Bay­reu­ther Land­rat Hüb­ner: Kri­te­ri­en der Umwelt­prü­fung zur Gleich­strom­tras­se müs­sen ange­ho­ben werden

Erheb­li­che Ein­wen­dun­gen zum Ent­wurf des Netz­ent­wick­lungs­plans Strom 2014

Nach­dem bekannt wur­de, dass die Bun­des­netz­agen­tur im Vor­feld der Auf­stel­lung des Bun­des­be­darfs­plans im Rah­men des Strom­netz­aus­baus eine Umwelt­prü­fung durch­führt, hat sich der Bay­reu­ther Land­rat Her­mann Hüb­ner ein­ge­hend mit der Fest­le­gung des Unter­su­chungs­rah­mens befasst und erheb­li­che Nach­bes­se­run­gen gefor­dert. Eben­so hat er zahl­rei­che Ein­wen­dun­gen ange­mel­det, was den ersten Ent­wurf des Netz­ent­wick­lungs­pla­nes Strom 2014 (NEP 2014) und hier die Gleich­strom­pas­sa­ge Süd-Ost angeht.

Die Bun­des­netz­agen­tur hat im Unter­su­chungs­rah­men für die Umwelt­prü­fung die ein­zel­nen Kri­te­ri­en („Schutz­gü­ter“) mit „hoch“, „mit­tel“ und „-„ bewer­tet. „Mei­nes Erach­tens müs­sen meh­re­re ange­ho­ben wer­den“, for­dert der Land­rat in sei­ner schrift­li­chen Stel­lung­nah­me. So sei für das Schutz­gut „Mensch ein­schließ­lich der mensch­li­chen Gesund­heit“ das Kri­te­ri­um „Son­sti­ge Sied­lun­gen“ von bis­her „mit­tel“ auf „hoch“ anzu­he­ben. „Es kann nicht ange­hen, dass Per­so­nen, die z. B. in der Indu­strie einer zusätz­li­chen Bela­stung am Arbeits­platz aus­ge­setzt sind und dort einen Groß­teil ihrer Tages­zeit ver­brin­gen, weni­ger schutz­wür­dig sind als in „Sied­lun­gen“, die als „hoch“ ein­ge­stuft wur­den. Auch die Fest­set­zung „mit­tel“ bei den Was­ser­schutz­ge­bie­ten ist mit der Bedeu­tung des Trink­was­sers für Mensch und Gut nicht ver­ein­bar und muss ange­ho­ben wer­den“, so Hüb­ner. Der Zweck­ver­band Was­ser­ver­sor­gung „Jura­grup­pe“ in Peg­nitz habe ein wis­sen­schaft­li­ches Gut­ach­ten erstel­len las­sen, das die Risi­ken, die aus dem Bau einer Frei­lei­tungs­tras­se oder Erd­ver­ka­be­lung resul­tie­ren, als sehr hoch einschätzt.“

Der Land­rat for­der­te dar­über hin­aus die Anhe­bung des Kri­te­ri­ums „Land­schafts­schutz­ge­bie­te“ auf „hoch“. „Wir ver­fü­gen mit den Natur­parks „Frän­ki­sche Schweiz – Vel­den­stei­ner Forst“ und „Fich­tel­ge­bir­ge“ über Land­schafts­schutz­ge­bie­te mit einer sehr hohen tou­ri­sti­schen und land­schafts­prä­gen­den Prio­ri­tät. Sie stel­len das Herz­stück der bei­den wich­tig­sten Frem­den­ver­kehrs­ge­bie­te Nord­bay­erns dar. Schon allein des­halb wer­den dort z. B. kei­ne Wind­kraft­an­la­gen errich­tet. Land­schafts­schutz­ge­biets­ver­ord­nun­gen ver­bie­ten eine Ver­än­de­rung des Cha­rak­ters des Gebie­tes oder des Schutz­zweckes. Auch des­halb muss eine mög­li­che Erd­ver­ka­be­lung die höch­ste Emp­find­lich­keits­stu­fe „hoch“ aus­wei­sen, da hier gleich­falls ein gra­vie­ren­der Ein­griff erfol­gen wür­de.“ In die­sem Zusam­men­hang mach­te der Land­kreis­chef auch dar­auf auf­merk­sam, dass es neben der Zer­stö­rung die­ser Nah­erho­lungs­ge­bie­te auch zu einer immensen Wald­ver­nich­tung käme: Allein in Bay­ern wür­den 12,5 km² Wald der Strom­pas­sa­ge zum Opfer fal­len. „Dar­über hin­aus sind sen­si­ble Land­schafts- und Trink­was­ser­schutz­ge­bie­te erheb­lich bedroht, da allein für die Errich­tung der Strom­ma­sten mas­si­ve Ein­grif­fe erfor­der­lich sind.“

Erheb­li­che Ein­wen­dun­gen mach­te Land­rat Hüb­ner auch in einer Stel­lung­nah­me zum ersten Ent­wurf des Netz­ent­wick­lungs­pla­nes Strom 2014 (Gleich­strom­pas­sa­ge Süd-Ost) schrift­lich gel­tend. Ein­gangs kri­ti­sier­te er, dass die Netz­be­trei­ber den Ent­wurfs­plan ledig­lich auf ihrer Inter­net­sei­te zur Ver­fü­gung stel­len. Hin­wei­se z. B. in Tages­zei­tun­gen fehl­ten. „Damit wird wei­ten Bevöl­ke­rungs­krei­sen die Mög­lich­keit genom­men, ihre Ein­wen­dun­gen vor­zu­brin­gen. Auf­grund des Umfangs – sage und schrei­be 431 Sei­ten wer­den tech­nisch dar­ge­stellt – dürf­te es weit­ge­hend unmög­lich sein, sich mit die­ser kom­ple­xen The­ma­tik und den sich dar­aus ablei­ten­den Maß­nah­men auch nur ansatz­wei­se zu beschäf­ti­gen. Für mich wird damit das ver­brief­te Anhö­rungs­recht prak­tisch ausgehebelt.“

Aus Sicht des Land­krei­ses Bay­reuth hät­ten weder die Netz­ent­wick­lungs­plä­ne 2012 und 2013 noch der erste Ent­wurf des Netz­ent­wick­lungs­pla­nes 2014 die ener­gie­wirt­schaft­li­che Not­wen­dig­keit der Gleich­strom­pas­sa­ge Süd-Ost nach­ge­wie­sen. Hüb­ner wört­lich: „Ich ver­wei­se auf wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Stel­lung­nah­men, die ein­deu­tig erge­ben haben, dass die Netz­si­tua­ti­on in Deutsch­land ent­spannt ist, die Gleich­strom­pas­sa­ge Süd-Ost für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit Bay­erns nicht not­wen­dig ist und die­sel­be Pas­sa­ge ledig­lich eine Braun­koh­le- Export­lei­tung darstellt.“

War­um wird die Mög­lich­keit, Gas­kraft­wer­ke zu errich­ten und zur Grund­last­si­che­rung ein­zu­set­zen, ver­nach­läs­sigt? War­um fin­det das erklär­te Ziel der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rüng, die Grund­last über den Ein­satz bzw. Neu­bau von Gas­kraft­wer­ken sicher­zu­stel­len, kei­ne Berück­sich­ti­gung? War­um wer­den soge­nann­te Alpi­ne Spei­cher als Recht­fer­ti­gung her­an­ge­zo­gen, um Strom über die Gleich­strom­pas­sa­ge Süd-Ost zu lei­ten, obwohl bekannt sein dürf­te, dass der Bau bis zur geplan­ten Inbe­trieb­nah­me der Gleich­strom­pas­sa­ge im Jahr 2020 nicht erfol­gen wird? Fra­gen, denen man sich zu stel­len habe, so der Landrat.

„Auch erscheint mir wenig glaub­haft, dass die Strom­tras­se dem Trans­port von Strom aus rege­ne­ra­ti­ven Ener­gie­quel­len dien­ten. Bis auf wei­te­res soll – für mich offen­sicht­lich – Braun­koh­le­strom aus dem Gebiet um Lauch­städt sowie der Lau­sitz über die­se Strom­lei­tung füh­ren. Dem muss der Land­kreis Bay­reuth als Bio­en­er­gie- und Kli­ma­re­gi­on vor dem Hin­ter­grund des welt­wei­ten Kli­ma­wan­dels unmiss­ver­ständ­lich wider­spre­chen – auch, da dies den Kern­punk­ten der Ener­gie­wen­de deut­lich zuwi­der­läuft“, stell­te der Land­kreis­chef fest. Für ihn bedeu­te­ten die ange­streb­ten Aus­tausch­ener­gie­men­gen (künf­tig sol­len sogar 4 Giga­watt Lei­stung über die Gleich­strom­pas­sa­ge gelei­tet wer­den) die Anhe­bung Deutsch­lands zum Strom­ex­port­land Nr. 1 in Euro­pa, da alle Sze­na­ri­en der Netz­be­trei­ber einen deut­li­chen Export­über­schuss bele­gen. „Die­ses Ansin­nen auf dem Rücken der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger aus­zu­tra­gen, die zwar betrof­fen sind, jedoch kei­nen per­sön­li­chen Nut­zen aus einer mög­li­chen Gleich­strom­pas­sa­ge erzie­len, kann ich beim besten Wil­len nicht akzep­tie­ren, von den gesund­heit­li­chen Fol­gen einer Ver­dop­pe­lung der bis­he­ri­gen Lei­stung, die bis­her in kei­ner Wei­se erforscht sind/​ganz zu schwei­gen. Hier gilt es, zunächst eine wis­sen­schaft­li­che Unter­su­chung ein­zu­lei­ten und bis dahin die Fin­ger davon zu lassen!“