternehmertum, hohe Dienstleistungsqualität und für gelebten Verbraucherschutz. Wir haben uns im Frühjahr letzten Jahres einer Postkartenaktion für den Erhalt des Meisterbriefes angeschlossen und mittlerweile allein in Oberfranken knapp 4.000 Postkarten gesammelt. Mit der Befürwortung von Bundestag und Bundesrat haben wir ja zum Glück die Zustimmung des deutschen Parlaments im Rücken.“ (siehe Foto) Die Postkarten sollen im Frühjahr in Brüssel übergeben werden.

Auch im Jahr 2015 wird sich das oberfränkische Handwerk alten und neuen Herausforderungen stellen müssen. Sechs Themenblöcke seien hier von besonderer Bedeutung, stellte Hauptgeschäftsführer Thomas Koller dar.

Dazu zählen die Sicherung des Fachkräftebedarfs, die Erschließung neuer Geschäftsfelder für das Handwerk, die Deckelung der Betriebskosten, die Nutzung der Digitalisierung, die Minderung der Bürokratiebelastungen und nicht zuletzt die Sicherung der Unternehmensnachfolge der wirtschaftlich tragfähigen Betriebe.

„Die Voraussetzungen diese Herausforderungen zu meistern sind gut“, so Koller. „Das Handwerk blickt zuversichtlich in die Zukunft und kann hohe Kompetenzen aufweisen. So ist es der Ausrüster der Energiewende, es sichert die Mobilität, vor allem die wachsende E-Mobilität oder es stärkt auch regionale Wertschöpfungsketten.“

Auch die Perspektiven durch die berufliche Bildung sind hervorragend und eine echte Alternative zu Abitur und Hochschule. Denn: ein Handwerker kann durch die berufliche Weiterbildung das gleiche Niveau im europäischen Qualifikationsrahmen erreichen wie ein Akademiker. Auch im Gehalt unterscheiden sich beide Karrierewege kaum. Ein Handwerksmeister kommt im Laufe seines beruflichen Werdegangs auf nahezu den gleichen Bruttolebensverdienst wie ein Fachholschulabsolvent.

„Die Bildungsströme laufen allerdings in die falsche Richtung“, erklärte der Hauptgeschäftsführer. „Angebot und Nachfrage klaffen zu sehr auseinander und junge Menschen werden nicht nach den Bedürfnissen der Wirtschaft ausgebildet. In Oberfranken brauchen wir in erster Linie beruflich qualifizierte Fachkräfte, keine Akademiker!“, brachte es Thomas Koller auf den Punkt.

Doch auch der Übergang ins Rentensystem muss flexibilisiert werden, damit der Fachkräftebedarf im oberfränkischen Handwerk nachhaltig gesichert werden kann. Das Potenzial des ungedeckten Fachkräftebedarfs steige durch die Senkung des Renteneintrittsalters auf ca. 7.000 Fachkräfte. „Wir brauchen deshalb die Flexirente, höhere Hinzuverdienstgrenzen und eine einfachere Handhabung. Auch für eine Fachkraft, die älter als 63 Jahre ist, muss sich Arbeit noch lohnen. Hier dürfen keine falschen Anreize geschaffen werden“, mahnte Koller.

Ähnliches gelte für Firmenerben. Auch sie bräuchten klare Regeln bei der Übergabe. Thomas Koller: „In den nächsten zehn Jahren stehen in Oberfranken über 4.000 Handwerksbetriebe mit 20.000 Beschäftigten zur Übergabe an. Es entsteht ein großer volkswirtschaftlicher Schaden, wenn es nicht gelingt, die Unternehmensnachfolge von den wirtschaftlich tragfähigen Betrieben zu sichern.“ So fordert das oberfränkische Handwerk, dass bei der Reform des Erbschaftsteuerrechts nur punktuell und aufkommensneutral nachgebessert wird. Außerdem dürfen keine zusätzlichen bürokratischen Belastungen entstehen und die Änderungen sollen nicht rückwirkend angewandt werden. „Werden diese Gesichtspunkte berücksichtigt, herrscht Klarheit für unsere Mitgliedsbetriebe“, unterstrich Koller.

Schlussendlich machte Thomas Koller auch noch auf zwei neue Serviceangebote der Handwerkskammer aufmerksam, die ebenfalls zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen beitragen. Seit diesem Jahr bietet die Handwerkskammer eine Inklusionsberatung an, die die Integration schwerbehinderter Menschen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt fördern soll. Ebenfalls neu ist eine IT-Beratung mit dem Schwerpunkt Digitalisierung, IT-Sicherheit und Cloud-Systeme.

„Das oberfränkische Handwerk ist für die Zukunft gut gerüstet“, fasste Koller seine Ausführungen zusammen.