Podiumsdiskussion der Bayreuther Forschungsstelle für Lebensmittelrecht: Kritik an Einheitspackungen für Zigaretten

Der Hauptvorstand der Gewerkschaft Nahrung – Genuss – Gaststätten, Franz-Josef Möllenberg, fürchtet Arbeitsplatzverluste bei der Einführung von verpflichtenden Einheitspackungen für Zigaretten (Plain Packaging) und ein Überschwappen der Entwicklung auf die Lebensmittelbranche.

Podiumsdiskussion der Bayreuther Forschungsstelle für Lebensmittelrecht

Podiumsdiskussion der Bayreuther Forschungsstelle für Lebensmittelrecht

Diese Bedenken äußerte er in einer von Corinna Budras, Frankfurter Allgemeine Zeitung, moderierten und namhaft besetzten Podiumsdiskussion.
Die Bayreuther Forschungsstelle für Lebensmittelrecht um ihren Direktor Professor Dr. Stefan Leible hatte diese in Kooperation mit der ZLR – Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht (Deutscher Fachverlag) am 28. Juni 2012 in Frankfurt am Main ausgerichtet.

„Plain Packaging könnte die Zigarettenindustrie hart treffen: Immerhin sind hier allein in Europa 400.000 Arbeitnehmer beschäftigt“, gab Möllenberg zu bedenken. Und weiter: „Ich ahne nur das Schlimmste. Es wird einen Dominoeffekt geben. Wenn die europäische Kommission erst einmal Einheitspackungen für Tabakwaren eingeführt hat, wird sie auch bei bestimmten Lebensmitteln wie Zucker, Salz, Fett und Alkohol radikal aufräumen wollen.“

Durch die Bank beurteilten die Diskutanten den versprochenen Nutzen von Plain Packaging im liberal-europäischen Kulturkreis als zweifelhaft. Dabei waren sich die Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Behörden durchaus einig, dass Kinder vor Suchtgefahren zu schützen und Verbraucher angemessen zu informieren seien. Einheitspackungen dienten aber gerade nicht diesen Zwecken, sondern dem Schutz des Bürgers vor sich selbst. Martin Köhler aus dem Bundesverbraucherministerium verdeutlichte, wieso dieser Ansatz aus der Sicht seines Ministeriums kein probates Mittel des Konsumentenschutzes sei: „Es ist problematisch, wenn Produkte per se stigmatisiert und diskriminiert werden. Das schränkt die Freiheit des Einzelnen ein.“ Vorzugswürdig seien Präventionsmaßnahmen, die am Menschen, nicht am Produkt ansetzen.

Diese Einschätzung deckte sich mit den Erkenntnissen der eingeladenen Wissenschaftler. Sie hatten vor der abschließenden Diskussion die Wirkungen von Einheitspackungen aus Konsumentensicht überprüft und überaus kritisch bewertet. Der führende Marketing-Experte Professor Dr. Henrik Sattler von der Universität Hamburg zeigte auf, wie unwahrscheinlich es ist, eine nachhaltige Verhaltensänderung durch Plain Packaging zu erreichen. Daran knüpfte der Europarechtler Professor Dr. Werner Schroeder seine rechtliche Bewertung. Der Jurist von der Universität Innsbruck wies nach, dass eine solch weitgehend vorgeschriebene Packungsgestaltung die Markeninhaber enteignet und wohl unverhältnismäßig ist.