DFG-Son­der­for­schungs­be­reich an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wird bis 2017 verlängert

Symbolbild Bildung

Von Nano­sy­ste­men zur Mesotechnologie

Gro­ßer Erfolg für die Poly­mer- und Kol­loid­for­schung an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Wie die Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft vor kur­zem bekannt­gab, wird der 2009 ein­ge­rich­te­te SFB 840 „Von par­ti­ku­lä­ren Nano­sy­ste­men zur Meso­tech­no­lo­gie“ für vier wei­te­re Jah­re mit mehr als sie­ben Mil­lio­nen Euro geför­dert. Damit kann die Uni­ver­si­tät Bay­reuth schon bald auf eine mehr als 30jährige, seit 1984 unun­ter­bro­che­ne Tra­di­ti­on von Son­der­for­schungs­be­rei­chen in der Makro­mo­le­kül- und Kol­loid­for­schung zurück­blicken. Mit ihrer aktu­el­len För­der­ent­schei­dung bestä­tigt die DFG die Spit­zen­po­si­ti­on der Uni­ver­si­tät Bay­reuth auf einem ihrer inter­na­tio­nal aus­ge­wie­se­nen Profilfelder.

Eine effi­zi­en­te Ener­gie­um­wand­lung und ‑nut­zung, eine nach­hal­ti­ge Scho­nung von Umwelt und Res­sour­cen, aber auch Fort­schrit­te in der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie zu för­dern, sind zen­tra­le Her­aus­for­de­run­gen an die Mate­ri­al­che­mie. Die in Zukunft benö­tig­ten Mate­ria­li­en wer­den Struk­tu­ren besit­zen müs­sen, die deut­lich kom­ple­xer sind als die Struk­tu­ren der heu­te bekann­ten Mate­ria­li­en. Hier setzt der SFB 840 an. Er kann dabei an die signi­fi­kan­ten Fort­schrit­te anknüp­fen, wel­che die Nano­tech­no­lo­gie bei der kon­trol­lier­ten Her­stel­lung struk­tu­rier­ter Nano­par­ti­kel erzielt hat. Die­se Par­ti­kel haben eine Grö­ße von weni­ger als 100 Nano­me­tern und ste­hen als Bau­ein­hei­ten für tech­no­lo­gi­sche Anwen­dun­gen zur Ver­fü­gung. Daher muss sich an die­se Erfol­ge der Nano­tech­no­lo­gie nun ein wei­te­rer Schritt anschlie­ßen: die Inte­gra­ti­on die­ser Bau­stei­ne in grö­ße­re Ein­hei­ten, näm­lich in System­bau­stei­ne mit defi­nier­ten Eigen­schaf­ten und Funktionen.

Die Meso­tech­no­lo­gie ist ein ver­gleichs­wei­se jun­ger For­schungs­zweig, der sich mit die­ser Inte­gra­ti­on befasst. Sie macht es mög­lich, dass aus nano­par­ti­ku­lä­ren Ein­hei­ten kom­ple­xe System­bau­stei­ne ent­ste­hen, die für inno­va­ti­ve Anwen­dun­gen auf der makro­sko­pi­schen Ebe­ne genutzt wer­den kön­nen. „Der kon­trol­lier­te Über­gang von der Nano- zur Meso-Ska­la gilt heu­te inter­na­tio­nal als eine der gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen für die Nano­tech­no­lo­gie-Com­mu­ni­ty“, erklärt Prof. Dr. Josef Breu, der Spre­cher des SFB 840.

Der SFB 840 wid­met sich daher der Auf­ga­be, neue und kom­ple­xe System­bau­stei­ne zu ent­wickeln, die mög­lichst ziel­ge­nau auf die jeweils gewünsch­ten Anwen­dun­gen zuge­schnit­ten sind. Ein wesent­li­cher Schritt ist dabei das ziel­ge­rich­te­te Design der zugrun­de lie­gen­den nano­ska­li­gen Ein­hei­ten. Die­se sol­len so pro­gram­miert wer­den, dass sie sich im Ver­lauf kon­trol­lier­ter Pro­zes­se in meso­ska­li­ge, hier­ar­chisch auf­ge­bau­te Struk­tu­ren ein­fü­gen. Ent­schei­dend ist dabei, wie die ein­zel­nen Bau­ein­hei­ten in und mit einer umge­ben­den Matrix oder Ober­flä­che zusam­men­wir­ken; denn aus die­sen Wech­sel­wir­kun­gen gehen die gewünsch­ten Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten her­vor. Die Ent­wick­lung neu­er Syste­me auf der Meso-Ska­la beruht also wesent­lich auf Pro­zes­sen der kon­trol­lier­ten Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on, die sich zu hier­ar­chisch auf­ge­bau­ten Struk­tu­ren zusam­men­schlie­ßen. Die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler wol­len des­halb von ver­gleich­ba­ren Pro­zes­sen ler­nen, wie sie in der Natur viel­fach anzu­tref­fen sind. Perl­mutt oder Kno­chen sind jahr­tau­sen­de­al­te Bei­spie­le dafür, dass win­zi­ge Par­ti­kel wie von selbst kom­ple­xe Struk­tu­ren bilden.

Der SFB ist durch die enge Zusam­men­ar­beit von Arbeits­grup­pen aus der Che­mie, der Phy­sik und den Inge­nieurs­wis­sen­schaf­ten geprägt. Dabei wer­den auf tech­no­lo­gi­schen Zukunfts­fel­dern weg­be­rei­ten­de System­bau­stei­ne erschlos­sen. Auf dem Gebiet der Pho­to­vol­ta­ik wer­den effi­zi­en­te­re Licht­sam­mel­sy­ste­me und akti­ve Matri­zen ent­wickelt; auf dem Gebiet der Kata­ly­se rich­tet sich das Inter­es­se auf hier­ar­chisch porö­se, hoch per­meable Fest­stoff­ka­ta­ly­sa­to­ren, die bei der Kata­ly­se in flüs­si­ger Pha­se zum Ein­satz kom­men. Im Bereich der Pho­to­nik geht es um die Nut­zung quas­i­k­ri­stal­li­ner Struk­tu­ren. Und im Bereich der Opto­elek­tro­nik wer­den trans­pa­ren­te, fle­xi­ble Hoch­bar­rie­re­be­schich­tun­gen erforscht.

Die in der ersten För­der­pe­ri­ode (2009 – 2013) erziel­ten Fort­schrit­te erlau­ben schon jetzt eine wesent­lich ziel­ge­naue­re Rea­li­sie­rung von kom­ple­xen, funk­tio­na­len System­bau­stei­nen. „In den letz­ten vier Jah­ren ist es uns gelun­gen, das wis­sen­schaft­li­che Ver­ständ­nis für Pro­zes­se der Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on bedeu­tend wei­ter­zu­ent­wickeln,“ berich­tet Prof. Dr. Josef Breu.

„Damit wer­den inef­fi­zi­en­te zeit- und mate­ri­al­in­ten­si­ve Tri­al-und-Error-Ver­fah­ren ver­mie­den und wert­vol­le Mate­ri­al­res­sour­cen geschont. Es freut uns sehr, dass die DFG es uns jetzt ermög­licht, die bis­he­ri­gen wis­sen­schaft­li­chen Erfol­ge aus­zu­bau­en, tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen zu för­dern und auf der Basis unse­rer For­schungs­er­fah­run­gen neue Her­aus­for­de­run­gen anzu­ge­hen.“ In den kom­men­den vier Jah­ren soll die pro­gram­mier­te Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on als ele­gan­tes, ein­fa­ches und preis­wer­tes Ver­fah­ren wei­ter­ent­wickelt wer­den, um die Her­stel­lung hoch­kom­ple­xer Mate­ri­al­struk­tu­ren zu för­dern. Ins­be­son­de­re soll das Poten­zi­al von Hybrid- und Kom­po­sit­ma­te­ria­li­en in sei­ner gan­zen Brei­te erforscht werden.

Der Bay­reu­ther SFB 840 wird auch in Zukunft von der engen Zusam­men­ar­beit mit dem Bay­reu­ther Zen­trum für Kol­lo­ide und Grenz­flä­chen (BZKG) pro­fi­tie­ren. Das BZKG, ein inter­dis­zi­pli­nä­res For­schungs­zen­trum der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, stärkt die Zusam­men­ar­beit von Che­mi­kern, Phy­si­kern und Inge­nieur­wis­sen­schaft­lern auf dem Bay­reu­ther Cam­pus und ist auf dem Gebiet der Kol­loid­for­schung ein viel gefrag­ter Part­ner für Industrieunternehmen.

Home­page des SFB 840:

www​.sfb840​.uni​-bay​reuth​.de/