Kran­ken­haus­markt in Deutsch­land: schwä­che­rer Wett­be­werb, wach­sen­de Marktmacht

Infol­ge des ver­schärf­ten Wett­be­werbs im Gesund­heits­we­sen hat es in den letz­ten zehn Jah­ren erheb­li­che struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen auf dem Kran­ken­haus­markt in Deutsch­land gege­ben. Eini­ge Kran­ken­häu­ser wur­den geschlos­sen, vie­le zusam­men­ge­führt oder orga­ni­sa­to­risch ver­zahnt; an zahl­rei­chen Stand­or­ten wech­sel­te die Trä­ger­zu­ge­hö­rig­keit. In einer neu­en Stu­die beschrei­ben Dipl.-Gesundheitsökonom Andre­as Schmid und Prof. Dr. Vol­ker Ulrich, Lehr­stuhl für Finanz­wis­sen­schaft an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, einen wach­sen­den Kon­zen­tra­ti­ons­pro­zess, den die bis­her übli­chen empi­ri­schen Ana­ly­sen nur unzu­rei­chend erfas­sen. Im Jour­nal „Gesund­heits­öko­no­mie und Qua­li­täts­ma­nage­ment“ stel­len sie ihre Ergeb­nis­se vor.

In ver­schie­de­nen Regio­nen Deutsch­lands machen Pati­en­ten immer öfter die Erfah­rung, dass sie in ihrem regio­na­len Umfeld allen­falls die Wahl zwi­schen ver­schie­de­nen Kran­ken­häu­sern, aber nicht zwi­schen ver­schie­de­nen Kran­ken­haus­trä­gern haben. Wenn sie mit den Lei­stun­gen einer Trä­ger­or­ga­ni­sa­ti­on unzu­frie­den sind und zu einem ande­ren Anbie­ter wech­seln wol­len, müs­sen sie wei­te Ent­fer­nun­gen inkauf neh­men. Die neue Stu­die bestä­tigt die­se Erfah­rung. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Kran­ken­haus­trä­ger in Deutsch­land um 18 Pro­zent ver­rin­gert. Bereits im Jahr 2007 war mehr als ein Drit­tel der Kran­ken­häu­ser in stark kon­zen­trier­ten Märk­ten tätig, also in Regio­nen, in denen es nur weni­ge Wett­be­wer­ber gibt und oft ein ein­zi­ges Kran­ken­haus dominiert.

Die Bay­reu­ther Öko­no­men stüt­zen sich bei ihren Berech­nun­gen ins­be­son­de­re auf die deut­sche Kran­ken­h­aus­sta­ti­stik, in der alle Kran­ken­häu­ser, Vor­sor­ge- und Reha­bi­li­ta­ti­ons­ein­rich­tun­gen in Deutsch­land erfasst wer­den. Aller­dings hat die­se Sta­ti­stik, die vom For­schungs­da­ten­zen­trum der Sta­ti­sti­schen Ämter des Bun­des und der Län­der (FDZ) bereit­ge­stellt wird, einen gra­vie­ren­den Nach­teil: Die Kran­ken­häu­ser wer­den nicht – oder jeden­falls nicht in einer ein­deu­ti­gen und sta­ti­stisch ver­wert­ba­ren Wei­se – ihren jewei­li­gen Trä­gern zuge­ord­net. Die bis­he­ri­gen Stu­di­en betrach­ten des­halb ledig­lich ein­zel­ne Kran­ken­häu­ser, was zu einer deut­li­chen Unter­schät­zung der tat­säch­li­chen Kon­so­li­die­rungs­pro­zes­se führt. „Allen in der Sta­ti­stik erfass­ten Ein­rich­tun­gen nach­träg­lich einen Kran­ken­haus­trä­ger mit einer ein­deu­ti­gen Ken­nung zuzu­ord­nen, war nicht ganz ein­fach“, berich­tet Andre­as Schmid. „Zahl­rei­che Recher­chen waren erfor­der­lich. Aber am Ende hat sich der Auf­wand gelohnt. Denn erst jetzt wird sicht­bar, dass der Kon­zen­tra­ti­ons­pro­zess im Kran­ken­haus­we­sen deut­lich wei­ter vor­an­ge­schrit­ten ist, als es die Zah­len der deut­schen Kran­ken­h­aus­sta­ti­stik erken­nen lassen.“

Wie die Autoren der Stu­die her­aus­ar­bei­ten, ten­die­ren die in der For­schung bis­her übli­chen Berech­nungs­ver­fah­ren noch aus wei­te­ren Grün­den dazu, die fort­lau­fen­de Schwä­chung des Wett­be­werbs im Kran­ken­haus­we­sen zu unter­schät­zen. So stüt­zen sich bei­spiels­wei­se die mei­sten bis­he­ri­gen Markt­ana­ly­sen auf wenig aus­sa­ge­kräf­ti­ge poli­ti­sche Gren­zen (z.B. Land­kreis­gren­zen), oder sie berech­nen die Markt­an­tei­le ein­fach anhand der auf­ge­stell­ten Bet­ten. Auf die­se Wei­se wer­den die für den Wett­be­werb rele­van­ten öko­no­mi­schen Ent­wick­lun­gen jedoch kaum erfasst.

„Auch im Kran­ken­haus­we­sen gilt: Man­geln­der Wett­be­werb för­dert lang­fri­stig die Anfäl­lig­keit für Qua­li­täts­pro­ble­me“, erklärt Andre­as Schmid und for­dert, dass die Gesund­heits­po­li­tik die Fol­gen eines geschwäch­ten Wett­be­werbs nicht unter­schät­zen sol­le. Zwar sei es ver­ständ­lich, wenn Fusio­nen und Ver­net­zun­gen von Kran­ken­häu­sern poli­ti­sche Unter­stüt­zung fin­den, weil man sich von gro­ßen Unter­neh­men mehr Effi­zi­enz und medi­zi­ni­sche Qua­li­tät erhofft. Doch mög­li­che nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen, die sich oft erst lang­fri­stig bemerk­bar machen, wür­den dabei zu oft igno­riert. Die Gesund­heits­po­li­tik sol­le sich ver­stärkt für die struk­tu­rel­len Vor­aus­set­zun­gen eines Wett­be­werbs ein­set­zen, der die Qua­li­tät im Gesund­heits­we­sen lang­fri­stig nicht schwächt, son­dern för­dert. „Anson­sten besteht die Gefahr, dass sich künf­tig […] nicht der beste Lei­stungs­er­brin­ger, son­dern der mit der größ­ten Markt­macht durch­setzt“, heißt es in der Studie.

Ver­öf­fent­li­chung:

Andre­as Schmid und Vol­ker Ulrich,
Kon­zen­tra­ti­on und Markt­macht bei Krankenhäusern,
in: Gesund­heits­öko­no­mie und Qualitätsmanagement
(Gesundh ökon Qual manag), 2012; 17(1), S. 18–22
DOI: 10.1055/s‑0031–1273379

Ansprech­part­ner für wei­te­re Informationen:

Dipl.-Gesundheitsökonom Andre­as Schmid
Lehr­stuhl für Volks­wirt­schafts­leh­re III – Finanzwissenschaft
Uni­ver­si­tät Bayreuth
D‑95440 Bayreuth
Tel.: +49 (0)921 55 4324
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