Leser­brief: „Wahr­heit schwer beschä­digt – Frän­ki­scher Tag, Bam­berg Stadt, vom 24. Mai 2014“

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Rad­fah­rer bei Unfall leicht verletzt
Zum Zusam­men­stoß mit einem Rad­fah­rer kam es am Mitt­woch­mor­gen auf dem Fuß­gän­ger­über­weg, als ein Renault-Fah­rer von der Maga­zin­stra­ße nach rechts in die Sie­chen­stra­ße abbie­gen woll­te …“, heißt es im Unfall­be­richt, der wohl von der Pres­se­stel­le der Poli­zei for­mu­liert wor­den ist.

„Was hat ein Rad­fah­rer auf dem Fuß­gän­ger­über­weg zu suchen?“ ist zwei­fel­los die erste Reak­ti­on des Lesers – und genau das dürf­te die Absicht der Poli­zei sein. Irre­füh­ren­de Dar­stel­lun­gen, die Rad­fah­rer nach Unfäl­len in ein schlech­tes Licht rücken, kom­men der­art häu­fig vor, daß dies augen­schein­lich Metho­de ist. Wer kennt schon die Ört­lich­keit im Detail? Wer macht sich Gedan­ken, ob der geschil­der­te Ver­lauf über­haupt mög­lich ist?

Rad- und Geh­weg der Maga­zin­stra­ße mün­den in eine gemein­sa­me Furt über die Sie­chen­stra­ße – von wegen Fuß­gän­ger­über­weg! Wenn der abbie­gen­de Auto­fah­rer bei Grün gefah­ren ist, hat auch das Signal an die­ser Furt Grün gezeigt – der Rad­fah­rer war somit vor­fahrt­be­rech­tigt (§9–3 StVO). Allen­falls wäre zu berück­sich­ti­gen, daß dem Rad- und Fuß­ver­kehr kein dem Rot vor­ge­la­ger­tes Gelb signa­li­siert wird und ein Anhal­ten ohne Reak­ti­ons- und Brems­weg schlech­ter­dings nicht mög­lich ist.

Anders, als die Poli­zei zu sug­ge­rie­ren sucht, liegt die Schuld am Unfall somit offen­kun­dig auf Sei­te des die Vor­fahrt miß­ach­ten­den Auto­fah­rers. Da erge­ben sich natür­lich Fra­gen zur Aus­sa­ge­kraft poli­zei­li­cher Sta­ti­sti­ken über das Unfall­ge­sche­hen. In den Jah­ren 2011 und 2012 hat­te die Poli­zei in rund 40% der Bam­ber­ger Fahr­rad­un­fäl­le – das ent­spricht nicht ein­mal jedem drei­ßig­sten Ver­kehrs­un­fall – die Haupt­ver­ant­wor­tung beim Rad­ler gese­hen. Die zwei­fel­haf­te Bericht­erstat­tung drängt die Ver­mu­tung auf: Die Wirk­lich­keit läßt die Peda­li­sten wohl weit bes­ser dastehen.

Für den Unfall mit­ver­ant­wort­lich ist indes die zustän­di­ge Ver­kehrs­be­hör­de. Der zu schma­le (bis 87 cm), durch Hin­der­nis­se (Ampel­ma­sten) ver­stell­te und irre­füh­rend in die Sie­chen­stra­ße ver­schwenk­te, rechts­wid­rig benut­zungs­pflich­ti­ge Zwei­rich­tungs­rad­weg (Ver­stö­ße gegen die All­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift zur StVO) erfor­dert nahe­zu arti­sti­sche Fähig­kei­ten und erschwert den Rad­lern die Beach­tung des rück­wär­ti­gen Kraft­fahr­zeug­ver­kehrs. Kraft­fah­rern wie­der­um sug­ge­riert die Lini­en­füh­rung, der Rad­fah­rer wol­le selbst in die Sie­chen­stra­ße abbiegen.

Daß die Poli­zei nicht davor zurück­schreckt, sich ganz und gar der Lächer­lich­keit preis­zu­ge­ben, legt ein Leser­kom­men­tar auf inFran​ken​.de nahe: Auf der Ket­ten­brück­stra­ße nachts um halb eins unter­zie­hen fünf Bereit­schafts­po­li­zi­sten einen das Fahr­rad schie­ben­den Pas­san­ten einer Ver­kehrs­kon­trol­le auf funk­tio­nie­ren­de Fahr­zeug­be­leuch­tung und Alko­hol. Mir ist nicht bekannt, daß ein Fahr­rad ohne funk­tio­nie­ren­de Beleuch­tung nicht gescho­ben wer­den dürf­te (§23–2 StVO) oder Gehen unter Alko­hol­ein­fluß ver­bo­ten wäre. Doch selbst die­se „Delik­te“ konn­ten die offen­sicht­lich wenig aus­ge­la­ste­ten Beam­ten nicht feststellen.

Mit wel­chem Anspruch die Ord­nungs­be­hör­de Respekt vor ihrer Auto­ri­tät erwar­ten will, ent­zieht sich ange­sichts sol­chen Ver­hal­tens mei­nem Ver­ständ­nis. Es wird höch­ste Zeit, daß der Dienst­herr, Innen­mi­ni­ster Herr­mann, zugleich ober­ste Instanz der Kom­mu­nal­auf­sicht, ein­schrei­tet. Denn weder eine Poli­zei, die nicht ernst­ge­nom­men wer­den kann, noch Ver­kehrs­be­hör­den, deren Anord­nun­gen die Sicher­heit der­art gefähr­den, sind akzeptabel.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig
Mar­tin-Ott-Stra­ße 8