24. Hei­mat­tag des Frän­ki­sche-Schweiz-Ver­eins: Bericht vom Festkommers

Oleg Popov (82), der welt­be­rühm­te Clown des rus­si­schen Staats­zir­kus war der unbe­strit­te­ne Star des Abends, der eigent­lich unter dem Mot­to stand: “Fest­kom­mers des Frän­ki­sche Schweiz-Ver­ein (FSV), anläss­lich des 24. Hei­mat­ta­ges“. Anlass für den uner­war­te­ten Besuch war das von ihm ver­fass­te Egloff­stein – Lied, das an die­sem Abend zum ersten Mal zu hören war.

Oleg Popov im Kreis der Egloffsteiner Burgspatzen

Oleg Popov im Kreis der Egloff­stei­ner Burgspatzen

Sicht­lich bewegt hör­te der gro­ße Welt­mi­me Oleg Popov zusam­men mit sei­ner Frau Gabrie­le zum ersten Mal das von ihm in rus­si­scher Spra­che gedich­te­te Egloff­stein-Lied aus den Mün­dern der Egloff­stei­ner Burgs­pat­zen. Fast unwill­kür­lich beweg­ten sich sei­ne Hän­de dazu im Diri­gen­ten­takt. Mit unbe­weg­li­cher Mine, die Augen unent­wegt auf die Sän­ger­grup­pe gerich­tet: er hat sicher­lich nicht ver­stan­den, was da in frän­ki­scher Mund­art (die Mund­art-Über­set­zung stammt von Wal­ter Tau­send­pfund) gesun­gen wur­de. Aber das macht ihn nichts aus: Als gelern­ter jahr­zehn­te­lang täti­ger Mime kann er die Kör­per­spra­che der Men­schen lesen wie ein Buch. Und was er sah gefiel ihm aus­neh­mend gut. So gut, dass er anschlie­ßend das glei­che Lied noch ein­mal in sei­ner Mut­ter­spra­che und ganz allei­ne vor­trug; und alle hör­ten und schau­ten gebannt zu, als der welt­be­rühm­te Clown mit hell­blau­er Trach­ten­jacke und Hut auf dem Kopf, mit Kör­per und Stim­me zu Sin­gen anfing. Frei über­setzt lau­tet die erste Stro­phe: „Schon lan­ge woll­te ich euch sagen und auch fra­gen: Dan­ken wir dem, der uns lenkt und uns den schö­nen Ort hat geschenkt? Egloff­stein, Egloff­stein, wie bin ich Dir so nahe“. Anschlie­ßend erläu­ter­te er die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Lie­des, das aus Dank­bar­keit dar­über ent­stand, dass er vor 20 Jah­ren hier in Egloff­stein so herz­lich auf­ge­nom­men wur­de. Die Noten hat Eber­hard Hof­mann nach gesang­li­cher Auf­zeich­nung des Oleg Popov bei­gesteu­ert und eben­falls „frän­kisch“ ein­ge­färbt, so dass die ein­gän­gi­ge Melo­die ent­stand hat, die das Zeug dazu hat, zum Volks­lied zu wer­den. „Ein Volks­lied“, so die Defi­ni­ti­on des Volks­mu­sik-Arbeits­kreis­lei­ters Eber­hard Hof­mann „ist ein Lied, dass sich dort nie­der­lässt, wo es oft gesun­gen wird“.

Mit sei­ner Hym­ne traf Popov viel­leicht auch unbe­wusst die Kern­aus­sa­ge des Abends, die sich um den Begriff „Hei­mat“ dreh­te. Der FSV-Vor­sit­zen­de Rein­hardt Glau­ber mahn­te, gera­de die Ein­hei­mi­schen soll­ten ruhig mal wie­der genau­er hin­se­hen, wenn Sie durch die herr­li­che Talland­schaf­ten der Regi­on fah­ren. „Damit ihnen wie­der mal bewusst wird, wie schön unse­re Gegend ist“. Seba­sti­an Kör­ber (MdL) setz­te sich in sei­nem Gruß­wort für den Erhalt histo­ri­scher Gebäu­de ein, die für ihn „genau­so wich­tig sind, wie das Brauch­tum und gutes Essen und Trin­ken“. Man soll­te auch bald damit anfan­gen, „die Kin­der für die Hei­mat zu inter­es­sie­ren, damit sie lang­fri­stig erhal­ten und wei­ter gepflegt wird“. Edu­ard Nöth (MdL) setz­te sich für den Aus­bau des Stra­ßen­net­zes ein, „damit die Men­schen auch wei­ter­hin in den Dör­fer leben wol­len“. Dem gast­ge­ben­den Bür­ger­mei­ster Ste­fan Förtsch oblag der Dank an die Ver­ant­wort­li­chen für den gelun­ge­nen Abend. Für ihn, der schon längst im Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zeit­al­ter lebt und alle Mög­lich­kei­ten der welt­wei­ten Kon­takt­auf­nah­me nutzt, ist die Hei­mat „eine Art Boden­sta­ti­on, auf die ich ger­ne zurück kom­me.“ Und der Schirm­herr des Hei­mat­ta­ges, Frei­herr Albrecht von und zu Egloff­stein war der Auf­fas­sung, dass ein star­ker Tou­ris­mus sehr wohl zur Attrak­ti­vi­tät der Regi­on bei­tra­ge, in dem er die Lebens­qua­li­tät stei­ge­re und Arbeits­plät­ze in der Regi­on bie­te. Er mahn­te aber auch in Zei­ten star­ker Kon­kur­renz das Ein­zig­ar­ti­ge her­aus­zu­stel­len, um sich von dem Mit­kon­kur­ren­ten abzuheben.

Den Fest­vor­trag hielt Wal­ter Tau­send­pfund zum The­ma „Krea­ti­ves Brauch­tum in der Frän­ki­schen Schweiz“. Er spann dabei einen gro­ßen Bogen von Schmücken der Oster­brun­nen, die heu­er seit 100 Jah­re geschmückt wer­den, über die bäu­er­li­che Kunst der Kir­chen­ma­le­rei, die letzt­end­lich zur Grün­dung der Mor­sch­reu­ther Mal­schu­le führ­te bis hin zur Volks­mu­sik und zu den Trach­ten, die frü­her, im Gegen­satz zu heu­te, ganz selbst­ver­ständ­lich schon des­halb getra­gen wur­den, um sich von den Mit­bür­gern in ande­ren Gegen­den zu unter­schei­den und zu zei­gen, wo man her­kommt. Eini­ge Trach­ten­da­men, die ihr Kleid unter Anlei­tung der Schnei­de­rin Mari­an­ne Bogner aus Bie­ber­bach sel­ber genäht hat­ten, zeig­ten an die­sem Abend ihre präch­ti­gen Klei­der. Dar­un­ter war auch Lud­mil­la Belous, eine Wahl-Forch­ei­me­rin die aus Kasach­stan stammt und daher rus­sisch spricht – was Oleg Popov wie­der­um aus­neh­mend gut gefiel. Die musi­ka­li­sche Umrah­mung über­nahm die Grün­der Sai­ten­mu­sik mit dem Egloff­stei­ner Gei­gen­bau­er Paul Schel­horn an der Spitze.

Text/​Foto: Rein­hard Löwisch