Auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela

Symbolbild Religion

Ein Bericht von Peter Kriegl

Die Pilgergruppe

Die Pilgergruppe

„Wie werde ich mit den neuen Wanderschuhen zurechtkommen? Werde ich die Tour körperlich verkraften und ohne Blasen überstehen? Wie wird das Wetter sein, gibt es Sonnenschein oder wird der Regen unser ständiger Begleiter sein? Wie wird die Gruppe mit den neuen Mitgliedern harmonieren?“

Solche oder ähnliche Gedanken haben wohl fast alle der 20 Teilnehmer aus Ebermannstadt und Umgebung beschäftigt, als die Gruppe Anfang Mai nach Spanien aufgebrochen ist, um die letzten 120 Km zwischen Sarria und Santiago de Compostela auf dem Camino Francés zu pilgern.

Die „Wurzeln“ zu dieser Pilgerreise liegen schon einige Jahre zurück. Auf die Anregung der damaligen Pastoralreferentin, Frau Dr. Andrea Friedrich, haben sich im Oktober 2008 etwa 20 Frauen und Männer von Ebermannstadt aus auf den Jakobsweg gemacht und sind an vielen verlängerten Wochenenden über Nürnberg, Heilsbronn, Rothenburg, Ulm usw. bis zum Vierwaldstätter See gepilgert. Damit war aber eine Grenze erreicht, ab der diese Art des Pilgerns nicht mehr möglich war, denn die An- und Abreise dauerte inzwischen viel zu lange, um noch eine sinnvolle Strecke zurücklegen zu können. Dennoch wollten die meisten Mitglieder aus der Gruppe unbedingt am Endziel des Weges, in Santiago de Compostela ankommen. Nachdem einige ehemalige Mitpilger inzwischen schon auf eigene Faust dieses Ziel erreicht hatten, entschloss sich der Rest, in diesem Jahr nach Spanien zu fliegen, um wenigstens den letzten Abschnitt auf dem Camino zu wandern.

So brach man schließlich am 1. Mai aus dem kalten Deutschland in das sonnige Spanien auf und am 2. Mai ging es dann richtig los. Nach einer kalten Nacht und dem allmorgendlichen spirituellen Impuls startete die Gruppe im Morgennebel, doch es dauerte nicht allzu lange, bis sich die Sonne durchgesetzt hatte und so sollte es auch die nächsten 3 Tage bleiben. Gut gelaunt pilgerte man bei strahlendem Sonnenschein durch eine wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft, die in vielem an Irland erinnerte: saftig grüne Wiesen, von Kühen und Schafen beweidet, und Steinmauern, die hier wie dort die Flächen voneinander trennen. Dazu eine prächtige Flora: ganze Hänge leuchten vom Gelb des Ginsters, dazwischen violettrote Tupfer von Erika. In den Gärten mischen sich das Blau der Wisteria mit dem Weiß der Calla und dazwischen stehen immer wieder herrlich rot blühende Kamelienbäume. Der Weg war leicht zu finden, an jeder Abzweigung weisen gelbe Pfeile dem Pilger die Richtung und alle 500 Meter gibt ein Kilometerstein darüber Auskunft, wie weit es noch bis Santiago ist. Und schließlich sind auf diesem Teil des Camino die Höhenunterschiede nicht so groß, sodass für alle von uns der Weg leicht zu bewältigen war. Immerhin war unser ältester Mitpilger 82 Jahre! Zur Erholung gibt es unterwegs in beinahe jedem Ort eine Bar oder ein kleines Restaurant, wo man leckere Tapas, süßen Mandelkuchen und Cafe oder andere Getränke von freundlichen Wirten serviert bekommt. Diese Kneipen haben noch eine weitere wichtige Funktion, denn man erhält bei ihnen auch den „Sello“, den Stempel für den Pilgerausweis, mit dem man in Santiago nachweisen muss, dass man die Strecke auch tatsächlich zu Fuß zurückgelegt hat. Ohne diesen Nachweis gibt es keine Pilgerurkunde!

Die Galizier entlang des Weges sind ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Menschenschlag. Dies gilt aber vor allem für die vielen unterschiedlichsten Mitpilger, denen man auf dem Camino immer wieder begegnet, laufen doch fast alle die gleichen Etappen. So ergeben sich immer mal wieder kurzzeitige Bekanntschaften, werden Erfahrungen ausgetauscht und interessante Gespräche geführt. Somit bestand unterwegs die einzige Enttäuschung darin, dass fast alle Kirchen und Kapellen entlang des Camino geschlossen waren.

Leider ist das Wetter am 5. Tag umgeschlagen und vor allem bei der 6. und letzten Etappe hat es schon beim Morgenimpuls und immer wieder im Laufe des Tages wie aus Eimern gegossen und dazu auch noch sehr stark geweht, bis wir in die Nähe von Santiago gekommen sind. Aber ausgerüstet mit der entsprechenden Regenkleidung haben wir auch diese Wetterunbilden alle gut überstanden und so sind wir schließlich glücklich und auch ein wenig stolz wohlbehalten auf der „Praza do Obradoiro“ vor der Kathedrale angekommen. Beeindruckt von den Ausmaßen der Kirche und ihrer wunderschönen barocken Fassadengestaltung betraten wir zum ersten Mal das Gotteshaus. Die prächtige Ausstattung und das Glücksgefühl darüber, dass wir unser Ziel ohne große Probleme erreicht haben, haben uns alle berührt und jeder sprach für sich ein persönliches Dankgebet. Natürlich sind wir auch alle an der Jakobsfigur auf dem Hochaltar vorbeigegangen und haben sie nach altem Pilgerbrauch umarmt. So waren schnell alle Mühen der vergangenen Woche vergessen.

Die letzten beiden Tage vergingen wie im Flug. Am Mittwoch fuhren wir mit dem Bus bis ans „Ende der Welt“ und besuchten nicht nur den Kilometerstein 0,00, also das endgültige Ende des Jakobswegs, sondern auch das Cap Finisterre, wo viele Pilger rituell ihre Schuhe oder andere Kleidungsstücke verbrennen. Die Steilküste und die mit gelb blühendem Ginster bewachsenen Hänge standen in interessantem Kontrast zu dem grau verhangenen Himmel.

Der nächste Tag, Christi Himmelfahrt, sollte noch einmal ein besonderes Ereignis bringen, sollte doch am Ende der Pilgermesse das berühmte Weihrauchfass, der Botafumeiro, geschwenkt werden. Daraus wurde aber zu unserer Enttäuschung leider nichts, schließlich hatten wir uns extra rechtzeitig in der Kirche eingefunden, um einen Platz im Querschiff zu ergattern. Stattdessen knallten kurz nach Beginn des Gottesdienstes Gewehrsalven und Kanonenschläge vor den Toren der Kirche und störten so die Andacht. Nach der Messe zeigte sich der Grund dafür: um die Kathedrale herum gab es ein Folklore-Spektakel und Musik-, Tanz- und Trachtengruppen belebten die Gassen der Altstadt.

Nach einem besonderen Morgengottesdienst am letzten Tag in einem kleinen Kreis von deutschen Pilgern in einer Nische hinter dem Hochaltar nahmen wir tief bewegt Abschied. Mit vielen wunderschönen Eindrücken, die noch lange in uns nachklingen werden und spirituell bereichert kehrten wir nach Hause zurück.