Bam­ber­ger Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­ler Rudolf Stö­ber forscht zur poli­ti­schen Inter­es­sens­kom­mu­ni­ka­ti­on im Deut­schen Kaiserreich

Symbolbild Bildung

Rele­vanz für das Hier und Heute

Gesell­schaft­li­cher Wan­del, Moder­ni­sie­rung und poli­ti­sche Umwäl­zun­gen: Die Zeit vor dem Ersten Welt­krieg war geprägt vom Wan­del. Der Bam­ber­ger Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­ler Rudolf Stö­ber unter­sucht in einem drei­jäh­ri­gen Pro­jekt, wie Poli­tik und poli­ti­sche Inter­es­sen im Deut­schen Kai­ser­reich kom­mu­ni­ziert wur­den – und ent­deckt dabei Par­al­le­len zu unse­rer heu­ti­gen Zeit.

Knapp zehn Zen­ti­me­ter hoch ist der Sta­pel Blät­ter, der vor Prof. Dr. Rudolf Stö­ber auf dem Tisch sei­nes Büros liegt. „Das deckt in etwa die Jah­re 1874 bis 1880 ab“, sagt der Inha­ber des Lehr­stuhls für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft an der Uni­ver­si­tät Bam­berg. Stö­ber hebt eini­ge Sei­ten an, blät­tert ein wenig und liest stich­pro­ben­haft vor: „Kanal­bau­ten, Pro­test­be­we­gun­gen, Preis­stei­ge­run­gen“. Stö­ber betont: „Die Zeit war unse­rer gar nicht unähn­lich.“ Es geht um Reak­tio­nen der Bevöl­ke­rung auf poli­ti­sche Maß­nah­men und Pro­jek­te. Aber auch um die Beein­flus­sung der Bür­ger durch die Poli­tik, um poli­ti­sche Inter­es­sen durch­set­zen zu können.

Rudolf Stö­ber unter­sucht in einem DFG-Pro­jekt (DFG = Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft) seit April 2014 die Berich­te der Pots­da­mer Regie­rungs­prä­si­den­ten an den preu­ßi­schen König zwi­schen den Jah­ren 1867 und 1914. Das Pro­jekt för­dert damit jedoch mehr zuta­ge, als man zunächst anneh­men wür­de. Nicht umsonst steht das Vor­ha­ben unter dem Titel „Poli­ti­sche Inter­es­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on in der Früh­pha­se der Moder­ni­sie­rung“ und ist mit Mit­teln von etwa 300.000 Euro über eine Lauf­zeit von drei Jah­ren aus­ge­stat­tet. „Es geht um die Inter­es­sen der All­ge­mein­heit, oder anders, um ver­all­ge­mei­ner­ba­re Inter­es­sen“, sagt Stö­ber. „Wir unter­su­chen, wie Poli­tik im Kai­ser­reich vor dem Ersten Welt­krieg den Bür­gern ver­mit­telt wur­de. Gleich­zei­tig aber auch, wie die Bür­ger im poli­ti­schen Pro­zess eige­ne Anlie­gen mit ein­brach­ten. Woge­gen wur­de pro­te­stiert? Womit waren sie ein­ver­stan­den und womit nicht?“

Der Regie­rungs­be­zirk Pots­dam, zu dem Ber­lin gehör­te, war in den Jahr­zehn­ten vor dem Ersten Welt­krieg eine wirt­schaft­li­che Boom­re­gi­on und steht damit bei­spiel­haft für die Moder­ni­tät des Deut­schen Kai­ser­reichs. „Dort las­sen sich Fra­gen der Moder­ni­sie­rung und des sozia­len Wan­dels sehr gut über­prü­fen“, sagt Stö­ber. Denn einer­seits war der Regie­rungs­be­zirk noch land­wirt­schaft­lich geprägt, ande­rer­seits spiel­ten moder­ne Indu­strien bereits eine wich­ti­ge Rol­le. „Alte und neue Inter­es­sen in Staat und Gesell­schaft“ wür­den hier beson­ders gut sicht­bar. Dass mit der Grün­dung des Nord­deut­schen Bun­des 1867 der poli­ti­sche Eini­gungs­pro­zess auch in die­se Zeit fällt, pas­se natür­lich gut. „Der Unter­su­chungs­zeit­raum ist aber in erster Linie durch die Quel­len selbst fest­ge­legt wor­den“, erklärt Stöber.

Wel­che Rele­vanz hat das For­schungs­pro­jekt für die heu­ti­ge Zeit? „Poli­tik muss immer kom­mu­ni­ziert wer­den“, sagt Rudolf Stö­ber. „Das gilt damals wie heu­te ins­be­son­de­re für Zei­ten der Moder­ni­sie­rung und des schnel­len Wan­dels und damals wie heu­te lau­tet die Fra­ge: Wel­che Inter­es­sen set­zen sich durch und warum?“

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu die­sem For­schungs­pro­jekt unter:
www​.uni​-bam​berg​.de/​k​o​m​m​u​n​i​k​a​t​i​o​n​/​n​e​w​s​/​a​r​t​i​k​e​l​/​p​o​l​i​t​i​s​c​h​e​_​k​o​m​m​u​n​i​k​a​t​ion