Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Start­schuss zum Inter­na­tio­na­len Jahr der Kri­stal­lo­gra­phie 2014

Symbolbild Bildung

Die Gene­ral­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Natio­nen hat das Jahr 2014 zum „Inter­na­tio­nal Year of Cri­stal­lo­gra­phy“ – kurz: „IYCr 2014“ – erklärt. In der Begrün­dung heißt es, „dass unser Ver­ständ­nis der mate­ri­el­len Beschaf­fen­heit der Welt vor allem auf unse­rem Wis­sen über Kri­stal­lo­gra­phie beruht“. An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat sich unter der Lei­tung von Prof. Dr. Nata­lia Dubro­vins­ka­ia am Lehr­stuhl für Kri­stal­lo­gra­phie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth eine fächer­über­grei­fen­de Initia­ti­ve gebil­det, die der­zeit eine Rei­he öffent­li­cher Ver­an­stal­tun­gen vor­be­rei­tet. Die betei­lig­ten Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler wol­len nicht nur auf dem Uni­ver­si­täts­cam­pus, son­dern auch bei einer brei­te­ren Öffent­lich­keit das Inter­es­se für die Erkennt­nis­se, Metho­den und hohen Poten­zia­le der Kri­stal­lo­gra­phie wecken. Die Initia­ti­ve ent­spricht damit dem Auf­ruf der Ver­ein­ten Natio­nen an die Wis­sen­schafts- und Kul­tur­or­ga­ni­sa­tio­nen der Mit­glieds­staa­ten, die Öffent­lich­keit stär­ker für die Bedeu­tung der Kri­stal­lo­gra­phie zu sensibilisieren.

Ver­an­stal­tun­gen auf dem Uni­ver­si­täts­cam­pus und in Schulen

Im Lau­fe des Jah­res 2014 wird es daher an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth eine Vor­le­sungs­rei­he geben, die sich nicht nur an ein wis­sen­schaft­li­ches Fach­pu­bli­kum rich­tet. Ein Höhe­punkt wird der Besuch von Prof. Dan Shecht­man aus Hai­fa sein, der 2011 den Che­mie-Nobel­preis für die Ent­deckung der Quas­i­k­ri­stal­le erhielt. Sei­ne Ent­deckung führ­te zu grund­le­gen­den Ände­run­gen im Ver­ständ­nis der Struk­tur von Fest­stof­fen. Zudem sind für Schü­le­rin­nen und Schü­ler Ver­an­stal­tun­gen unter dem Mot­to „Kri­stal­lo­gra­phie um uns her­um“ geplant, die auf dem Uni­ver­si­täts­cam­pus und an Gym­na­si­en statt­fin­den sol­len. Bay­reu­ther Lehr­amts- Stu­die­ren­de im Fach Che­mie wer­den an der Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung mitwirken.

„Vie­le tech­ni­sche oder medi­zi­ni­sche Ent­wick­lun­gen, die heu­te ganz selbst­ver­ständ­lich sind, wären ohne die Metho­den und die Erkennt­nis­se der Kri­stal­lo­gra­phie nicht denk­bar“, erklärt Prof. Dubro­vins­ka­ia. „Des­halb ist das Inter­na­tio­na­le Jahr der Kri­stal­lo­gra­phie für uns in Bay­reuth eine will­kom­me­ne Gele­gen­heit, einem brei­te­ren Publi­kum und dabei vor allem auch Schü­le­rin­nen und Schü­lern vor Augen zu füh­ren, wel­che bahn­bre­chen­de Rol­le die Kri­stal­lo­gra­phie auf zahl­rei­chen wis­sen­schaft­li­chen und tech­no­lo­gi­schen Gebie­ten hat. “

Kri­stal­lo­gra­phi­sche Ver­fah­ren kom­men heu­te in vie­len For­schungs­fel­dern zum Ein­satz. Dies zeigt sich auch dar­an, dass die Mit­glie­der der Bay­reu­ther Initia­ti­ve in der Mathe­ma­tik, Phy­sik, Che­mie, Bio­che­mie, den Mate­ri­al­wis­sen­schaf­ten und den Geo­wis­sen­schaf­ten zuhau­se sind. Im ein­zel­nen neh­men die fol­gen­den Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler dar­an teil: Prof. Dr. Nata­lia Dubro­vins­ka­ia und Prof. Dr. San­der van Smaa­len (Kri­stal­lo­gra­phie), Prof. Ingrid Bau­er (Mathe­ma­tik), Prof. Dr. Leo­nid Dubro­vin­sky (Geo­wis­sen­schaf­ten), Prof. Dr. Ste­fan För­ster (Che­mie) und Prof. Dr. Cle­mens Steeg­born (Bio­che­mie).

Eröff­nungs­ver­an­stal­tung in Paris: Ein inter­na­tio­na­les Tref­fen zur Kristallographie

Im Janu­ar 2014 fand die fei­er­li­che Eröff­nungs­ver­an­stal­tung des IYCr 2014 in Paris statt. Kri­stal­lo­gra­phie-Exper­ten und Inter­es­sier­te aus aller Welt waren zusam­men­ge­kom­men, um gemein­sam eine Bilanz der 100-jäh­ri­gen Geschich­te der Rönt­gen-Kri­stal­lo­gra­phie zu zie­hen und einen Blick in die Zukunft zu wer­fen. Sei­tens der Uni­ver­si­tät Bay­reuth nahm Prof. Dubro­vins­ka­ia an die­sem Tref­fen teil. „In den 100 Jah­ren seit der Ent­deckung der Rönt­gen­strah­len und Rönt­gen­beu­gung sind 28 Nobel­prei­se an Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler ver­lie­hen wor­den, die an der Rönt­gen-Kri­stal­lo­gra­phie arbei­ten oder die­se Metho­de anwen­den. In ihrer Eröff­nungs­re­de bezeich­ne­te die UNESCO-Gene­ral­di­rek­to­rin Iri­na Boko­va die Kri­stal­lo­gra­phie des­halb als eine der bedeu­tend­sten Inno­va­tio­nen des zwan­zig­sten Jahr­hun­derts“, berich­tet die Bay­reu­ther Hei­sen­berg-Pro­fes­so­rin. “Die anschlie­ßen­den Vor­trä­ge und Dis­kus­sio­nen befass­ten sich nicht allein mit natur­wis­sen­schaft­li­chen Fra­gen, son­dern bei­spiels­wei­se auch mit isla­mi­scher orna­men­ta­ler Kunst und mit­tel­al­ter­li­cher Archi­tek­tur aus der Per­spek­ti­ve der Kri­stal­lo­gra­phie und der Mathematik.“

Zur Geschich­te der Kristallographie

Kri­stal­lo­gra­phie ist der Zweig der Wis­sen­schaft, der sich mit der Struk­tur und den Eigen­schaf­ten von Kri­stal­len befasst. Erst­mals wur­de im Jahr 1913 die Struk­tur eines Kri­stalls mit­tels Rönt­gen­beu­gung ent­schlüs­selt. Es han­del­te sich um Stein­salz, eine sehr ein­fa­che Struk­tur, die aus nur zwei Ato­men besteht. Seit­dem wur­de die Fähig­keit, Struk­tu­ren von Fest­kör­pern auf­zu­klä­ren, ste­tig wei­ter­ent­wickelt. Sie ermög­lich­te wesent­li­che Fort­schrit­te in der Phy­sik kon­den­sier­ter Mate­rie, in der Che­mie und in ver­wand­ten Tech­no­lo­gien – bis hin zur Ent­wick­lung von Halb­lei­tern, Supra­lei­tern und Laser­kri­stal­len. Die Rönt­gen­struk­tur­ana­ly­se hat­te zudem auch für die bio­lo­gi­sche For­schung eine bahn­bre­chen­de Bedeu­tung. Seit 1959 kön­nen die Struk­tu­ren unter­schied­li­cher bio­lo­gi­scher Mole­kü­le, bei­spiels­wei­se die Trä­ger der Erb­infor­ma­ti­on oder wich­ti­ge Enzy­me für den Stoff­wech­sel, ana­ly­siert wer­den. Die­se Struk­tur­un­ter­su­chun­gen ermög­li­chen Ein­blicke in Repli­ka­ti­ons­pro­zes­se gene­ti­scher Infor­ma­ti­on und in die Pro­te­in­syn­the­se leben­der Organismen.

Das Labor für Kri­stal­lo­gra­phie an der Uni­ver­si­tät Bayreuth

Hier wer­den vor allem die Bezie­hun­gen zwi­schen Kri­stall­struk­tu­ren und phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten erforscht. Prof. Dr. San­der van Smaa­len unter­sucht dabei ins­be­son­de­re Pha­sen­über­gän­ge in nied­rig-dimen­sio­na­len elek­tro­ni­schen und magne­ti­schen Mate­ria­li­en; zudem befasst er sich mit Elek­tro­nen­dich­te-Stu­di­en zum Ver­ständ­nis che­mi­scher Bin­dung. Ein beson­de­rer Schwer­punkt liegt auf ape­ri­odi­schen Kri­stal­len, zu denen auch die Quas­i­k­ri­stal­le gehö­ren. Prof. Dr. Nata­lia Dubro­vins­ka­ia befasst sich mit grund­le­gen­den Fra­gen der Mate­ri­al­phy­sik und anwen­dungs­be­zo­ge­nen Fra­gen der Mate­ri­al­tech­no­lo­gie unter extre­men Bedin­gun­gen (hohe Drücke, hohe und nied­ri­ge Tem­pe­ra­tu­ren, Magnet­fel­der etc.). Ihr For­schungs­in­ter­es­se rich­tet sich auf die Hoch­druck-Syn­the­se neu­er anor­ga­ni­scher Mate­ria­li­en, die Ent­wick­lung neu­er wis­sen­schaft­li­cher Instru­men­te zur Hoch- und Ultra­hoch­druck­er­zeu­gung sowie auf den Ein­satz von Syn­chro­tron­strah­lung in den Mate­ri­al­wis­sen­schaf­ten und in der Festkörperphysik.

Koope­ra­ti­ons­part­ner des Bay­reu­ther Labors für Kri­stal­lo­gra­phie sind unter ande­rem das Ham­bur­ger Syn­chro­tron­stahl­ungs­la­bor HASY­L­AB im For­schungs­zen­trum DESY, die ANKA-Syn­chro­tron­strah­lungs­quel­le des Karls­ru­her Insti­tuts für Tech­no­lo­gie, die Euro­päi­sche Syn­chro­tron­strah­lungs­quel­le ESRF in Gre­no­ble und die Advan­ced Pho­ton Source im Argon­ne Natio­nal Labo­ra­to­ry in den USA.

Home­page des Inter­na­tio­na­len Jahrs der Kristallographie:

www​.iycr2014​.org/
u.a. mit dem Video „What Cri­stal­lo­gra­phy Can Do for You“: www​.iycr2014​.org/​a​b​o​u​t​/​v​i​deo