VCD Bam­berg: „Fin­ger weg vom Haupts­moor­wald – Kei­ne Ostumfahrung“

Ant­wort der Bam­ber­ger Umwelt­schutz- und Ver­kehrs­ver­bän­de Bund Natur­schutz, LBV, Natur­for­schen­de Gesell­schaft, VCD auf die Vor­stel­lung einer Ost­um­fah­rung durch die Bahn am 19. April

Die DB Pro­jekt­Bau hat den Ost­rand Bam­bergs unter­sucht und eine Tras­se aus­ge­pus­selt. Sie hat dabei dar­auf ach­ten las­sen, dass ihr Schie­nen­weg nicht in alle Ziel­kon­flik­te stol­pert, die in die­sem Gelän­de auf ihn war­ten. Wir kön­nen davon aus­ge­hen, dass die Bah­ner die schon­end­ste Vari­an­te gewählt haben, die sie für eine Ost­um­fah­rung – im Rah­men ihrer ver­kehrs­po­li­ti­schen Vor­ga­ben – für mög­lich halten.

Zu eini­gen Aspek­ten der vor­ge­stell­ten Ana­ly­sen und der vor­ge­tra­ge­nen Bewer­tung neh­men wir Stel­lung. Wir neh­men dabei Bezug auf unse­re Denk­schrift vom Novem­ber des letz­ten Jahres.

A Flä­chen­in­an­spruch­nah­me

Dass eine Ost­um­fah­rung, wie immer sie ange­legt sein mag, einen rie­si­gen Flä­chen­ver­brauch hat, lag schon vor einer Mach­bar­keits­stu­die vor aller Augen. Die 13 bis 15 Kilo­me­ter Län­ge kann man auf jeder Land­kar­te able­sen. Was nun neu auf den Tisch kommt, ist die Brei­te, die für die Tras­se gefor­dert wird. Hat­te man bis­her mit einem Abstand der Schie­nen von der Auto­bahn von etwa 10 m gerech­net, sind es nun im Mit­tel 35 Meter. Statt der bis­he­ri­gen Gesamt­brei­te von etwa 40 Metern sol­len es nun also, von Strul­len­dorf bis zum Auto­bahn­kreuz („ent­lang der Auto­bahn“), etwa 65 Meter wer­den, anschlie­ßend durch die Hall­stadter Flur (weg von der Auto­bahn) ab etwa 20 Meter auf­wärts bis etwa 40 Meter oder mehr. Im Haupts­moor­wald allein wer­den das mehr als fünf­zig Hekt­ar, zusam­men mehr als sech­zig Hekt­ar. Oder anders: Mehr als acht­zig Fuß­ball­plät­ze hin­ter­ein­an­der – platt gemacht. Das ist übler Flächenfraß.

B Zer­schnei­dungs­wir­kung

Die dra­sti­sche Ver­brei­te­rung der Tras­se im Haupts­moor­wald ver­stärkt noch ein­mal die Zer­schnei­dungs­wir­kung einer Ost­um­fah­rung, vor der wir bereits im Vor­feld gewarnt hat­ten. Einen Haupts­moor­wald gibt es dann nicht mehr. 65 Meter rei­chen, um die Lebens­räu­me der Tie­re und den Aus­lauf für uns her­me­tisch zu tren­nen. Das ist aber nicht alles, denn es ist ja auch noch die Brei­te der Auto­bahn da. Sie wird bald nicht mehr 30 Meter sein wie heu­te, son­dern (durch eine drit­te Fahr­spur) fast 40 Meter. So wird die Schnei­se ins­ge­samt rund 100 Meter breit. Und ist nicht, was wir sonst unter einer Wald­schnei­se ver­ste­hen, son­dern eine abge­rie­gel­te no go-area. Der Haupts­moor­wald wird dann in zwei zusam­men­hang­lo­se Forst­ge­bie­te gespal­ten sein. Ein hun­dert Meter lan­ger Tun­nel von einem Stück zum andern? Wer mag da noch hin und her pen­deln? Wel­cher Mensch, wel­ches Tier?

C Raum­wi­der­stand

Die Bah­ner haben eine auf­wän­di­ge Raum­wi­der­stands­ana­ly­se durch­ge­führt. Was sie als Ergeb­nis vor­le­gen, ist ein guter Ein­stieg in die Ana­ly­se der öko­lo­gi­schen Risi­ken, die eine Ost­um­fah­rung bringt. Ob es um das Schutz­gut Mensch geht, oder die Schutz­gü­ter Tie­re und Pflan­zen, Boden, Was­ser, Kli­ma, Luft, Land­schaft, Kul­tur­gü­ter oder Sach­gü­ter: Egal, wie man die Tras­se legt, immer sind der­be Schä­den die Fol­ge. Die vor­ge­leg­te Ana­ly­se macht vor allem eines: sie bekräf­tigt die Ein­wän­de, die im Vor­feld vor­ge­bracht wor­den sind.

D Lärm

Die Bah­ner haben auch die Lärm­wir­kun­gen ana­ly­siert. Ergeb­nis ist: die Bela­stung für fast alle Anlie­ger an der Tras­se wird – trotz der bereits in Ansatz gebrach­ten Lärm­schutz­wän­de – wei­ter erhöht. Für Bam­berg-Ost, Lich­ten­ei­che, Gun­dels­heim wird sogar die grund­recht­lich ver­bürg­te Zumut­bar­keits­schwel­le teils nur haar­scharf ein­ge­hal­ten, vor allem in der Nacht nur mit Ach und Krach. Die Immis­sio­nen vom neu­en Schie­nen­weg her sind so hef­tig, dass zig Gebäu­de Anspruch auf pas­si­ve Schall­schutz­maß­neh­men haben wer­den. Das ist ein har­tes Signal; es ist eine kla­re Ansa­ge. Ob die Ein­hal­tung des der­zei­ti­gen Lärm­pe­gels im Bereich Kramersfeld/​Hirschknock viel­leicht nur auf dem Papier steht, weiß heu­te nie­mand. Für die Gar­ten­städ­ter wird es über­haupt kei­nen Lärm­schutz geben. Wie wird sich die Über­füh­rung über die A 73 kurz vor Brei­ten­güß­bach, in 11 oder 12 Meter Höhe, für die Kem­mer­ner aus­wir­ken? Die Wohn­si­tua­ti­on ent­lang der gan­zen Tras­se wird weit­räu­mig wei­ter verschlechtert.

E Das Urteil der Bahn

Die Bah­ner haben auch eine Beur­tei­lung der von ihr aus­ge­wähl­ten Tras­se abge­ge­ben. Dar­in spre­chen sie von einer „raum­ord­ne­risch gün­sti­gen Lage“; die bis­her zu Tage getre­te­nen Kon­flik­te nen­nen sie „über­wind­bar“.
Das Argu­ment der Bah­ner ist schlicht: die Vor­tei­le ihres Schie­nen­wegs sehen sie in der „engen Bün­de­lung mit vor­han­de­nen Verkehrswegen“.
Im Klar­text sagt das: Der Haupts­moor­wald ist durch die Auto­bahn so schwer geschä­digt, dass man getrost mit der Schä­di­gung wei­ter machen kann.
Die­ses „Argu­ment“ hat mit den vor­ge­leg­ten Ana­ly­sen aller­dings nichts zu tun. Wer bereit ist, die­se Denk­fi­gur zu benut­zen, igno­riert jede Ana­ly­se. Mit ihrer Ent­schei­dung wer­fen die Bah­ner all ihren ana­ly­ti­schen Auf­wand in den Papierkorb.

F Resü­mee

Unstrit­tig ist offen­bar, dass der Haupts­moor­wald durch die Auto­bahn schwer geschä­digt ist, und dass die Anwoh­ner bereits durch den heu­ti­gen Lärm bis zur Gren­ze des recht­lich Zumut­ba­ren bela­stet sind.
Die Ana­ly­sen der Bah­ner unter­strei­chen, dass ein zusätz­li­cher Schie­nen­weg die Schä­di­gung des Haupts­moor­wal­des ver­viel­facht und die Lärm­be­lä­sti­gung im wei­ten Umfeld noch vergrößert.

Aus die­sem Sach­stand zie­hen wir die zum Urteil der Bah­ner genau ent­ge­gen­ge­setz­te Fol­ge­rung: Der Haupts­moor­wald darf nicht noch mehr beschä­digt und die Anwoh­ner dür­fen nicht noch mehr bela­stet werden.

Die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten für einen 1a-Aus­bau der bestehen­den Tras­se lie­gen auf dem Tisch. Mit den inno­va­ti­ven Lärm­schutz­tech­ni­ken der Bahn­in­du­strie kön­nen wir Land und Leu­te scho­nen. Tun wir das: schüt­zen wir alle Anlie­ger vor dem Lärm, und schüt­zen wir den Haupts­moor­wald vor der Kettensäge.

Fin­ger weg vom Hauptsmoorwald!
Kei­ne Ostumfahrung!
Bahn­aus­bau im Bestand!

Bam­berg, am 29. April 2013

Heinz Jung
BUND Naturschutz
(Kreis­grup­pe Bamberg)
Mar­tin Wölker
LBV Ver­band für Arten- und Biotopschutz
(Kreis­grup­pe Bamberg)
Her­mann Bösche
Natur­for­schen­de Gesellschaft
(Bam­berg)
Dr. Die­ter Volk
VCD Ver­kehrs­club Deutschland
(Kreis­ver­band Bamberg)