BUND Natur­schutz: Zu wenig Natur­wäl­der in Bayern

„Natio­nal­park Stei­ger­wald“ gefordert

Eine aktu­el­le bun­des­wei­te Stu­die belegt bei Wald­schutz­ge­bie­ten in Deutsch­land und vor allem in Bay­ern gro­ße Defi­zi­te. Trotz inter­na­tio­nal ver­bind­li­cher Vor­ga­ben und eines Beschlus­ses der Bun­des­re­gie­rung wei­gert sich die Staats­re­gie­rung 10 Pro­zent des Staats­wal­des bis 2020 dau­er­haft zu schüt­zen. „Wir kri­ti­sie­ren, dass die Staats­re­gie­rung mit ihrer Verweigerungs­haltung ver­hin­dert, dass Nord­bay­erns Natur­schät­ze in den Staats­wäl­dern bes­ser geschützt wer­den“, so Hubert Wei­ger, Lan­des­vor­sit­zen­der des BUND Natur­schutz in Bay­ern (BN). In Ober­bay­ern und vor allem in Nie­der­bay­ern sind deut­lich höhe­re Antei­le der öffent­li­chen Wäl­der dau­er­haft geschützt. Dazu tra­gen ins­be­son­de­re die bei­den baye­ri­schen Natio­nal­par­ke bei, die in die­sen Regie­rungs­be­zir­ken nicht nur die Natur schüt­zen, son­dern auch den Tou­ris­mus kräf­tig an kur­beln und Arbeits­plät­ze in die länd­li­chen Regio­nen brin­gen. Im Ver­gleich dazu schnei­det Nord­bay­ern sehr schlecht ab: nur 1 % der Staats­wäl­der dür­fen sich als Natur­wald ent­wickeln, es gibt bis­lang kei­nen Natio­nal­park. „Wir appel­lie­ren des­halb an die Staats­re­gie­rung die Benach­tei­li­gung Nord­bay­erns bei den Wald­schutz­ge­bie­ten zu been­den“, so Hubert Wei­ger. „Wir set­zen hier auf den neu­en Hei­mat­mi­ni­ster Mar­kus Söder und Staats­se­kre­tär Albert Für­acker – bei­de Nord­bay­ern, dass sie sich für den Schutz der Hei­mat und des Wald­na­tur­er­bes in Nord­bay­ern stark machen. Ein erster wich­ti­ger Schritt ist hier ein Natio­nal­park Steigerwald.“

Zu wenig Wald­schutz­ge­bie­te in Bay­ern und vor allem Nordbayern

Vor kur­zem wur­den in Ber­lin ernüch­tern­de Zah­len über die Wald­flä­chen vor­ge­legt, die sich in Deutsch­land dau­er­haft natür­lich ent­wickeln dür­fen. Nur 3 Pro­zent der öffent­li­chen Wäl­der dür­fen sich zu Natur­wäl­dern ent­wickeln, anstatt 10 Pro­zent wie es die Bun­des­re­gie­rung in der Natio­na­len Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie (NBS) for­dert. Bay­ern hat­te die Mit­ar­beit an die­sen Bun­des­pro­jekt als ein­zi­ges Bun­des­land ver­wei­gert, wohl auch weil sich in Bay­ern beson­ders weni­ge Wäl­der als Natur­wäl­der ent­wickeln dür­fen. Denn nach BN-Recher­chen sind nur 1,2 Pro­zent der Wald­flä­che als Wald­wild­nis geschützt. Gro­ße Unter­schie­de bestehen dabei zwi­schen den Regie­rungs­be­zir­ken. In Ober­bay­ern sind immer­hin knapp 3 % und in Nie­der­bay­ern sogar 15 % des öffent­li­chen Wal­des dau­er­haft geschützt.

In Nord­bay­ern ist dage­gen nur 1 % der öffent­li­chen Wäl­der geschützt, obwohl es vor allem in Fran­ken gro­ße natur­na­he Laub­wäl­der gibt. Die­se brin­gen gute Vor­aus­set­zun­gen mit, um sich auf Teil­flä­chen zu Natur­wäl­dern zu ent­wickeln. „Dies ist für Nord­bay­ern beson­ders bedau­er­lich, weil struk­tur­schwa­che länd­li­che Räu­me wie der Stei­ger­wald von einem Natio­nal­park durch­aus auch wirt­schaft­lich pro­fi­tie­ren wür­den“, so Wei­ger. Unter den Regie­rungs­be­zirk ist Mit­tel­fran­ken mit nur 385 Hekt­ar nut­zungs­frei­er Wäl­der Schluss­licht bei den Wald­schutz­ge­bie­ten, d.s. nur 0,4 Pro­zent des öffent­li­chen Wal­des. In den Land­krei­sen Roth und Fürth gibt es sogar kei­ner­lei dau­er­haft geschütz­te Wäl­der. Ähn­lich schlecht schnei­den Ober­fran­ken und die Ober­pfalz ab mit je 0,5 Pro­zent. Etwas mehr Wald­schutz­ge­bie­te gibt es in Unter­fran­ken infol­ge eini­ger Natur­wald­re­ser­va­te im Spes­sart und im Stei­ger­wald und vor allem wegen der Erwei­te­rung des Bio­sphä­ren­re­ser­vats Rhön.

Natur­wäl­der sind Pflicht im öffent­li­chen Wald, im Pri­vat­wald nur freiwillig

Wirt­schafts­wäl­der kön­nen Natur­wäl­der beim Schutz der Arten­viel­falt nicht erset­zen. Wald­ar­ten wie Hals­band­schnäp­per, Bech­stein­fle­der­maus und Igel-Sta­chel­bart brau­chen alte, dicke Bäu­me, die im Wirt­schafts­wald fast aus­ge­stor­ben sind. „Natur­schutz ist Staats­auf­ga­be. Der BN for­dert des­halb, dass das 10-Pro­zent­ziel der Bun­des­re­gie­rung für die öffent­li­chen Wäl­der umge­setzt wer­den muss. Wegen ihrer Vor­bild­funk­ti­on sol­len nur die Wäl­der der Bun­des­län­der, des Bun­des und der Kom­mu­nen für die Aus­wei­sung als Natur­wäl­der her­an­ge­zo­gen wer­den. Der BN ist der Ansicht, dass Pri­vat­wäl­der von einer sol­chen Rege­lung aus­ge­nom­men und allen­falls auf Wunsch des Wald­be­sit­zers mit ein­be­zo­gen wer­den sol­len. Ins­ge­samt spie­len Pri­vat­wäl­der bei den dau­er­haft nut­zungs­frei­en Wäl­dern aber kei­ne Rol­le. Von den 1,38 Mil­lio­nen Hekt­ar an Pri­vat­wäl­dern in Bay­ern gibt es nur ein ein­zi­ges Natur­wald­re­ser­vat mit etwa 50 Hekt­ar, d.s. 0,003 Pro­zent. Doch auch dort ist die Nut­zung nicht dau­er­haft, son­dern per Ver­trag für 2 Jahr­zehn­te eingestellt.

Druck auf Staats­re­gie­rung nimmt von inter­na­tio­na­ler und natio­na­ler Sei­te zu!

Die Bio­di­ver­si­täts­kon­ven­ti­on von Rio de Janei­ro gibt völ­ker­rechts­ver­bind­li­che Zie­le und Umset­zungs­schrit­te zum Schutz der Bio­di­ver­si­tät für Bay­ern vor. So hat die Bun­des­re­gie­rung unter Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel 2007 mit Zustim­mung der dama­li­gen Kabi­netts­mit­glie­der Horst See­ho­fer und Micha­el Glos die Natio­na­le Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie (NBS) beschlos­sen. Als zen­tra­les Wald­schutz­ziel wur­de dort fest­ge­legt, dass 5 Pro­zent der gesam­ten Wald­flä­che bzw. 10 Pro­zent der öffent­li­chen Wäl­der bis 2020 einer natür­li­chen Ent­wick­lung zu über­las­sen sind. Die Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel hat sich im Rah­men der UN-Kon­fe­renz zur bio­lo­gi­schen Viel­falt 2008 in Bonn vehe­ment für einen bes­se­ren Schutz der Wäl­der welt­weit ein­ge­setzt und 500 Mio. € pro Jahr für den glo­ba­len Schutz der Bio­di­ver­si­tät, ins­be­son­de­re der Wäl­der, bereit­ge­stellt. Am 07. 10. 2010 hat auch der Bun­des­tag die NBS frak­ti­ons­über­grei­fend befür­wor­tet und eine zügi­ge Umset­zung gefor­dert. Erst am 18. Mai 2013 hat sich Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel noch­mals aus­drück­lich zu die­sem zen­tra­len Wald­schutz­ziel bekannt. Doch die Staats­re­gie­rung wei­gert sich bis­her die NBS in Bay­ern umzu­set­zen und ver­weist auf die Baye­ri­sche Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie, die aber beim Wald­schutz in zen­tra­len Punk­ten hin­ter den Bun­des­zie­len zurück­bleibt. „Da Bay­ern zu Deutsch­land gehört, muss Bay­ern die völ­ker­rechts­ver­bind­li­chen Vor­ga­ben zum Wald­schutz umset­zen. „Die für den Wald­be­reich weich­ge­spül­te Baye­ri­sche Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie nach dem Mot­to „wei­ter wie bis­her“ muss der NBS ange­passt wer­den“, for­dert Weiger.

Frän­ki­sche Kom­mu­nen wol­len mehr Waldschutzgebiete

Es gibt vie­le Bespie­le, die zei­gen, dass die Bevöl­ke­rung vor Ort „ihren“ Natio­nal­park befür­wor­tet. So belegt eine Umfra­ge zum Natio­nal­park Hai­nich neun Jah­re nach des­sen Aus­wei­sung, dass über 90 % der Bevöl­ke­rung den Natio­nal­park befür­wor­ten. Wegen der viel­fäl­ti­gen Vor­tei­le wer­den Natio­nal­park­geg­ner wie den dama­li­gen hes­si­sche Land­wirt­schafts­mi­ni­ster Diet­zel (CDU) zu Natio­nal­park­be­für­wor­tern. Er sag­te 2009: „Der Natio­nal­park ist zum Erfolgs­mo­dell und zum Besu­cher­ma­gne­ten der Regi­on gewor­den.“ Und auch in Fran­ken setzt sich die Bevöl­ke­rung und Kom­mu­nal­po­li­tik für deut­lich mehr nut­zungs­freie Wald­schutz­ge­bie­te ein. So konn­te das Bio­sphä­ren­re­ser­vat Rhön nur dadurch erhal­ten wer­den, weil sich alle Kom­mu­nen für eine deut­li­che Aus­wei­tung der nut­zungs­frei­en Wäl­der auf inzwi­schen fast 4.000 Hekt­ar ein­setz­ten. Auch im ober­frän­ki­schen Stei­ger­wald haben sich der Markt­ge­mein­de­rat Ebrach und der Kreis­tag des Land­krei­ses Bam­berg mit über 90 % Zustim­mung für die Aus­wei­sung von nut­zungs­frei­en Wald­flä­chen aus­ge­spro­chen. Die Aus­sa­ge der Staats­re­gie­rung, dass sie den Natio­nal­park des­halb ablehnt, weil sie dann nicht für die Mehr­heit der betrof­fe­nen Bevöl­ke­rung han­deln wür­de, trifft auf immer weni­ger Bür­ger in der betrof­fe­nen Regi­on zu. Der BN stellt dank­bar fest, dass die Bun­des­re­gie­rung mit Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel an der Spit­ze im Gegen­satz zur Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung die Zie­le der Natio­na­len Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie aktiv ver­folgt. Eben­so wol­len die mei­sten ande­ren Bun­des­län­der und betrof­fe­ne Kom­mu­nen ent­spre­chend den inter­na­tio­na­len Vor­ga­ben mehr Waldschutz.