MdB Elisabeth Scharfenberg: "Pflegereform: An den wirklichen Problemen vorbei"

Zur heutigen 1. Lesung zum Gesetzentwurf über die Pflegereform im Deutschen Bundestag erklärt Elisabeth Scharfenberg, oberfränkische Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik:

Schwarz-Rot vergibt die Chance, in der Pflege umzusteuern. Das ist aber notwendig, wenn wir eine der Zukunftsaufgaben dieses Landes meistern wollen.

Darüber darf auch nicht hinwegtäuschen, dass wesentlich mehr Geld in die Pflegeversicherung fließen soll. Das ist grundsätzlich richtig, mehr Geld allein ersetzt aber keine Reform. Entscheidend ist, in welche Leistungen und Strukturen das Geld fließt – und vor allem, was am Ende bei den Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und auch den Pflegekräften ankommt. Dafür hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe kein Konzept. Es wird einfach etwas mehr vom Gleichen ausgeschüttet. Wir wissen aber, dass das heutige System keine Antwort mehr auf die drängenden Probleme in der Pflege gibt.

So wird die notwendige Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs wieder einmal verschoben. Wir verlieren allmählich den Glauben daran, dass Schwarz-Rot diese elementar wichtige Reform überhaupt noch ernsthaft will.

Union und SPD belassen es auch bei der bestehenden ungerechten Finanzierung der Pflegeversicherung. Auch weiterhin wird sich die Private Pflegeversicherung der Solidarität mit den Schwächsten entziehen. Wir fordern die Einführung der solidarischen und nachhaltigen Pflege-Bürgerversicherung. Damit ist eine gute Pflege bis weit in die Zukunft bei einer überschaubaren Beitragssatzentwicklung finanzierbar.

Stattdessen verschwendet die Koalition lieber über eine Milliarde Euro pro Jahr an den Pflegevorsorgefonds. Dabei ist sich die Fachwelt völlig einig darüber, dass dieser Fonds nichts bringt. Es ist unbegreiflich, wie stur vor allem die Union an diesem Unsinn festhält.

Die Koalition muss endlich verstehen, dass Reparaturen der Pflegeversicherung zu wenig sind. Pflege ist mehr als die Pflegeversicherung. Vor allem muss der Blick darauf gelenkt werden, wie die Pflege wieder dort mehr gestaltet werden kann, wo die Menschen leben. Dazu brauchen insbesondere die Kommunen neue Spielräume und Unterstützung. Zu diesen zentralen Zukunftsfragen hört man der Koalition genauso wenig wie zum Fachkräftemangel in der Pflege oder zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.