Heinz Mai­er-Leib­nitz-Preis 2013 für Afri­ka­ni­stin der Uni­ver­si­tät Bayreuth

Symbolbild Bildung
Clarissa Vierke 2009 auf dem Marktplatz von Lamu (Nordkenia) bei einem öffentlichen Vortrag, organisiert von der Deutschen Botschaft und dem kenianischen Museumsverband. Anlass war die Übergabe einiger Swahili-Manuskripte an das lokale Museum.

Cla­ris­sa Vier­ke 2009 auf dem Markt­platz von Lamu (Nord­ke­nia) bei einem öffent­li­chen Vor­trag, orga­ni­siert von der Deut­schen Bot­schaft und dem kenia­ni­schen Muse­ums­ver­band. Anlass war die Über­ga­be eini­ger Swa­hi­li-Manu­skrip­te an das loka­le Museum.

Dr. Cla­ris­sa Vier­ke, Afri­ka­ni­stin an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, erhält den Heinz Mai­er-Leib­nitz-Preis 2013. Sie ist eine von neun jun­gen Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­lern, die der von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) und dem Bun­des­mi­ni­ste­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) beru­fe­ne Aus­wahl­aus­schuss in die­sem Jahr aus­ge­wählt hat. Der seit 1978 jähr­lich ver­lie­he­ne Preis gilt als der bedeu­tend­ste Preis für den wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuchs in Deutsch­land, er ist nach dem Phy­si­ker und ehe­ma­li­gen DFG-Vor­sit­zen­den Pro­fes­sor Heinz Mai­er-Leib­nitz benannt. Mit der Aus­zeich­nung von Cla­ris­sa Vier­ke wird der Preis erst­mals in sei­ner Geschich­te für her­vor­ra­gen­de wis­sen­schaft­li­che Lei­stun­gen auf dem Gebiet der Afri­ka­stu­di­en verliehen.

Weit­ge­spann­te Forschungsinteressen

Die Bay­reu­ther Preis­trä­ge­rin ist eine inter­na­tio­nal aner­kann­te Spe­zia­li­stin für ost­afri­ka­ni­sche Dich­tung und Kul­tur. Im Jahr 2011 hat sie an der Bay­reuth Inter­na­tio­nal Gra­dua­te School of Afri­can Stu­dies (BIGS­AS) pro­mo­viert. Statt sich auf ‚werk­im­ma­nen­te’ Inter­pre­ta­tio­nen zu beschrän­ken, ver­bin­det sie Metho­den der Phi­lo­lo­gie, der Kul­tur­wis­sen­schaf­ten und der Anthro­po­lo­gie, um die sozial‑, kul­tur- und reli­gi­ons­ge­schicht­li­chen Bezü­ge, aber auch die aktu­el­len Wir­kungs­po­ten­zia­le lite­ra­ri­scher Tex­te zu erschlie­ßen. Ihre weit gespann­ten Inter­es­sen rei­chen dabei von münd­li­chen Tra­di­tio­nen und histo­ri­schen Manu­skript­kul­tu­ren bis hin zur Pop­kul­tur der Gegenwart.

Einen beson­de­ren Schwer­punkt ihrer For­schungs­ar­bei­ten bil­den Tex­te, die in Swa­hi­li – der jahr­hun­der­te­al­ten ost­afri­ka­ni­schen Han­dels- und Kul­tur­spra­che – ver­fasst und in ara­bi­scher Spra­che nie­der­ge­schrie­ben wur­den. Ein Bei­spiel dafür ist das im 19. Jahr­hun­dert ent­stan­de­ne Vers­epos „Uten­di wa Hau­da­ji“, die „Dich­tung von der Kamel­sänf­te“, die Cla­ris­sa Vier­ke in ihrer Dis­ser­ta­ti­on erst­mals umfas­send ana­ly­siert hat. Die als Buch ver­öf­fent­lich­te For­schungs­ar­beit ent­hält eine text­kri­ti­sche Edi­ti­on und einen exege­ti­schen Teil, der die Text­dra­ma­tur­gie, die Metrik und die unge­wöhn­li­che poe­ti­sche Spra­che die­ser Dich­tung in ihrem lite­ra­tur­ge­schicht­li­chen Kon­text behan­delt. Für ihre wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten wur­de die Autorin 2012 mit dem Wis­sen­schafts­preis des Uni­ver­si­täts­ver­eins Bay­reuth ausgezeichnet.

Enge Kon­tak­te zu ost­afri­ka­ni­schen Schrift­stel­lern und Wissenschaftlern

Die wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten von Dr. Cla­ris­sa Vier­ke wären nicht denk­bar ohne zahl­rei­che For­schungs­auf­ent­hal­te in den histo­ri­schen und gegen­wär­ti­gen Zen­tren ost­afri­ka­ni­scher Kul­tur und Wis­sen­schaft. „Der Heinz Mai­er-Leib­nitz-Preis ist eine gro­ße Ehre für mich, aber indi­rekt auch für die ost­afri­ka­ni­schen Schrift­stel­ler und Wis­sen­schaft­ler, mit denen ich in den letz­ten Jah­ren zusam­men­ar­bei­ten durf­te“, erklärt die Preis­trä­ge­rin. „In die­sen per­sön­li­chen Gesprä­chen, im unmit­tel­ba­ren Arbeits­um­feld mei­ner Gesprächs­part­ner, habe ich sehr viel gelernt – sei es über Sprach­ent­wick­lun­gen, ästhe­ti­sche Nor­men oder lite­ra­ri­sche Uto­pien in der sehr leben­di­gen Kunst- und Kul­tur­sze­ne Ost­afri­kas, die hier in Euro­pa noch viel zu wenig bekannt ist. Ich freue mich sehr, dass ich mit­hil­fe des Prei­ses die­se For­schun­gen im direk­ten Kon­takt mit Freun­den und Kol­le­gen, dem­nächst nun auch in Mosam­bik, fort­set­zen kann.“

BIGS­AS: Indi­vi­du­el­le För­de­rung wis­sen­schaft­li­cher Talente

For­schung über Afri­ka nur zusam­men mit afri­ka­ni­schen Part­nern: Die­sem Grund­satz ist der Afri­ka­schwer­punkt an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth seit mehr als drei Jahr­zehn­ten ver­pflich­tet. „Die hohe Aus­zeich­nung für Cla­ris­sa Vier­ke bekräf­tigt die­ses beson­de­re Pro­fil der Bay­reu­ther Afri­ka­stu­di­en, das in Deutsch­land und auch in Euro­pa ein­zig­ar­tig ist. Wir sind glück­lich und stolz, dass der erste Heinz Mai­er-Leib­nitz-Preis, der auf dem Gebiet der Afri­ka­stu­di­en ver­lie­hen wur­de, nach Bay­reuth gegan­gen ist“, erklärt Prof. Dr. Dymitr Ibris­zi­mow, der Spre­cher der BIGS­AS, die seit 2007 aus der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve des Bun­des und der Län­der geför­dert wird. „In unse­rer Gra­du­ier­ten­schu­le ver­fol­gen wir das Ziel, die Per­sön­lich­kei­ten und die sehr unter­schied­li­chen wis­sen­schaft­li­chen Talen­te her­aus­ra­gen­der Dok­to­ran­din­nen und Dok­to­ran­den zu för­dern. Wir legen dabei gro­ßen Wert auf die indi­vi­du­el­len Frei­räu­me, die eine krea­ti­ve For­schungs­ar­beit braucht. Es freut uns sehr, dass wir auf die­se Wei­se auch die her­vor­ra­gen­de Arbeit von Cla­ris­sa Vier­ke unter­stüt­zen konnten.“

Preis­ver­lei­hung

Die dies­jäh­ri­gen Heinz Mai­er-Leib­nitz-Prei­se – sie sind erst­mals mit je 20.000 Euro dotiert – wer­den am 3. Juni 2013, 14 Uhr, in Ber­lin ver­lie­hen. Ver­tre­ter der Medi­en sind dazu herz­lich ins Magnus-Haus, Am Kup­fer­gra­ben 7, 10117 Ber­lin, ein­ge­la­den. Die DFG bit­tet um vor­he­ri­ge Anmel­dung (Tel. +49 228 885‑2443, E‑Mail: Jutta.​Hoehn@​dfg.​de).

Zur Per­son

Dr. Cla­ris­sa Vier­ke wur­de am 12.10.1979 in Lud­wigs­ha­fen gebo­ren. Ein Inter­es­se an Afri­ka ent­stand wäh­rend der Schul­zeit und einem Muse­ums­prak­ti­kum nach dem Abitur. Auf­grund des Afri­ka­schwer­punk­tes der Uni­ver­si­tät Bay­reuth zog sie 1999 nach Ober­fran­ken. Dort sowie auch spä­ter an der Rijks­uni­ver­si­teit Lei­den in den Nie­der­lan­den stu­dier­te die Sti­pen­dia­tin der Stu­di­en­stif­tung des deut­schen Vol­kes Afri­ka­ni­stik, Eth­no­lo­gie und Lite­ra­tu­ren in afri­ka­ni­schen Spra­chen. Nach eini­gen Afri­ka­auf­ent­hal­ten ent­wickel­te sie schon wäh­rend des Stu­di­ums ein beson­de­res Inter­es­se für die jahr­hun­der­te­al­te Manu­skript­kul­tur an der ost­afri­ka­ni­schen Swa­hi­li-Küste. In ihrer Magi­ster­ar­beit wid­me­te sie sich der Edi­ti­on eines schrift­lich und münd­lich tra­dier­ten Epos. In ihrer Dok­tor­ar­beit liegt der Schwer­punkt der Betrach­tung auf der sprach­li­chen Ästhe­tik klas­si­scher Swa­hi­li-Dich­tun­gen – eine Per­spek­ti­ve, die Dr. Cla­ris­sa Vier­ke nach der Dis­ser­ta­ti­on auch auf zeit­ge­nös­si­sche Text­gat­tun­gen aus­dehn­te. Zur­zeit wid­met sie sich vor allem ihrem neu­en regio­na­len Schwer­punkt Mosam­bik. Zusam­men mit bel­gi­schen Kol­le­gen wird sie in einem neu­en For­schungs­pro­jekt ab Herbst dort Sprach- und Lite­ra­tur­kon­tak­te in den Blick nehmen.