Uni­ver­si­tät Bam­berg: Mona Lisa älte­stes 3D-Bild der Welt

Symbolbild Bildung

Wahr­neh­mungs­for­scher der Uni­ver­si­tä­ten Bam­berg und Mainz zei­gen: Leo­nar­do da Vin­ci schuf erste 3D-Bild­kom­po­si­ti­on der Welt

Mona Lisa in 3D (Stereoskopisches Paar). Foto: Claus-Christian Carbon und Vera Hesslinger.

Mona Lisa in 3D (Ste­reo­sko­pi­sches Paar). Foto: Claus-Chri­sti­an Car­bon und Vera Hesslinger.

Seit Jahr­hun­der­ten bezau­bert und fas­zi­niert Leo­nar­do da Vin­cis Mona Lisa. Nun tritt sie in eine neue Dimen­si­on. Prof. Dr. Claus-Chri­sti­an Car­bon und Dipl.-Psych. Vera Hess­lin­ger, Wahr­neh­mungs­for­scher der Uni­ver­si­tä­ten Bam­berg und Mainz, rekon­stru­ier­ten den Pro­zess ihrer Ent­ste­hung und konn­ten dabei zei­gen: Das welt­be­rühm­te Ölge­mäl­de ist Teil der älte­sten 3D-Kom­po­si­ti­on der Welt.

2012 wur­de im Pra­do Muse­um in Madrid eine sen­sa­tio­nel­le Ent­deckung gemacht: Nach­dem Restau­ra­to­ren schwar­ze Über­ma­lun­gen vom Hin­ter­grund einer bis dato als unbe­deu­tend betrach­te­ten Kopie von Leo­nar­do da Vin­cis Mona Lisa ent­fernt hat­ten, erkann­te man eine ver­blüf­fend hohe Ähn­lich­keit zum Ori­gi­nal. Bei­de Gemäl­de zei­gen die­sel­be jun­ge Frau vor der­sel­ben ber­gi­gen Landschaft.

Die zwei Wahr­neh­mungs­for­scher der Uni­ver­si­tä­ten Bam­berg und Mainz haben nun nach­ge­wie­sen, dass die bei­den Gemäl­de zwar sehr ähn­lich sind, aller­dings aus zwei unter­schied­li­chen Blick­win­keln gemalt wur­den. Anhand der Bil­der las­sen sich die Mal­per­spek­ti­ven von da Vin­ci und dem zwei­ten Künst­ler, womög­lich einem Leo­nar­do-Schü­ler, rekon­stru­ie­ren und damit auch deren räum­li­che Posi­tio­nie­rung zum Modell in Leo­nar­dos Ate­lier. Dar­über hin­aus konn­ten die For­scher zei­gen, dass die Kom­bi­na­ti­on der bei­den Per­spek­ti­ven rech­ne­risch dem mensch­li­chen ste­reo­sko­pi­schen Sehen ent­spricht. Das ste­reo­sko­pi­sche Sehen ermög­licht räum­li­che Wahr­neh­mung, indem das Gehirn die hori­zon­tal leicht ver­setz­ten visu­el­len Signa­le bei­der Augen ver­rech­net – ein Prin­zip, das die Tech­nik noch heu­te für das 3D-Fern­se­hen nutzt.

Die Wis­sen­schaft­ler konn­ten die abge­bil­de­te Per­son teil­wei­se drei­di­men­sio­nal rekon­stru­ie­ren. Die star­ke räum­li­che Wir­kung kann am besten im unte­ren Teil der Kom­bi­na­ti­on bei­der Gemäl­de wahr­ge­nom­men wer­den. Genau dort spie­gelt die per­spek­ti­vi­sche Ver­schie­bung der bei­den Ein­zel­bil­der auch am besten den hori­zon­ta­len Unter­schied zwi­schen lin­kem und rech­tem Auge wider, wie eine Ana­ly­se ein­zel­ner Bild­punk­te ergab.

Bis­her ging man davon aus, dass ste­reo­sko­pi­sche Dar­stel­lun­gen nicht vor Mit­te des 19. Jahr­hun­derts rea­li­siert wur­den. Auf der Basis von For­schungs­er­geb­nis­sen über räum­li­ches Sehen schuf damals der Bri­te Charles Wheatstone erste Ste­reo­gram­me aus gepaar­ten Foto­gra­fien. Diplom­psy­cho­lo­gin Vera Hess­lin­ger, Dok­to­ran­din an der Uni­ver­si­tät Mainz, erklärt: „Es ist wirk­lich erstaun­lich, wie per­fekt die bei­den Ver­sio­nen auf­ein­an­der abge­stimmt sind. Auf­fäl­lig ist, dass die bei­den Gemäl­de bei die­ser hohen Über­ein­stim­mung den­noch einen klei­nen, aber syste­ma­ti­schen Unter­schied auf­wei­sen, näm­lich eine Abwei­chung in der Per­spek­ti­ve – das ist ein­zig­ar­tig, vor allem in die­ser extrem hohen Detail­qua­li­tät, wie sie eigent­lich erst über 300 Jah­re spä­ter die Erfin­dung der Foto­gra­fie ermöglichte.“

Claus-Chri­sti­an Car­bon, Wahr­neh­mungs­psy­cho­lo­ge an der Uni­ver­si­tät Bam­berg, resü­miert: „Wir kön­nen zei­gen, dass die­ses Renais­sance-Bil­der­paar ste­reo­sko­pi­sche, also drei­di­men­sio­na­le, Qua­li­tä­ten besitzt. Ob Leo­nar­do die Mona Lisa als Ste­reo­bild geplant hat, kön­nen wir nicht mit Sicher­heit sagen. Berück­sich­tigt man sei­ne tie­fe Beschäf­ti­gung mit den opti­schen Geset­zen und der mensch­li­chen Wahr­neh­mung, ist es aller­dings auch nicht auszuschließen. “

Der Arti­kel „Da Vinci’s Mona Lisa ente­ring the next dimen­si­on“ von Car­bon und Hess­lin­ger ist gera­de in der Fach­zeit­schrift Per­cep­ti­on erschie­nen, zusam­men mit 3D-Abbil­dun­gen der Mona Lisa und einer Rekon­struk­ti­on des Ori­gi­nal­set­tings in Leo­nar­do da Vin­cis Atelier.
Car­bon, C. C., & Hess­lin­ger, V. M. (2013). Da Vinci’s Mona Lisa ente­ring the next dimen­si­on. Per­cep­ti­on, 42(8), 887–893. doi: 10.1068/p7524

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