Ewald Are­nz bei den Kirch­eh­ren­ba­cher Kulturwochen

Ewald Arenz

Ewald Are­nz

Zum zwei­ten Mal inner­halb eines Jah­res war der Schrift­stel­ler Ewald Are­nz – Jahr­gang 1966 – als Reprä­sen­tant einer welt­of­fe­nen frän­ki­schen Lite­ra­tur­pro­vinz ins Kirch­eh­ren­ba­cher Gast­haus Spon­sel gekom­men. Elo­quent und ele­gant, dunk­ler Anzug und statt der gewohn­ten Flie­ge eine Kra­wat­te – als Groß­stadt­li­te­rat schein­bar ein Fremd­kör­per in der Bau­ern­wirt­schaft. Doch zum zwei­ten Mal kam Are­nz bei einem über­schau­ba­ren, aber äußerst regen Publi­kum mit allen gedruck­ten und gespro­che­nen Sät­zen begei­sternd an. Dies­mal las er aus sei­nem neu­en Roman „Der Dia­man­ten­schlei­fer“, der in der Mit­te der zwan­zi­ger Jah­re des zwan­zig­sten Jahr­hun­derts spielt.

Das histo­ri­sche Pro­jekt sprengt den Rah­men sei­ner bis­he­ri­gen Wer­ke nicht nur vom Umfang her. Vor einem Jahr­zehnt wur­de der Autor durch sei­ne Erzäh­lung vom „Tee­zau­be­rer“ über­re­gio­nal bekannt. Der Tee­zau­be­rer Are­nz erwies sich als Sprach­zau­be­rer. Sein näch­stes grö­ße­res Werk, das dem „Duft der Scho­ko­la­de“ gewid­met war, lag auf einer par­al­le­len Linie. Genau wie einst Patrick Süskind in sei­nem Welt­best­sel­ler „Das Par­fum“ ging Are­nz dem flüch­ti­gen und unsicht­ba­ren Reich der Gerü­che nach. In sei­nem neu­en histo­ri­schen Kri­mi­nal­ro­man steht ein ähn­lich magi­sches Motiv im Zen­trum: das mysti­sche Licht, das ein von Son­nen­strah­len berühr­ter Dich­ter an sei­ne Umwelt abgibt.

Die Hand­lung spielt in Ber­lin. Nach Welt­kriegs­nie­der­la­ge, stecken geblie­be­ner Revo­lu­ti­on und Bür­ger­krieg folgt eine kur­ze Pha­se des wirt­schaft­li­chen Auf­schwungs, der bür­ger­li­chen Sicher­heit und avant­gar­di­sti­schen Kul­tur. Bevor Welt­wirt­schafts­kri­se, poli­ti­sche Reak­ti­on und faschi­sti­sche Bru­ta­li­tät die unge­lieb­te erste deut­sche Repu­blik erle­di­gen. Are­nz hat sich durch einen Berg histo­ri­scher und lite­ra­ri­scher Wer­ke gear­bei­tet, um Geist und Atmo­sphä­re die­ser uns inzwi­schen fer­nen histo­ri­schen Epo­che zu erfas­sen: Erich Käst­ner und Ernst Jün­ger, Arnold Zweig und Erich Maria Remar­que, Alfred Döblin.

Sei­ne Haupt­fi­gu­ren – Kri­mi­na­li­sten und Edel­stein-Spe­zia­li­sten – sind nicht erfun­de­ne, son­dern histo­risch rea­le Per­so­nen, deren bio­gra­phi­schen Spu­ren er folgt. Kein Wun­der, dass der Autor in die­ser für ihn neu­en Erzähl­welt nicht immer die gewohn­te Leich­tig­keit der spie­le­ri­schen Spra­che erreicht, dass sei­ne Dik­ti­on etwas bemüht und ange­strengt wirkt; selbst bei pla­to­nisch ver­hal­te­nen Lie­bes­epi­so­den. Die Nürn­ber­ger Lite­ra­tur­kri­tik ist sei­nem neu­en Werk dies­mal nur mit begrenz­tem Lob begeg­net. Doch in Kirch­eh­ren­bach, wo vie­le Sym­pa­thi­san­ten woh­nen, kam er mit vol­len Segeln an, nicht zuletzt durch sei­ne per­sön­li­chen Kom­men­ta­re, die den Glanz eines lite­ra­ri­schen Salons andeu­ten, wäh­rend im Nach­bar­raum die Schaf­kopf-Kar­ten auf den Tisch knallten.

Ewald Are­nz – ein frän­ki­scher Autor? Wie gern möch­te er einer sein, aber er spricht nur blan­kes Hoch­deutsch, dank der rigi­den Sprach­nor­men, die ihm sei­ne west­preu­ßi­sche Mut­ter auf­drück­te, als er als erstes von sie­ben Pfar­rers­kin­dern auf einem win­zi­gen Dorf in der süd­frän­ki­schen Pro­vinz um Wei­ßen­burg auf­wuchs. Doch mit sei­ner Hei­mat­land­schaft ist er nach wie vor ver­traut. Fünf­mal in der Woche radelt er von sei­nem Haus im Land­kreis Fürth quer durch die Pam­pa zu sei­nem Arbeits­platz am Johan­nes-Schar­rer-Gym­na­si­um in Nürn­berg. Dort kann es sein, dass ihn über­ra­schend ein staat­li­cher Schul­auf­sichts­be­am­ter besucht. Roma­ne las­sen sich nur in den Feri­en schreiben.