Stan­ding Ova­tions für Faschingspredigt

Ein volles Gotteshaus

Ein vol­les Gotteshaus

Minu­ten­lan­ge Stan­ding Ova­tions erhielt Pfar­rer Mar­tin Bat­tert von der Pfar­rei Ver­klä­rung Chri­sti für sei­ne dies­jäh­ri­ge Faschings­pre­digt, in der er auch wie in den Vor­jah­ren kein Blatt vor dem Mund nahm und die aus sei­ner Sicht in der Kir­chen­or­ga­ni­sa­ti­on vor­han­de­nen Schwach­punk­te in einer humor­vol­len Art und Wei­se aufarbeitete.

Die Kir­che Ver­klä­rung Chri­sti war am ver­gan­ge­nen Sonn­tag­mor­gen beim dies­jäh­ri­gen Faschings­got­tes­dienst bis auf den letz­ten Platz gefüllt; vie­le Besu­cher muss­ten den Got­tes­dienst im Ste­hen ver­folg­ten, da es trotz zusätz­lich auf­ge­stell­ter Sitz­mög­lich­kei­ten kei­ne frei­en Plät­ze mehr gab. Alle war­te­ten gespannt auf die Büt­ten­re­de von Mar­tin Battert:

„Nun – ich muss Bam­berg gegen­über fast mei­nen Respekt doch zol­len, denn letz­tes Jahr haben sie ganz ver­zich­tet aufs Grol­len, haben sich nach Fasching gar nicht zu Wort gemel­det, haben ver­zich­tet und mich tat­säch­lich nicht „geschel­det“, so Bat­tert ein­gangs sei­ner Büt­ten­re­de. Ich muss schon sagen, das zeugt von Intel­li­genz, ist es doch das Klüg­ste und zeigt sogar Kom­pe­tenz, im Umgang mit sol­chen humor­vol­len Din­gen, was will man da einen klei­nen Pfar­rer in die Knie auch zwin­gen. Gut vier Jah­re haben sie dazu gebraucht, aber bes­ser ist es, als nie damit auf­zu­hö­ren mit dem Gefauch, viel­leicht hat man nun auch end­lich erkannt, Humor ist kein Übel in unse­rem Land. Man muss schon auch sagen, es wäre auch schick, je höher die Posi­ti­on in Kir­che oder Poli­tik, desto weni­ger stolz muss man sei­ne eige­ne Per­son dann auch neh­men, sonst sieht man sein Amt nicht als Dienst, wie´s gegeben.

Denn Herr­schen allein, dass über­lass mal lie­ber unse­rem Gott, sonst ver­fällst du in Macht­ge­ha­be und so nen Trott, reim­te Bat­tert wei­ter. Man­che hal­ten mich für einen Revo­luz­zer hoch zwei, man­che für einen ewi­gen Que­ru­lan­ten mit Geschrei, man­che sagen, der ist doch krank, man­che mei­nen, der habe nicht alle Tas­sen im Schrank. Doch ich selbst den­ke, ich ver­schaff nur dem eine Stim­me, was viel­fach in der Kir­che gese­hen wird als das Schlimme.

Auch für die Bischö­fe hat­te Bat­tert ein paar Zei­len parat. Den Bischö­fen in Deutsch­land – was will man da sagen, müs­sen wir Mut zuspre­chen, damit sie es wagen, bei ihren Kol­le­gen in Rom ohne Grau­en, ordent­lich mal auf den Tisch dort zu hau­en. Statt­des­sen bil­den sie hier lie­ber mon­strö­se Groß­raum­pfar­rei­en, zum Ärger, Ver­druss und zum Frust der Lai­en, weil man die Lust ver­liert sich zu enga­gie­ren, wenn sich in rie­si­gen Pfar­rei­en die Men­schen ver­lie­ren. Anstatt die Chan­cen zu erken­ne einer über­schau­ba­ren Grö­ße, gibt man sich in Deutsch­land hier die Blö­ße. Weil man den Ein­druck hat, die Bischö­fe fah­ren lie­ber nach Rom, um dem Papst zu hul­di­gen auf sei­nem Thron, anstatt die Gläu­bi­gen zu ver­tre­ten, meint man, man kann die Kri­se ein­fach wegbeten?

Bat­tert warn­te die Bedürf­nis­se der Katho­li­ken ernst zu neh­men: „Mach bloß nicht so wei­ter, und meint es sei alles gut, sonst kön­nen auch Katho­li­ken krie­gen ihre ordent­li­che Wut, um zu errei­chen manch sinn­vol­les Ziel, dage­gen wäre Stutt­gart 21 eher ein Kin­der­spiel. Denn wenn Katho­li­ken zum Wut­bür­ger wer­den im guten Stil, bleibt für man­che Per­so in Deutsch­land nur noch das Exil. Denn Gehor­sam Rom gegen­über hat auch für Bischö­fe Gren­zen, das hat nichts zu tun mit Schu­le schwän­zen, Blin­der Gehor­sam wär in der Kir­che die fal­sche Spur, sonst wäre die Kir­che eine Diktatur.

Der Geist­li­che plä­dier­te in sei­nen wei­te­ren Aus­füh­run­gen dafür das Zöli­bat abzu­schaf­fen. Mitt­ler­wei­le hat man die Rea­li­tät total ver­pennt, nicht geschnallt, dass die Grün­de für das Zöli­bat von damals gar nicht mehr exi­stie­ren, hat man halt schnell geist­li­che Grün­de vor­ge­scho­ben auf den Papie­ren. Die Pfar­rer die wegen eines Ver­sto­ßes gegen das Zöli­bat lei­der gehen muss­ten durch der Obrig­keits Hand, sind ein gro­ßer Ver­lust für unser kirch­li­ches Trei­ben, in zehn Jah­ren wäre man heil froh, könn­ten sie blei­ben, aber die sind nun mal weg mit ihren Talen­ten, die Kir­che ver­zich­tet leicht­fer­tig auf sie in ihren vier Wänden.

Eine ver­ba­le Schel­te gab es auch für die Forch­hei­mer Stadt­rats­po­li­tik: Ein ern­ste Wort zu unse­rer Stadt­rats­po­li­tik, was ver­kaufs­of­fe­ne Sonn­ta­ge anbe­langt. Wer mit dem Wort „christ­lich“ Wer­bung macht, der soll­te doch bit­te geben Acht, dass er in man­chen Fra­gen des poli­ti­schen Gebets, bei der rich­ti­gen Ent­schei­dung sei­ne Hand auch hebt; denn wer vom frei­en Sonn­tag für Fami­li­en will nichts mehr wis­sen, der kann wohl kauf reden von einem christ­li­chen Gewis­sen. Fami­lie und Freund­schaft sind zwei der wich­tig­sten gesell­schaft­li­chen Güter, wenn wir die­se nicht mehr pfle­gen kön­nen auf­grund von ver­kaufs­gei­ler Brü­der, weil am Sonn­tag müs­sen die Frau­en hin­ter der Laden­the­ke ste­hen, anstatt mit ihren Kin­dern ins Königs­bad kön­nen gehen, da könn­te man schon als katho­li­scher Pfar­rer krie­gen das Kot­zen, Poli­tik hat für die Men­schen dazu sein, des­halb muss ich da mot­zen. Es gab in Deutsch­land mal Bischö­fe, die mach­ten kund, es muss sich an der Geset­zes­kir­che etwas ändern und mach­ten auf ihren Mund, doch die­se sind in den letz­ten Jah­ren stumm gewor­den, man sieht sie nicht, hört sie nicht, an kei­nem Ort. Was ist bloß los mit ein biss­chen Mut, in den Rei­hen, wo man trägt einen beson­de­ren Hut.

Auch eini­ge Spit­zen auf die „Welt­bild-Ent­hül­lung“ konn­te sich Bat­tert nicht ver­knei­fen: Welt­bild-Ver­lag und was noch zu sagen ist Welt­bild-Ver­lag und Ero­tik-Lite­ra­tur, das ist ja wirk­lich ne span­nen­de Spur, vor allem, wenn man weiß, dass die­ser Ver­lag den Bischö­fen gehört, ist man doch irgend­wie ver­stört. Im Okto­ber war die­se Mel­dung rie­ßen­groß, der Ver­lag hat auch Schmud­del-Lite­ra­tur in sei­nem Schoß. Wer da Gemei­nes denkt, der ist ein Hund, in die­sem Fall bin ichs gern, des­halb tu ichs euch kund. Mei­ne Theo­rie über den Ver­lag der hohen Her­ren, ist fol­gen­de, auch wenn die­se dies hören nicht gern: Ein Bischof kennt sich ja angeb­lich mit man­chen Din­gen nicht aus, sie sind ihm ver­bo­ten von Anfang an und zu Haus. Er soll aber auch die Men­schen ver­ste­hen, die Leben nicht zöli­ba­t­är, also muss eine Lite­ra­tur dafür her, dass er sich in die­se The­ma­tik ein­le­sen kann, ohne schlech­tes Gewis­sen oder fal­sche Scham. Aber woher soll er Lite­ra­tur denn bezie­hen genau von die­sem Raster, er kann ja nicht bestel­len bei Bea­te Uhse oder Dol­ly Buster, da ist es doch dann am geschick­te­sten, wenn ein kirch­li­cher Ver­lag sol­che Lite­ra­tur im Sor­ti­ment auch hat. Wenn als Absen­der „Welt­bild“ drauf steht, was für ein Glück und der Post­bo­te ins Bischofs­haus bringt das Paket­stück, natür­lich er denkt, es sein from­me Bücher drin; was soll es auch den­ken – das Post­bo­ten-Hirn. Das ist mei­ne Theo­rie des Welt­bild-Sor­ti­ments, zumin­dest ist es nahe lie­gend wenn du so denkst.

Sein gro­ßer Traum: „Gleich­be­rech­ti­gung zwi­schen Mann und Frau“:Manchmal träum­te ich von einem Kon­zil Vati­ca­num Num­mer 3, wo nur die Hälf­te der Teil­neh­mer träft Pur­pur als Bischof so frei, die ande­re Hälf­te sind Lei­hen und Frau­en, da wür­de die gan­ze Welt respekt­voll schau­en, auf die Kir­che von Heu­te – und was sie erzählt, sie hät­te ver­stan­den, was seit Jahr­hun­der­ten fehlt, ist der weib­li­che Anteil in Füh­rungs­po­si­ti­on, Frau­en den­ken näm­lich anders als Män­ner auf einem Thron. Und weil die Kir­che dar­auf immer noch ver­zich­tet, hat sie viel Wahr­heit auch noch nicht gesich­tet. Denn erst wenn hier vor­ne Frau und Mann, gleich­be­rech­tigt ste­hen kann, hat die Kir­che auch end­lich durch­schaut, auf was hat Gott sei­nen Wel­ten­plan gebaut.

Auch das Medi­en­in­ter­es­se aus Funk‑, Fern­se­hen- und Print­me­di­en war dies­mal wie­der sehr groß und Pfar­rer Mar­tin Bat­tert durf­te danach zahl­rei­che Hän­de für sei­nen gelun­ge­nen Got­tes­dienst schüt­teln und auch so man­ches Inter­view geben.