Fort­set­zungs­ro­man: “Mamas rosa Schlüp­fer” von Joa­chim Kort­ner, Teil 80

Die Scheiß­ker­zen

Mamas Rosa Schlüpfer

Mamas Rosa Schlüpfer

Als die bei­den von der Gene­ral­pro­be zurück­ka­men, erin­ner­ten sie ihre Mut­ter an die Kom­mu­ni­on­ker­zen. Hed­wig erschrak. Wie hat­te sie etwas so Wich­ti­ges nur ver­ges­sen kön­nen? In letz­ter Zeit krei­ste in ihrem Kopf die Fra­ge: Wie krie­ge ich die Fami­lie heil über eine Gren­ze, die von den rus­si­schen Sol­da­ten mit Schuss­waf­fen bewacht wird? Mit den Hän­den war sie beim Schnei­dern von Kom­mu­ni­on­klei­dung aus irgend­wel­chen Stoff­tei­len und Woll­re­sten. Es durf­te halt nichts kosten. Und jetzt auch noch die­se ärger­li­che Kerzenpanne.

„Dann geht ihr eben ohne eure Scheißkerzen.“

Für Hans war das Maß voll. Das Gemecke­re hat­te ihn auf die Pal­me gebracht.

„So was sagt man nich bei Kom­mu­ni­on­ker­zen“, wies Hed­wig ihn zurecht.

„Ohne Ker­ze geh ich nich.“
Mills Mund form­te wie­der ein­mal sei­ne berüch­tig­te Acht­lip­pe kün­dig­te und kün­dig­te ein bald ein­set­zen­des Geflen­ne an. Hed­wig leg­te die Schür­ze über einen Stuhl und ver­ließ die Stu­be, ohne einen Ton zu sagen.

„Wegen euch Idiotn isse jetz weg. Und alles bloß wegen euren Scheißkerzn!“

Aber schon nach kur­zer Zeit kam sie wie­der aus­ge­gli­chen ins Haus zurück.

Glück­strah­lend spru­del­te sie ihre Erleich­te­rung heraus.

„Die Frau Bol­ko hat euch zwei Ker­zen geschenkt. In Gol­ßen hat sie mal eine gan­ze Schach­tel auf­treibm könn. Die sind noch aus der Verdunkelungszeit.“

Es waren zwei ganz nor­ma­le Haus­halts­ker­zen. Sie hat­ten nicht die elfen­bei­ner­ne Fär­bung der Altar­ker­zen, son­dern leuch­te­ten wie wei­ßes Por­zel­lan. Jank nahm sei­ne behut­sam in die Hand, rich­te­te den umge­knick­ten Docht auf, umfass­te sie am unte­ren Ende und hielt sie auf­recht mit etwas Abstand von sich. Sein Bru­der tat es ihm nach.

Eben hat­te er ja gehört, dass die Ker­zen von der Frau Bol­ko stamm­ten, die dem Herrn Erz­prie­ster immer so eke­lig die Hän­de küs­sen will. Des­halb schau­te er sich sei­ne Ker­ze noch ein­mal genau an, ob da viel­leicht doch etwas Ekli­ges von der Frau dran sein könnte.

Aus dem Roman “Mamas Rosa Schlüp­fer” von Joa­chim Kort­ner, Eber­mann­stadt.