Intel­li­gen­te Kunst­stoff­schich­ten ver­trei­ben Bakterien

Die Wech­sel­wir­kun­gen zu kon­trol­lie­ren, die sich zwi­schen Metal­len einer­seits und leben­den Zel­len oder Bak­te­ri­en ande­rer­seits abspie­len, ist bis heu­te eine Her­aus­for­de­rung auf ver­schie­den­sten Tech­nik­fel­dern. Ein For­schungs­team um Dr. Daria And­ree­va-Bäum­ler, Prof. Dr. Andre­as Fery und Prof. Dr. Axel Mül­ler (Uni­ver­si­tät Bay­reuth) stellt jetzt in der Zeit­schrift „Advan­ced Mate­ri­als“ einen neu­ar­ti­gen Lösungs­an­satz vor. Metal­le wer­den dabei mit Ultra­schall behan­delt und erhal­ten anschlie­ßend eine intel­li­gen­te Kunst­stoff­schicht, die eine maß­ge­schnei­der­te Reak­ti­ons­fä­hig­keit besitzt. Die Beschich­tung ver­hin­dert, dass sich spe­zi­el­le Bak­te­ri­en oder Zel­len auf der Ober­flä­che fest­set­zen können.

Zusam­men mit For­schern der Uni­ver­si­tät Bay­reuth waren auch Wis­sen­schaft­ler am Max-Planck-Insti­tut für Kol­lo­ide und Grenz­flä­chen in Golm an die­ser inno­va­ti­ven Ent­wick­lung betei­ligt. Deren Anwen­dungs­po­ten­zia­le sind viel­ver­spre­chend. In der Medi­zin bei­spiels­wei­se wer­den häu­fig Implan­ta­te aus Metall bevor­zugt. Die­se sol­len von den kör­per­ei­ge­nen Gewe­be­zel­len akzep­tiert wer­den, doch Bak­te­ri­en dür­fen sich dar­in nicht fest­set­zen. Im Schiff­bau wie­der­um wür­de man gern ver­mei­den, dass Bak­te­ri­en und Algen sich unter Was­ser in gro­ßer Zahl auf dem Schiffs­rumpf ansie­deln. Denn ein sol­cher Bio­film erhöht den Strö­mungs­wi­der­stand und lässt die Trans­port­ko­sten steigen.

Die poly­me­ren Beschich­tun­gen, die in den Bay­reu­ther Labo­ra­to­ri­en bereits erfolg­reich erprobt wur­den, bestehen aus spe­zi­el­len kugel­för­mi­gen Struk­tu­ren, sog. Mizel­len, die auf den Säu­re­grad der Umge­bung reagie­ren. Las­sen sich nun bestimm­te Bak­te­ri­en auf den Ober­flä­chen nie­der, so ändert sich der Säu­re­grad infol­ge des bak­te­ri­el­len Stoff­wech­sels. Die Mizel­len quel­len auf und sto­ßen so die Bak­te­ri­en ab. Das Beson­de­re an die­sen Beschich­tun­gen ist also die Tat­sa­che, dass die Bak­te­ri­en selbst die Ener­gie für den Abwehr­me­cha­nis­mus (das Auf­quel­len der Schicht) liefern.

„Beim Design einer der­art intel­li­gen­ten Kunst­stoff­schicht ist zu berück­sich­ti­gen, dass ver­schie­de­ne Bak­te­ri­en­ar­ten – und eben­so ver­schie­de­ne Arten von leben­den Zel­len – den Säu­re­grad ihrer Umge­bung unter­schied­lich beein­flus­sen“, erklärt Prof. Dr. Andre­as Fery. „Auf­grund unse­rer lang­jäh­ri­gen For­schungs­er­fah­run­gen haben wir in Bay­reuth das erfor­der­li­che Know-how zum Design von Beschich­tun­gen, die sich ziel­ge­nau gegen spe­zi­el­le Bak­te­ri­en­ar­ten rich­ten. Wir kön­nen metal­li­sche Ober­flä­chen so beschich­ten, dass sie auf genau die­je­ni­gen Umge­bungs­än­de­run­gen reagie­ren, die für bestimm­te Bak­te­ri­en­ar­ten typisch sind.“

Damit eine der­art intel­li­gen­te Kunst­stoff­schicht auf einer metal­li­schen Ober­flä­che auf­ge­tra­gen wer­den kann, muss die­se zuvor akti­viert wer­den. Dies geschieht mit­hil­fe eines hoch­lei­stungs­fä­hi­gen und kosten­gün­sti­gen Ultra­schall-Ver­fah­rens, das in Bay­reuth von Dr. Daria And­ree­va-Bäum­ler zusam­men mit inter­na­tio­na­len Part­nern ent­wickelt wur­de. Dabei wer­den Metal­le in einer wäss­ri­gen Lösung mit Ultra­schall so bear­bei­tet, dass Hohl­räu­me von weni­gen Nano­me­tern ent­ste­hen – und zwar in prä­zi­se defi­nier­ten Abstän­den. Erst die­se hoch­prä­zi­se Nano­struk­tu­ie­rung von Metal­len macht es mög­lich, deren Wech­sel­wir­kun­gen mit Bak­te­ri­en oder leben­den Zel­len mit­hil­fe intel­li­gen­ter Kunst­stoff­schich­ten zu steuern.

Ver­öf­fent­li­chung:

Julia Gen­sel, Tina Bor­ke, Nico­las Pazos Pérez, Andre­as Fery, Daria V. And­ree­va, Eva Bett­hau­sen, Axel H. E. Mül­ler, Hel­muth Möh­wald, and Eka­te­ri­na V. Skorb,
Cavi­ta­ti­on Engi­nee­red 3D Spon­ge Net­works and Their Appli­ca­ti­on in Acti­ve Sur­face Construction,
in: Advan­ced Mate­ri­als, 2012, 24, pp. 985–989
DOI: 10.1002/adma.201103786

Zur Nano­struk­tu­rie­rung von Metal­len mit Ultra­schall sie­he auch:

http://www.uni-bayreuth.de/blick-in-die-forschung/05–2011.pdf

Ansprech­part­ner für wei­te­re Informationen:

Prof. Dr. Andre­as Fery
Lehr­stuhl Phy­si­ka­li­sche Che­mie II
Uni­ver­si­tät Bayreuth
D‑95440 Bayreuth
Tele­fon: +49 (0)921 55–2753
E‑Mail: andreas.​fery@​uni-​bayreuth.​de

Dr. Daria Andreeva-Bäumler
Lehr­stuhl Phy­si­ka­li­sche Che­mie II
Uni­ver­si­tät Bayreuth
95440 Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 / 55–2750
E‑Mail: daria.​andreeva@​uni-​bayreuth.​de