Sonn­tags­ge­dan­ken: Erquick­li­cher als Licht

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Johann Wolf­gang von Goe­the erdach­te fol­gen­des Gespräch:
„Wo kommst Du her?“ frag­te der König die Schlan­ge. „Aus den Klüf­ten“, erwi­der­te die Schlan­ge: „In denen das Gold wohnt.“ „Was ist herr­li­cher als Gold?“, frag­te der König. „Das Licht“, sag­te die Schlan­ge. „Was ist erquick­li­cher als Licht?“, bohr­te der König nach. „Das Gespräch“, ver­setz­te die Schlange.

Die Schlan­ge gilt in der christ­li­chen Tra­di­ti­on als Sym­bol des Bösen, in ande­ren Kul­tur­krei­sen als Zei­chen der Weis­heit. Die Schlan­ge hat in die­ser klei­nen Geschich­te jeden­falls Recht: Heu­te gilt ja Reich­tum als höch­ster anzu­stre­ben­der Wert, was zu Neid und Mob­bing führt. Wich­ti­ger als mate­ri­el­ler Reich­tum ist die Fähig­keit, die zen­tra­len Fra­gen des Lebens zu beant­wor­ten, die Fra­ge nach dem Sinn, der Ver­ant­wor­tung des Lebens. Das „Licht“, von dem die Schlan­ge spricht, ver­ste­he ich daher als Sinn­bild der Weis­heit. Es genügt eben nicht, sich durchs Leben zu boxen, zu trick­sen. Die Weis­heit aber kön­nen wir nur im Gespräch, in der ehr­li­chen Begeg­nung mit ande­ren fin­den und ver­tei­di­gen. Ich den­ke, wir reden oft über­ein­an­der, anein­an­der vor­bei, las­sen uns über­schwem­men mit einer Sint­flut aus Wort­müll, Tönen und Bil­dern aus allen Radio- und Fern­seh­ka­nä­len. Aber wo bleibt die Fähig­keit zum ech­ten, ehr­li­chen, ver­nünf­ti­gen Gespräch?

Jesus Chri­stus hat viel mit sei­nen Zeit­ge­nos­sen gere­det, mit jun­gen und alten, gesun­den und kran­ken, mit „gläu­bi­gen“ und aso­zia­len Men­schen. Er sprach bild­kräf­tig, mit­rei­ßend. So brau­chen wir in Fami­lie, Schu­le, Büro, im Ver­ein, in der Kir­che eine offe­ne Gesprächs­kul­tur, die sich am Geist des Evan­ge­li­ums ori­en­tiert: Got­tes gren­zen­lo­se Lie­be, Got­tes kla­re Gebo­te sol­len wir nicht den Men­schen an den Kopf wer­fen, son­dern ihnen wie einen Man­tel hin­hal­ten, in den sie schlüp­fen kön­nen. Das Gespräch mit Anders­den­ken­den bewahrt uns Chri­sten vor Erstar­rung und lässt uns auch von ande­ren Reli­gio­nen ler­nen, etwa die ern­ste und beschei­de­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit, mit der vie­le Mos­lems ihren Glau­ben leben.

Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind