Leser­brief: „Auf­re­gung um Fahrrad-Kralle“

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Unter dem Titel „Auf­re­gung um Fahr­rad-Kral­le“ berich­tet der Frän­ki­sche Tag am 27. Juni, daß „auf der Inter­net-Platt­form Face­book … der­zeit hef­tig über ‚Fahr­rad-Kral­len’ dis­ku­tiert“ wer­de. „Ursa­che für den Unmut“ sei, „dass die Stadt­wer­ke Bam­berg seit Mai falsch abge­stell­te Fahr­rä­der mit einer ‚Fahr­rad-Kral­le’ fest­ket­ten“. Im Anschluß an die­se Mit­tei­lung darf „Jan Giers­berg, Spre­cher der Stadt­wer­ke Bam­berg, … die Grün­de“ erklären.

Herr Giers­berg erläu­tert „den poli­ti­schen Auf­trag, das Wild­par­ken … ein­zu­däm­men“. Mutet dies ange­sichts groß­flä­chig gedul­de­ten Kfz-Falsch­par­kens in vie­len Berei­chen der Stadt schon selt­sam an, ver­wun­dert: Seit wann ist dies Auf­ga­be eines pri­vat­wirt­schaft­li­chen Unter­neh­mens? Kein Pri­vat­mensch darf eigen­mäch­tig abschlep­pen las­sen, wenn die eige­ne Grund­stücks­zu­fahrt blockiert ist.

„Anfangs haben wir die Räder ver­räumt, so wie es auch die Bahn immer mal wie­der prak­ti­ziert“, fährt der Stadt­wer­ke­spre­cher fort. Das war vor rund einem Jahr. Unter mut­wil­li­ger Sach­be­schä­di­gung – Zer­stö­rung der Schlös­ser – nah­men die Stadt­wer­ke miß­lie­big abge­stell­te Fahr­rä­der in Ver­wah­rung. Die Maß­nah­men hät­ten „die Attrak­ti­vie­rung des Bahn­hofs­um­felds zum Ziel“.

Zwei Sach­ver­hal­te ste­chen ins Auge:

Kein ein­zi­ges Wort ver(sch)wendet Herr Giers­berg dar­auf, daß das Fahr­rad­park­haus den Umwelt­ver­bund vor­an­brin­gen soll: die intel­li­gen­te Ver­knüp­fung mit den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln. Die För­de­rung umwelt‑, stadt- und sozi­al­ver­träg­li­cher Ver­kehrs­mit­tel­wahl sehen die Stadt­wer­ke offen­kun­dig nicht als ihre Auf­ga­be an. Im Fokus steht das Fahr­rad als opti­scher Störfaktor.

Nicht ein­mal ansatz­wei­se wird Herr Giers­berg mit der Fra­ge der Recht­mä­ßig­keit der Stadt­wer­ke­ak­ti­on kon­fron­tiert. Dies erstaunt ins­be­son­de­re, weil die ein­schlä­gi­ge Recht­spre­chung sowohl im Vor­jahr als auch aktu­ell wie­der­holt kom­mu­ni­ziert wor­den ist (sie­he auch bei­lie­gen­de Aus­zü­ge!). Sobald eine Flä­che, wenn auch nur gedul­det, öffent­li­chem Ver­kehr dient, gilt die Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung (StVO). Ob es sich um Pri­vat­grund han­delt, ob die Flä­che ver­kehrs­recht­lich gewid­met ist, spielt kei­ne Rol­le. Gemäß der StVO ist das Abstel­len von Fahr­rä­dern auf Flä­chen des fuß­läu­fi­gen Ver­kehrs zuläs­si­ger Gemein­ge­brauch, soweit es nicht nach­hal­tig behin­dert. Frei­zu­hal­ten sind dar­über hin­aus deut­lich zu kenn­zeich­nen­de Flucht- und Rettungswege.

Schluß­an­mer­kun­gen:

Ört­li­che Ver­kehrs­be­hör­den sind nicht berech­tigt, von die­ser Vor­ga­be der StVO abzu­wei­chen. Nicht amt­li­che Ver­bots­schil­der sind bedeutungslos.

Ästhe­ti­sche Belan­ge sind für die Inter­pre­ta­ti­on des Ver­kehrs­rechts ohne Belang. Soll die Attrak­ti­vi­tät des Bahn­hofs­um­felds gestei­gert wer­den, ist ein dif­fe­ren­zier­tes Ange­bot erfor­der­lich. Neben der hoch­wer­ti­gen, daher kosten­pflich­ti­gen Unter­brin­gung im geschlos­se­nen Gebäu­de bedarf es nach­fra­ge­ge­rech­ter, prak­ti­scher Abstell­mög­lich­kei­ten auf gerin­ge­rem Niveau in aus­rei­chen­der Zahl.

Eine posi­ti­ve, die Vor­tei­le des Umwelt­ver­bunds in den Vor­der­grund rücken­de Öffent­lich­keits­ar­beit käme auch der Aus­la­stung des Rad­hau­ses zu Gute. Momen­tan pro­vo­zie­ren die Stadt­wer­ke eher eine Anti­hal­tung. Wie schon Poli­zei und städ­ti­sche Ver­kehrs­be­hör­den schei­nen sie gezielt vom Rad­fah­ren abschrecken zu wollen.

Es ist höch­ste Zeit, daß die zustän­di­gen Auf­sichts­be­hör­den ein­grei­fen und dem rechts­wid­ri­gen Han­deln der Stadt­wer­ke Bam­berg einen Rie­gel vor­schie­ben. Zudem ist zu hof­fen, daß Betrof­fe­ne kla­gen und ange­mes­se­nen Scha­dens­er­satz einfordern.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig
Mar­tin-Ott-Stra­ße 8