Leser­brief: „Bebau­ungs­plan­ver­fah­ren Nr. 307 I“

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Bebau­ungs­plan­ver­fah­ren Nr. 307 I zwi­schen Kärn­ten­stra­ße und Josef-Kinds­ho­ven-Stra­ße erneu­te öffent­li­che Aus­le­gung (§ 3, Abs. 2, und § 4a, Abs. 3, BauGB), hier: Anre­gun­gen und Bedenken

Sehr geehr­te Damen und Herren!

Wesent­li­che Ände­run­gen der Pla­nung, wel­che mei­ne Stel­lung­nah­me vom 27. Janu­ar 2013 betref­fen, sind in den jetzt aus­ge­leg­ten Unter­la­gen nicht zu erken­nen. Daher besteht wenig Anlaß, mei­ne sei­ner­zei­ti­ge Ein­ga­be grund­le­gend zu überarbeiten.

Posi­tiv zu ver­mer­ken ist: Mei­ner For­de­rung ent­spre­chend, ist der pau­scha­le Aus­schluß jed­we­der „Ersatz­an­sprü­che und Beschwer­den, die sich auf die vom Flug­platz aus­ge­hen­den Emis­sio­nen bezie­hen, … selbst wenn sich der Flug­be­trieb wesent­lich erhö­hen soll­te“, gestri­chen wor­den. Mei­ne Annah­me, hier soll­te qua­si im Hand­streich ein Blan­ko­scheck selbst für den Fall gra­vie­ren­der bau­li­cher Erwei­te­run­gen des Flug­ha­fens aus­ge­stellt wer­den, lag offen­sicht­lich nahe bei der Realität.

Nun ist natür­lich Sor­ge zu tra­gen, daß das bean­stan­de­te Ansin­nen nicht durch die Hin­ter­tür – nach­träg­li­ches Wie­der­ein­fü­gen oder ande­re recht­li­che Trick­se­rei – doch noch umge­setzt wird.

Vor­be­mer­kung

Der Anlaß des Ver­fah­rens, Erwei­te­rungs­flä­che für ein Auto­haus zur Ver­fü­gung zu stel­len, paßt sich offen­sicht­lich wunsch­ge­mäß in die Ziel­vor­stel­lung der „Auto­stadt“ Bam­berg ein (Ober­bür­ger­mei­ster Star­ke in der Wochen­end­bei­la­ge „Eine star­ke Regi­on“ des Frän­ki­schen Tags vom 10. Novem­ber 2012).

Stell­plät­ze

Doch „die Stadt darf nie­mals auto­ge­recht wer­den“, äußer­te das Stadt­ober­haupt an glei­cher Stel­le – zuge­ge­be­ner­ma­ßen eine schwer ver­ständ­li­che Dia­lek­tik. Schon in klein­sten Details fehlt es an Maß­nah­men, wel­che den zwei­ten Gedan­ken stüt­zen. Zu nen­nen wäre das auch im vor­lie­gen­den Bebau­ungs­plan­ver­fah­ren rele­van­te The­ma „Stell­plät­ze“:

Die Baye­ri­sche Bau­ord­nung (Bay­BO) sieht vor: „Bei Ände­run­gen oder Nut­zungs­än­de­run­gen von Anla­gen sind Stell­plät­ze in sol­cher Zahl und Grö­ße her­zu­stel­len, dass die Stell­plät­ze die durch die Ände­rung zusätz­lich zu erwar­ten­den Kraft­fahr­zeu­ge auf­neh­men kön­nen“ (§ 47, Abs. 1). Daß die Zahl der „zusätz­lich zu erwar­ten­den Kraft­fahr­zeu­ge“ in unmit­tel­ba­rer Bezie­hung zur ver­kehr­li­chen Gesamt­si­tua­ti­on der Stadt, nicht zuletzt zur Qua­li­tät der Alter­na­ti­ven steht, leuch­tet unschwer ein. Der drin­gen­de Nach­bes­se­rungs­be­darf fällt nahe­zu flä­chen­deckend ins Auge.

„Die Stell­platz­pflicht kann erfüllt wer­den durch … Über­nah­me der Kosten für die Her­stel­lung der not­wen­di­gen Stell­plät­ze durch den Bau­herrn gegen­über der Gemein­de (Ablö­sungs­ver­trag)“ (§ 47, Abs. 3). Zudem kön­nen „die Gemein­den … durch Sat­zung im eige­nen Wir­kungs­kreis ört­li­che Bau­vor­schrif­ten erlas­sen … über Zahl, Grö­ße und Beschaf­fen­heit der Stell­plät­ze für Kraft­fahr­zeu­ge und der Abstell­plät­ze für Fahr­rä­der, ein­schließ­lich des Mehr­be­darfs bei Ände­run­gen und Nut­zungs­än­de­run­gen der Anla­gen sowie die Ablö­sung der Her­stel­lungs­pflicht und die Höhe der Ablö­sungs­be­trä­ge“ (§ 81, Abs. 1). „Wird die Zahl der not­wen­di­gen Stell­plät­ze durch eine ört­li­che Bau­vor­schrift oder eine städ­te­bau­li­che Sat­zung fest­ge­legt, ist die­se Zahl maß­geb­lich“ (§ 47, Abs. 2).

Die Stadt Bam­berg hät­te also, ehr­li­chen poli­ti­schen Wil­len vor­aus­ge­setzt, reich­lich Instru­men­te zur Hand, die „gemäß VEP 2002“ vor­geb­lich ange­streb­te „Ver­la­ge­rung des mIV auf den Umwelt­ver­bund“ (Rad­ver­kehrs­stra­te­gie Bam­berg, ein­stim­mi­ger Stadt­rats­be­schluß vom Mai 2012) zu beför­dern: nach den Belan­gen der Nutzer/​innen gestal­te­tes Ver­kehrs­an­ge­bot im Umwelt­ver­bund (Gehen, Rad‑, Bahn- und Bus­fah­ren sowie deren intel­li­gen­te Ver­net­zung), Ver­ab­schie­dung und Umset­zung einer Stell­platz­sat­zung, wel­che das Schwer­ge­wicht auf die Ver­mei­dung ver­zicht­ba­ren Auto­ver­kehrs und Stär­kung der Alter­na­ti­ven legt.

Bis­lang spielt das Fahr­rad in der Bau­leit­pla­nung kei­ne Rol­le: Die ent­spre­chen­den Inhal­te der gül­ti­gen Stell­platz­sat­zung sind auf Grund der gerin­gen Anfor­de­run­gen kaum des Lesens wert. Die man­gels ent­spre­chen­der städ­ti­scher Vor­ga­ben unmit­tel­bar gel­ten­den Bestim­mun­gen der Bay­BO wer­den augen­schein­lich durch­ge­hend ignoriert.

Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren sind, wenig über­ra­schend, aus­schließ­lich Kfz-Stell­plät­ze erwähnt. Doch selbst die Kund­schaft eines Auto­hau­ses ist nicht (immer) zwangs­läu­fig auf die Anfahrt mit dem Auto ange­wie­sen. Man­ches Mal emp­fiehlt sich die Nut­zung des öffent­li­chen Nah­ver­kehrs oder des Fahr­rads. Ent­spre­chen­de Infra­struk­tur unter­stütz­te eine sol­che Ver­kehrs­mit­tel­wahl. Der Plan­ent­wurf ist daher drin­gend nach­zu­bes­sern und hat (an Stel­le eini­ger der Kfz-Stell­plät­ze) attrak­ti­ve Fahr­rad­ab­stell­vor­rich­tun­gen (kei­ne der weit ver­brei­te­ten Vor­der­rad­hal­ter, wel­che ver­for­men­de Schä­den ver­ur­sa­chen kön­nen und weder sta­bi­len Halt noch die Mög­lich­keit siche­ren Anschlie­ßens bie­ten) vorzusehen.

Das „Rad­ver­kehrs­hand­buch Radl­land Bay­ern“ (Ober­ste Bau­be­hör­de im Baye­ri­schen Staats­mi­ni­ste­ri­um des Innern, Mai 2011) nennt im Kapi­tel „Ruhen­der Rad­ver­kehr“ für die „Bedarfs­er­mitt­lung“ aus­drück­lich „Fir­men­stand­or­te“ sowie „Einzelhandels‑, Geschäfts­be­rei­che“ als rele­vant. „Fahr­rad­ab­stell­an­la­gen die­nen neben dem Dieb­stahl­schutz auch der Ord­nung, Sor­tie­rung und Stand­si­cher­heit des ruhen­den Rad­ver­kehrs. Sie soll­ten gut sicht­bar und leicht zugäng­lich sein. Eine feste Rah­men­an­schluss­mög­lich­keit ist all­ge­mei­ner Stan­dard. Hoch­wer­ti­ge, anspre­chen­de Gestal­tungs­for­men stei­gern die Akzep­tanz und ver­lei­hen der Bedeu­tung des Rad­ver­kehrs Aus­druck“ (ebd.). Es kann nicht sein, daß eine Kom­mu­ne, die sich selbst „als fahr­rad­freund­li­che Stadt bezeich­net“ (Rad­ver­kehrs­stra­te­gie Bam­berg) und „mit Unter­zeich­nung der Kli­ma­al­li­anz im Okto­ber 2008 … für den nach­hal­ti­gen Schutz des Kli­mas und die nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung von Stadt und Land­kreis“ (ebd.) ein­tritt, selbst die ele­men­tar­sten Vor­ga­ben mißachtet.

Die eben­so erfor­der­li­che Ver­bes­se­rung der ÖV-Erschlie­ßung kann in die­sem Ver­fah­ren nicht erfaßt wer­den, stellt jedoch eine unab­ding­ba­re Auf­ga­be der kom­mu­na­len Poli­tik dar.

Mit freund­li­chen Grü­ßen Wolf­gang Bönig