Leser­brief: Sor­ge um siche­ren Schul­weg – Frän­ki­scher Tag vom 17. Mai

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Sehr geehr­te Damen und Her­ren, sehr geehr­te Frau Schreiber!

„/​Im Bereich der Ebra­cher Grund­schu­le wur­den Schil­der abge­baut, die den Ver­kehr auf Tem­po 30 dros­seln sollten/​“, berich­ten Sie. „/​Warum ver­schwan­den die Tem­po-30-Schil­der? Weil der Land­kreis den Schil­der­wald mög­lichst lich­ten will und sol­che Schil­der ent­fernt, deren Bot­schaft bereits durch ande­re signa­li­siert wird … . ‚Ach­tung Schul­kin­der’ trans­por­tie­re bereits die ent­schei­den­de Bot­schaft. … wer­den in Ebrach auch die blau­en Schü­ler­lot­sen-Schil­der ver­schwin­den. War­um? Weil es Schü­ler­lot­sen hier … nicht mehr gibt … die erwach­se­nen Schul­weg­hel­fer … war­ten … Lücken im flie­ßen­den Ver­kehr ab, um die Kin­der über die Stra­ße zu lotsen./“

Nicht zum ersten Mal belegt das Land­rats­amt Bam­berg sei­ne erschrecken­de Inkom­pe­tenz. Schon wie­der­holt hat es das Ver­kehrs­recht ten­den­zi­ös bis unzu­läs­sig inter­pre­tiert, um Dere­gu­lie­rung des Auto­ver­kehrs auf Kosten ande­rer zu recht­fer­ti­gen. Ein Blick in die ein­schlä­gi­gen Regel­wer­ke, hier die All­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung (VwV-StVO), ver­schafft Aufklärung:

„/​Verkehrshelfer sind Schü­ler­lot­sen, Schul­weg­hel­fer oder ande­re Hel­fer für den Fußgängerverkehr./“ Für die Bedeu­tung des Zei­chens 356 (Ver­kehrs­hel­fer) kommt es nicht dar­auf an, ob Schü­ler oder Erwach­se­ne den Ver­kehr „regeln“. Recht­li­che Befug­nis­se haben bei­de nicht, ob mit oder ohne Kelle.

Das ein­gangs erwähn­te Warn­schild ermahnt zwar zu erhöh­ter Auf­merk­sam­keit und Vor­sicht. Geahn­det wer­den kön­nen Ver­stö­ße in der Regel aber erst, wenn etwas pas­siert, es also zu spät ist. Igno­rie­ren einer ange­ord­ne­ten Geschwin­dig­keits­be­gren­zung hin­ge­gen ist justi­zia­bel. Die Sicher­heit der Schul­kin­der wäre vor­beu­gend erhöht. War­um also nicht „Tem­po 30“ mit dem Zusatz „Schu­le“ belas­sen und das Warn­schild ent­fer­nen? Aus­drück­lich gibt die VwV-StVO vor:

„/​Wenn … die Anla­ge von Fuß­gän­ger­über­we­gen aus­schei­det, der Schutz des Fuß­gän­ger­quer­ver­kehrs aber erfor­der­lich ist, muß es nicht immer gebo­ten sein, Licht­zei­chen vor­zu­se­hen. In vie­len Fäl­len wird es viel­mehr genü­gen, die Bedin­gun­gen für das Über­schrei­ten der Stra­ße zu ver­bes­sern (z. B. durch … Geschwindigkeitsbeschränkungen)./“ Wobei es eine frag­wür­di­ge Gewich­tung von Men­schen­le­ben gegen­über unge­hin­der­tem Auto­fah­ren ist, wenn die Instal­la­ti­on einer Licht­zei­chen­an­la­ge (Ampel) selbst bei vor­han­de­ner Gefähr­dung von nack­ten Zah­len abhängt.

„/​Fachbehörden … ver­tre­ten die Ansicht, ein Zebra­strei­fen ver­mitt­le den fälsch­li­chen Ein­druck von Sicherheit/​“, schrei­ben Sie. „/​Genau die­se Ein­stel­lung teilt Rek­to­rin Han­ne Frisch­mann. … Wenn, dann müss­ten dort auch Schul­weg­hel­fer mit hin …/“. Schon lan­ge ist bekannt: Fuß­gän­ger­über­we­ge (Zei­chen 293 = Zebra­strei­fen) bie­ten dann eine hohe Sicher­heit, wenn sie zum gewohn­ten Stra­ßen­bild gehö­ren. Erschei­nen sie nur sel­ten, bil­den sie eine Gefah­ren­stel­le. Zu Gun­sten des flie­ßen­den Kraft­ver­kehrs hat der Ver­ord­nungs­ge­ber des­halb eine lan­ge Liste an Kri­te­ri­en in die VwV-StVO schrei­ben las­sen, wel­che die Anla­ge eines Über­wegs aus­schlie­ßen. Einst genoß der Fuß­ver­kehr zudem an Über­we­gen unbe­ding­ten Vor­rang. Kraftfahrer/​innen durf­ten nur mit beson­de­rer Sorg­falt her­an­fah­ren – bis ein klei­ner Zusatz in die StVO geschrie­ben wur­de: Nur, wer „/​den Über­weg *erkenn­bar* benutzen/​“ will, genießt Vor­rang und Schutz. Die­se Gum­mi­for­mu­lie­rung ent­la­stet den Kraft­ver­kehr, da die Beweis­pflicht im Zwei­fels­fall den Unfall­op­fern obliegt.

Gar kei­nen Vor­rang und Schutz bie­ten mar­kier­te Fur­ten für den Fuß­ver­kehr. Dies ergibt sich unschwer aus der VwV-StVO: „/​Wo der Fuß­gän­ger­quer­ver­kehr dau­ernd oder zeit­wei­se durch beson­de­re Licht­zei­chen gere­gelt ist, sind Fuß­gän­ger­fur­ten zu mar­kie­ren. Sonst ist die­se Mar­kie­rung, mit Aus­nah­me an Über­we­gen, die durch Schü­ler­lot­sen, Schul­weg­hel­fer oder son­sti­ge Ver­kehrs­hel­fer gesi­chert wer­den, unzulässig./“

In den letz­ten gut ein­ein­halb Jahr­zehn­ten hat sich im Ver­kehrs­recht – neben viel Schaum­schlä­ge­rei – eini­ges zu Gun­sten des Rad­ver­kehrs ver­bes­sert. Nur wird es vor Ort, so auch in Stadt und Land­kreis Bam­berg, kaum bis gar nicht umge­setzt. Zu Fuß Gehen­de indes gel­ten in der StVO noch immer als Rand­grup­pe, die vor allem davor „geschützt“ wer­den muß, den Auto­ver­kehr zu behindern.

Zum Schluß sei noch ange­merkt: Es gäbe eine Mög­lich­keit, den Schil­der­wald auf einen Schlag kräf­tig zu lich­ten – ohne Ein­bu­ßen an Sicher­heit. Die kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­de und selbst das Euro­pa­par­la­ment haben sich längst dafür aus­ge­spro­chen: Die inner­ört­li­che Regel­höchst­ge­schwin­dig­keit wird auf 30 km/​h fest­ge­setzt. Nur auf Stra­ßen hoher Ver­kehrs­be­deu­tung darf, wenn sie bau­lich und unter Berück­sich­ti­gung ihrer rand­li­chen Nut­zung geeig­net sind, eine höhe­re Geschwin­dig­keit zuge­las­sen werden.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig
Mar­tin-Ott-Stra­ße 8