Leser­brief: Regeln gel­ten für alle?

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Eine auf den ersten Blick klei­ne, unwe­sent­li­che Bege­ben­heit – doch, näher betrach­tet, sehr bezeichnend:

Eines Mor­gens auf dem Regens­bur­ger Ring:

Mit­ten auf dem Rad­weg (!) steht ein Warn­schild. Eini­ge Meter wei­ter (!) fin­det sich, auf der Trenn­li­nie zum Geh­weg pla­ziert, Ver­kehrs­zei­chen 254 (Ver­bot für Rad­ver­kehr), ergänzt durch das Zusatz­zei­chen „Rad­fah­rer abstei­gen“. Kurz danach steht noch ein Warn­schild im Geh­weg­be­reich. In Gegen­rich­tung (der Rad­weg ist, wenn­gleich unzu­läs­sig, als benut­zungs­pflich­ti­ger Zwei­rich­tungs­weg ange­ord­net) das grund­sätz­lich glei­che Bild – ledig­lich das erste Warn­schild fehlt.

Das Zusatz­zei­chen „Rad­fah­rer abstei­gen“ dürf­te von Rechts wegen gar nicht ange­bracht sein: „Ver­kehrs­zei­chen, die ledig­lich die gesetz­li­che Rege­lung wie­der­ge­ben, sind nicht anzu­ord­nen. Dies gilt auch für die Anord­nung von Ver­kehrs­zei­chen ein­schließ­lich Mar­kie­run­gen, deren recht­li­che Wir­kung bereits durch ein ande­res vor­han­de­nes oder gleich­zei­tig ange­ord­ne­tes Ver­kehrs­zei­chen erreicht wird“ (All­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung – VwV-StVO). Das Ver­bot, mit dem Fahr­rad zu fah­ren, ist bereits durch Zei­chen 254 angeordnet.

Dem über­wie­gen­den Teil der Betrof­fe­nen dürf­te nicht bewußt sein, ob Zei­chen 254 für den Rad­weg oder die gesam­te Stra­ße gilt. Zei­chen 237 (Rad­weg) mit dem Zusatz­zei­chen „Ende“ oder Zei­chen 239 (Geh­weg) wäre ein­deu­tig (VwV-StVO).

Ist das Rad­fah­ren „nur“ auf dem Rad­weg ver­bo­ten, wäre es man­gels benut­zungs­pflich­ti­gen Rad­wegs auf der Fahr­bahn erlaubt. Nur ent­fie­le dann die Benut­zungs­pflicht bereits von der Stel­le an, an wel­cher der Rad­weg zuletzt hät­te gefahr­los – fah­rend ! – ver­las­sen wer­den kön­nen. Und dort, an den Ein­mün­dun­gen der Muß­stra­ße und des Wei­den­damms, wäre hier­auf hin­zu­wei­sen gewesen:

„Vor dem Beginn von Arbei­ten, die sich auf den Stra­ßen­ver­kehr aus­wir­ken, müs­sen die Unter­neh­mer … von der zustän­di­gen Behör­de Anord­nun­gen … ein­ho­len, … wie sie … Umlei­tun­gen kenn­zeich­nen zu haben. Sie haben die­se Anord­nun­gen zu befol­gen“ (Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung – StVO -, § 45–6).

„Wenn durch Ver­bo­te oder Beschrän­kun­gen ein­zel­ne Ver­kehrs­ar­ten aus­ge­schlos­sen wer­den, ist dies in aus­rei­chen­dem Abstand vor­her anzu­kün­di­gen und auf mög­li­che Umlei­tun­gen hin­zu­wei­sen“ (VwV-StVO).

Das gilt erst recht, soll­te das Rad­fahr­ver­bot für die Stra­ße, also auch die Fahr­bahn, gel­ten. Ein sol­ches Ver­bot wäre indes unver­hält­nis­mä­ßig: Denn gemäß StVO, §45–9, „dür­fen ins­be­son­de­re Beschrän­kun­gen und Ver­bo­te des flie­ßen­den Ver­kehrs nur ange­ord­net wer­den, wenn auf Grund der beson­de­ren ört­li­chen Ver­hält­nis­se eine Gefah­ren­la­ge besteht, die das all­ge­mei­ne Risi­ko … erheb­lich über­steigt.“ Nach Aus­sa­ge der Bam­ber­ger Stadt­ver­wal­tung ist die Fahr­bahn des Regens­bur­ger Rings bis­lang nicht als beson­de­re Gefah­ren­stel­le auf­ge­fal­len. Und auf Grund der unzu­mut­ba­ren Qua­li­tät des Rad­wegs, die bereits für meh­re­re Unfäl­le ver­ant­wort­lich zeich­net, wird sie von ver­hält­nis­mä­ßig vie­len Radler/​inne/​n benutzt.

Der Voll­stän­dig­keit hal­ber sei erwähnt: Neben der man­geln­den Qua­li­tät (gefähr­li­che Lini­en­füh­rung, Hin­der­nis­se im Fahr­weg, unzu­rei­chen­der Quer­schnitt) des Rad­wegs und dem feh­len­den Raum für den Fuß­ver­kehr ver­deut­licht allein die­se Tat­sa­che: Die Anord­nung des benut­zungs­pflich­ti­gen Rad­wegs ist rechtswidrig.

Ob „Ver­bot für Rad­ver­kehr“ (Zei­chen 254), „Rad­weg Ende“ (Zei­chen 237 mit Zusatz­zei­chen) oder Geh­weg (Zei­chen 239) ange­ord­net ist: Das Schie­ben des Fahr­rads bleibt erlaubt – und benö­tigt mehr Raum als das Fah­ren. Aber:

„Wer zu Fuß geht und Fahr­zeu­ge oder sper­ri­ge Gegen­stän­de mit­führt, muss die Fahr­bahn benut­zen, wenn auf dem Geh­weg oder auf dem Sei­ten­strei­fen ande­re zu Fuß Gehen­de erheb­lich behin­dert wür­den“ (StVO, § 25–2). Nun läßt sich bei Ein­fahrt in den im wei­te­ren Ver­lauf gesperr­ten Strecken­ab­schnitt nicht abse­hen, ob und ggf. in wel­cher Stär­ke fuß­läu­fi­ger Ver­kehr auf­tritt. Sicher ist nur: Der Weg ist durch die ver­an­las­sen­den Arbei­ten sowie den Sla­lom erfor­dern­den Schil­der­wald stark ein­ge­engt. Ein Wech­sel auf die Fahr­bahn erst zu Beginn der Sper­rung wird durch den hohen Bord­stein stark erschwert, gar unmög­lich gemacht.

Wenn das Fahr­rad nun auf der Fahr­bahn gescho­ben wer­den darf bzw. muß, ergibt sich zwangs­läu­fig die Fra­ge: War­um soll Fah­ren ver­bo­ten sein?

„Mit dem … Natio­na­len Rad­ver­kehrs­plan hat sich die Bun­des­re­gie­rung die För­de­rung des Rad­ver­kehrs als Bestand­teil einer nach­hal­ti­gen inte­grier­ten Ver­kehrs­po­li­tik zum Ziel gesetzt. Dabei kommt den recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen maß­geb­li­che Bedeu­tung zu“ (aus der Begrün­dung der am 1. April 2013 in Kraft getre­te­nen Neu­fas­sung der StVO).

Doch wie soll das Ziel erreicht wer­den, wenn die ört­li­chen Ver­kehrs­be­hör­den die „recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen“ augen­schein­lich nicht ken­nen – oder bewußt gegen sie ver­sto­ßen? Ob Unwis­sen oder Vor­satz: Bei­des ist in einem Rechts­staat unhaltbar!

Wie ein­gangs bereits erwähnt: Die­se Bege­ben­heit mag, für sich genom­men, eine Peti­tes­se sein. Doch sie cha­rak­te­ri­siert die Ver­kehrs­po­li­tik in Bam­berg und Umge­bung recht anschau­lich. Wer unmo­to­ri­siert unter­wegs ist, stellt in den Augen der Ver­ant­wort­li­chen nur eine ver­nach­läs­sig­ba­re Rand­grö­ße dar. Daß die Stadt Bam­berg sich den­noch als fahr­rad­freund­lich bezeich­net, belegt nur, wie schmerz­frei ihre Füh­rung ist.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig
Mar­tin-Ott-Stra­ße 8
Gaustadt