Sonn­tags­ge­dan­ken: Kon­kret handeln

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Die Inder erzäh­len von einem Hei­li­gen, der nach sei­nem Tod zum Lohn eine gol­de­ne Kro­ne erhielt. Als er durch den Him­mel spa­zier­te, sah ermit Ent­set­zen, dass alle ande­ren Hei­li­gen mit Juwe­len besetz­te Kro­nen trugen.
Da frag­te er:“ War­um hat mei­ne Kro­ne kei­ne Juwelen?“
Der Engel ant­wor­te­te: „Weil Du kei­ne gege­ben hast. Die­se Juwe­len sind die Trä­nen, wel­che die hei­li­gen auf Erden ver­gos­sen. Du hast kei­ne Trä­nen geweint.“
„Wie konn­te ich“, frag­te der Hei­li­ge: „wo ich so glück­lich war in der Lie­be zu Gott und mich in die hei­li­gen Tex­te versenkte?“
„Das ist viel“, sag­te der Engel: „Hier ist Dei­ne Kro­ne, sie ist aus Gold. Juwe­len sind nur für jene, wel­che weinten.“

Auf Gott ver­trau­en, den Got­tes­dienst, die kirch­li­chen Ver­an­stal­tun­gen besu­chen, das gehört zum wah­ren Christ ‑Sein dazu, bil­det Kraft­quel­le und Mit­tel­punkt christ­li­chen Lebens, doch muss der Glau­be auch im All­tag zu spü­ren sein. Wer sei­ne Fami­lie tyran­ni­siert, sei­ne Kol­le­gen mobbt, wer über Aus­län­der schimpft, wer kein Ver­ständ­nis für die andern auf­bringt, nament­lich für die Schwa­chen, der darf sich auch nicht Christ nen­nen. Natür­lich will ich nie­man­den unter Druck set­zen, denn jeder muss selbst ent­schei­den, wie er sei­nen christ­li­chen Glau­ben prak­ti­ziert. Doch das mate­ri­el­le, kör­per­li­che und see­li­sche Elend der andern muss uns zu Her­zen gehen und es genügt nicht, sich mit ein paar Euro an Spen­den der kon­kre­ten Ver­ant­wor­tung zu ent­zie­hen. Fern­sten­lie­be ist uns nicht auf­ge­tra­gen, son­dern Näch­sten­lie­be. Alles Enga­ge­ment und beson­ders alles voll­mun­di­ge Phra­sen­dre­schen blei­ben wert­los, ja unglaub­wür­dig, wenn ich mich nicht dar­um bemü­he, den Mit­men­schen zu ver­ste­hen, ihm kon­kret bei­zu­ste­hen, wo und wie ich es eben kann und will.

Vor Jah­ren konn­te man mit­hin fol­gen­den dra­ma­ti­schen Auf­ruf lesen, den Sie bit­te nicht als Zwang miss­ver­ste­hen sollen:

„Chri­stus hat kei­ne Hän­de, nur unse­re Hände,
um sei­ne Arbeit heu­te zu tun;
er hat kei­ne Füße, nur unse­re Füße,
um Men­schen auf sei­nen Weg zu führen.
Er hat kei­ne Lip­pen, nur unse­re Lippen,
um Men­schen von sei­nem Tod zu erzählen;
er hat kei­ne Hil­fe, nur unse­re Hilfe,
um Men­schen an sei­ne Sei­te zu bringen.
Wir sind die ein­zi­ge Bibel,
die die Öffent­lich­keit noch liest.“

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de