Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Neue Erkennt­nis­se zum Zink-Stoff­wech­sel in Pflanzen

Symbolbild Bildung

Ansatz­punk­te für die „Bio­for­ti­fi­ka­ti­on“

Zink ist in vie­ler Hin­sicht für den mensch­li­chen Kör­per unent­behr­lich. Es über­nimmt zen­tra­le Funk­tio­nen beim Zucker‑, Fett- und Eiweiß­stoff­wech­sel sowie bei der Immun­ab­wehr und ist auch am Auf­bau der Erb­sub­stanz und am Zell­wachs­tum betei­ligt. Doch in zahl­rei­chen Regio­nen der Erde ent­hält die pflanz­li­che Nah­rung nicht genug Zink, um die Men­schen aus­rei­chend damit zu ver­sor­gen. Wie lässt sich bei­spiels­wei­se durch Dün­ger der Zink-Anteil in Pflan­zen stei­gern? Mit die­ser Fra­ge befasst sich eine For­schungs­grup­pe um Prof. Dr. Ste­phan Cle­mens an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Im “Plant Jour­nal“ stel­len die Wis­sen­schaft­ler neue Erkennt­nis­se zum Zink-Stoff­wech­sel in Pflan­zen vor.

„Bevor wir kon­kre­te Maß­nah­men ent­wickeln kön­nen, die den Zink­ge­halt in Pflan­zen in einer für die Ernäh­rung vor­teil­haf­ten Wei­se beein­flus­sen, müs­sen wir genau­er ver­ste­hen, wie Zink in die Pflan­ze gelangt und dort ver­teilt wird“, erklärt Prof. Cle­mens. „Daher ist zunächst eine inten­si­ve Grund­la­gen­for­schung erfor­der­lich.“ Das Inter­es­se rich­tet sich dabei ins­be­son­de­re auf Mole­kü­le, die den Zink-Anteil im pflanz­li­chen Gewe­be selbst dann rela­tiv kon­stant hal­ten, wenn der Zink-Anteil im Boden schwankt.

Unter­su­chun­gen an gene­tisch ver­än­der­ten Schaumkressen

Um der­ar­ti­ge Mole­kü­le zu iden­ti­fi­zie­ren, haben sich die Bay­reu­ther For­scher gemein­sam mit Kol­le­gen an der Uni­ver­si­tät Salz­burg mit wild­le­ben­den Pflan­zen der Gat­tung Ara­bi­d­op­sis befasst, die in Deutsch­land unter dem Namen „Schaum­kres­sen“ bekannt sind. Die­se Pflan­zen reagie­ren auf hohe Zink-Reak­tio­nen im Boden hoch­emp­find­lich. Sie bil­den ver­kürz­te Wur­zeln aus, um die Zufuhr von Zink zu ver­min­dern. Von sol­chen Schaum­kres­sen wur­den in den Bay­reu­ther Labo­ra­to­ri­en gene­ti­sche Abwand­lun­gen – so genann­te Mutan­ten – her­ge­stellt, die sogar noch emp­find­li­cher waren und das Wachs­tum ihrer Wur­zeln erst recht ein­schränk­ten. Ihre Wur­zeln dran­gen längst nicht so tief in den Boden ein, wie es für die Auf­nah­me grö­ße­rer Zink­men­gen erfor­der­lich wäre.

Bei sechs die­ser über­emp­find­li­chen Schaum­kres­sen war das Wur­zel­wachs­tum in beson­ders auf­fäl­li­ger Wei­se redu­ziert. Wie sich bei den fol­gen­den gene­ti­schen Ana­ly­sen her­aus­stell­te, war ihr Erb­gut in einer jeweils spe­zi­el­len Wei­se ver­än­dert. Damit hat­ten die For­scher einen Erklä­rungs­an­satz für die Beob­ach­tung gefun­den, dass drei die­ser Pflan­zen nur auf hohe Zink-Kon­zen­tra­tio­nen im Boden, die drei ande­ren Pflan­zen aber auch auf hohe Kon­zen­tra­tio­nen ande­rer Metal­le mit einem auf­fäl­lig ver­min­der­ten Wur­zel­wachs­tum reagieren.

Pro­te­in-Defek­te bewir­ken Stö­run­gen im Zink-Stoffwechsel

Zwei der über­emp­find­li­chen Ara­bi­d­op­sis-Pflan­zen ent­wickel­ten extrem ver­kürz­te Wur­zeln. Sie wur­den des­halb in den Bay­reu­ther Labo­ra­to­ri­en beson­ders ein­ge­hend ana­ly­siert. Im einen Fall war ein Pro­te­in defekt, das die Zink­kon­zen­tra­ti­on in der Pflan­zen­zel­le regu­liert. Die­ses Enzym mit der Bezeich­nung „AtMTP1“ sorgt dafür, dass über­schüs­si­ges Zink in die Vakuo­le, eine Zell­or­ga­nel­le, trans­por­tiert und hier abge­spei­chert wird. Die Vakuo­le fun­giert unter ande­rem als eine Art Vor­rats­kam­mer inner­halb der Zel­le und kann gespei­cher­tes Zink dann frei­set­zen, wenn es im Orga­nis­mus benö­tigt wird.

Im zwei­ten Fall war eben­falls ein Pro­te­in in sei­ner Funk­ti­on beein­träch­tigt, das Enzym AtPME3. „Die genaue Funk­ti­on die­ses Pro­te­ins ist bis­her noch nicht bekannt“, erklärt Prof. Cle­mens. „Doch wis­sen wir, dass es zu einer Grup­pe von Enzy­men gehört, die in der Lage sind, Eigen­schaf­ten von pflanz­li­chen Zell­wän­den zu ver­än­dern. Unter ihrem Ein­fluss kön­nen sich ins­be­son­de­re die elek­tri­schen Ladun­gen an den Ober­flä­chen der Zell­wän­de ändern. Mög­li­cher­wei­se führt die Muta­ti­on, die wir im Enzym AtPME3 ent­deckt haben, zu sol­chen Ladungs­än­de­run­gen – was wie­der­um zur Fol­ge hat, dass die betref­fen­den Pflan­zen extrem emp­find­lich auf Zink reagieren.“

Das Fern­ziel: die geziel­te Opti­mie­rung pflanz­li­cher Nahrung

Die im Labor ent­deck­ten Stö­run­gen des pflanz­li­chen Zink-Stoff­wech­sels bele­gen: Die Pro­te­ine AtMTP1 und AtPME3 haben offen­bar einen wesent­li­chen Anteil dar­an, die Zink-Kon­zen­tra­tio­nen im pflanz­li­chen Gewe­be rela­tiv kon­stant zu hal­ten. Die­se neu­en, teil­wei­se sehr spe­zi­el­len Erkennt­nis­se zum pflanz­li­chen Zink-Stoff­wech­sel sind aber für die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler kein Selbst­zweck. Sie bie­ten viel­mehr wert­vol­le Anhalts­punk­te für anwen­dungs­be­zo­ge­ne For­schun­gen, die dar­auf abzie­len, pflanz­li­che Grund­nah­rungs­mit­tel im Hin­blick auf ihren Zink­ge­halt zu opti­mie­ren. Prof. Cle­mens fasst die­se noch jun­ge For­schungs­rich­tung unter dem Begriff der „Bio­for­ti­fi­ka­ti­on“ zusam­men. „Wenn es uns gelingt, die Mikro­nähr­stof­fe in Pflan­zen – wie bei­spiels­wei­se das Zink – in einer für die mensch­li­che Ernäh­rung vor­teil­haf­ten Wei­se zu regu­lie­ren, könn­te dies ein nicht zu unter­schät­zen­der Bei­trag zur Lösung welt­wei­ter Ernäh­rungs­pro­ble­me sein“, meint der Bay­reu­ther Pflanzenphysiologe.

Bio­for­ti­fi­ka­ti­on zielt auf die Züch­tung von Pflan­zen mit erhöh­ten Mikro­nähr­stoff­ge­hal­ten. Die­se Züch­tung kann durch das Ver­ständ­nis der Mecha­nis­men des Zink-Stoff­wech­sels sehr beschleu­nigt wer­den. Unter­su­chun­gen an ein­zel­nen Mutan­ten im Labor hel­fen dabei und kön­nen Auf­schluss dar­über geben, wie die natür­li­chen Wachs­tums­be­din­gun­gen von Pflan­zen künf­tig so gestal­tet wer­den kön­nen, dass ihr Gehalt an lebens­wich­ti­gen Nähr­stof­fen mit den Anfor­de­run­gen an eine gesun­de Ernäh­rung bes­ser übereinstimmt.

Ver­öf­fent­li­chung:

Micha­el Weber, Ulrich Deinlein, Sina Fischer, Michae­la Rogow­ski, Ste­fan Gei­mer, Rai­mund Ten­ha­ken, Ste­phan Clemens,
A muta­ti­on in the Ara­bi­d­op­sis tha­lia­na cell wall bio­syn­the­sis gene pec­tin methylesterase3
as well as its aberrant expres­si­on cau­se hyper­sen­si­ti­vi­ty spe­ci­fi­cal­ly to Zn.
in: Plant Jour­nal, published ahead of print, 5 July 2013; DOI: 10.1111/tpj.12279.