Sonn­tags­ge­dan­ken: Von den Seerosen

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Auf einem See schwam­men zwei See­ro­sen, kaum beach­tet von den Spa­zier­gän­gern. Am näch­sten Tag waren es schon vier, einen Tag spä­ter acht. Die See­ro­sen ver­dop­pel­ten sich täg­lich. Die Men­schen freu­ten sich über das bun­te Blu­men­meer, nur zwei Fischer erkann­ten die Gefahr, sie eil­ten zum Bür­ger­mei­ster und ver­lang­ten, er möge die See­ro­sen­pla­ge stop­pen, denn sie über­wu­cher­ten den gan­zen See, ver­dür­ben das Was­ser, bedroh­ten die Fische und so das Fische­rei­ge­wer­be. Der Bür­ger­mei­ster aber wie­gel­te ab: „Regt Euch nicht auf! Ich habe ganz ande­re Sor­gen. Nur ein Vier­tel der See­ober­flä­che ist bis­her bedeckt.“

Die­ser Bür­ger­mei­ster war zu trä­ge, zu gleich­gül­tig, zu sehr mit sich selbst beschäf­tigt, um die her­auf­zie­hen­de Gefahr zu erken­nen. Sind wir heu­te klü­ger? Schon vor Jahr­zehn­ten haben ein­sich­ti­ge weit­blicken­de Men­schen vor­her­ge­se­hen, wie der wach­sen­de Wohl­stand, der tech­ni­sche Fort­schritt unse­re Umwelt belasten.

Unse­re Kir­che hat schon lan­ge davor gewarnt, wie die mora­li­schen Grund­la­gen unse­rer Gesell­schaft im Namen der Frei­heit, der Selbst­ver­wirk­li­chung unter­gra­ben wer­den. Aber erst ganz lang­sam wachen die Poli­ti­ker, ja die „Nor­mal­men­schen“ auf und rei­ben sich ver­wun­dert die Augen. Man klagt resi­gnie­rend über die hohe Jugend­kri­mi­na­li­tät, über die sozia­le Käl­te, über die gewalt­ver­herr­li­chen­den Medi­en und nimmt sogleich die Fern­be­die­nung in die Hand, um etwas Auf­rei­zen­des oder Unter­halt­sa­mes zu finden.

So wie damals im Tem­pel zu Jeru­sa­lem hät­te Jesus auch bei uns eini­ges aus­zu­fe­gen, unse­re Her­zen, unse­re Fami­li­en, Büros und Betrie­be, unse­re Ver­ei­ne und Par­tei­en, auch unse­re Kir­chen. Jesus will die­ses Werk heu­te an jedem von uns tun, will uns sei­nen Hei­li­gen Geist schen­ken. Got­tes Hei­li­ger Geist will uns ver­wan­deln, daß wir zur Ruhe kom­men, aus­ge­gli­che­ner, ver­ständ­nis­vol­ler wer­den, dass wir Brücken bau­en, wo sich Men­schen spöt­tisch, miss­trau­isch gegenüberstehen.

Wer auf Chri­stus ver­traut, der wird recht frei, der braucht sich nicht mehr von den Din­gen die­ser Welt knech­ten las­sen. Das Evan­ge­li­um könn­te dem Bür­ger­mei­ster aus unse­rer Geschich­te nicht vor­schrei­ben, wie er sei­ne Arbeit zu machen hät­te, aber könn­te sein Gewis­sen schär­fen, daß er sich sei­ner Ver­ant­wor­tung vor Gott und den Men­schen bewußt wür­de, und könn­te ihn auch ermu­ti­gen, unbe­que­me, ja für die Mehr­heit unver­ständ­li­che Schrit­te zu tun, all das in der ent­la­sten­den Über­zeu­gung, daß Gott anders als die Zeit­ge­nos­sen mich auch dann unbe­dingt liebt, wenn ich mich täu­sche, wenn ich ver­sa­ge und die andern über mich lachen.

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind
  • nicht ver­hei­ra­tet