IHK für Ober­fran­ken: „Demo­gra­fie neu denken“

„Wir müs­sen Demo­gra­fie neu den­ken“, for­dert Georg Schnel­le, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth mit Blick auf die aktu­el­len Bevöl­ke­rungs­vor­aus­be­rech­nun­gen, die das Baye­ri­sche Lan­des­amt für Sta­ti­stik und Daten­ver­ar­bei­tung ver­öf­fent­licht hat. „Es bringt abso­lut nichts, vor den Demo­gra­fie­pro­gno­sen wie das Kanin­chen vor der Schlan­ge zu ver­har­ren und sie als gege­ben hin­zu­neh­men.“ Viel­mehr gehe es dar­um, die demo­gra­fi­sche Her­aus­for­de­rung anzu­neh­men und ihr aktiv die Stirn zu bie­ten. „Demo­gra­fi­sche Pro­gno­sen sind in erster Linie das: Pro­gno­sen. Wir müs­sen sie nicht akzep­tie­ren, wir kön­nen ihnen ent­ge­gen­wir­ken.“ Hier­für sei ein Zusam­men­wir­ken aller Akteu­re nötig.

„Pro­gno­sen zur demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung sind Modell­rech­nun­gen. Sie zei­gen, wie sich eine Bevöl­ke­rung ent­wickeln wür­de, wenn bestimm­te demo­gra­fi­sche Trends der ver­gan­ge­nen Jah­re in Bezug auf Gebur­ten und Ster­be­fäl­le gleich blie­ben. Sie berück­sich­ti­gen dabei nicht, dass sich Rah­men­be­din­gun­gen auch ändern kön­nen“, kri­ti­siert Schnel­le. So sei bei­spiels­wei­se durch­aus mög­lich, dass die Gebur­ten­zah­len stei­gen, mehr Fach­kräf­te aus In- und Aus­land zuzie­hen oder die aktu­el­le Arbeits­markt­dy­na­mik sich wei­ter posi­tiv auf die Anzie­hungs­kraft ober­frän­ki­scher Unter­neh­men auswirkt.

Demo­gra­fi­sche Rea­li­tät wird verzerrt

Hin­zu kommt, dass die offi­zi­el­len Sta­ti­sti­ken die demo­gra­fi­sche Rea­li­tät ver­zer­ren. Die Über­al­te­rung der Gesell­schaft liegt zum einen an den gebur­ten­schwa­chen Jahr­gän­gen, zugleich aber auch an der gestie­ge­nen Lebens­er­war­tung der Men­schen. „Sta­ti­stisch zäh­len Men­schen ab 65 Jah­ren zur Grup­pe der ‚Alten‘. Die­se Alters­gren­ze haben wir immer­hin schon seit der Ein­füh­rung der gesetz­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rung durch Bis­marck. Aber seit dem hat sich viel geän­dert. Der medi­zi­ni­sche Fort­schritt hat dazu geführt, dass heu­te 70jährige einen Gesund­heits­zu­stand wie frü­her die 60jährigen haben. Die alte Zuord­nung der Alters­grup­pen sagt also nicht mehr viel aus“, so Schnel­le. Viel­mehr wer­de es höch­ste Zeit, in demo­gra­fi­schen Stu­di­en die Grup­pe der Älte­ren neu zu defi­nie­ren. „Wir müs­sen uns von dem Gedan­ken ver­ab­schie­den, dass Men­schen mit 65 zum ‚alten Eisen‘ gehören.“

Zukunft aktiv gestalten

Vor die­sem Hin­ter­grund warnt Schnel­le davor, die Pro­gno­sen blind zu akzep­tie­ren. „Die gebur­ten­schwa­chen Jahr­gän­ge kön­nen zwar nicht rück­gän­gig gemacht wer­den, aber statt Gebur­ten­rück­gang, Land­flucht und Über­al­te­rung der Gesell­schaft als gege­ben hin­zu­neh­men, muss die Regi­on viel­mehr gemein­schaft­lich dar­an arbei­ten, die Rah­men­be­din­gun­gen wei­ter zu ent­wickeln und die Zukunft zu gestal­ten“, appel­liert Schnel­le. Die bes­se­re Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf oder die geziel­te Qua­li­fi­zie­rung älte­rer Arbeit­neh­mer zäh­len eben­so dazu wie ein star­kes Regio­nal­mar­ke­ting oder die Siche­rung attrak­ti­ver Arbeits­plät­ze in der Regi­on. „Dabei sind alle regio­na­len Akteu­re glei­cher­ma­ßen gefor­dert, Poli­tik, Wirt­schaft, Gesell­schaft genau­so wie Öffent­lich­keit und Medien.“

Laut Schnel­le ist Ober­fran­ken hier bereits auf einem guten Weg. „Die Her­aus­for­de­run­gen der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung sind zuneh­mend in den Köp­fen ange­kom­men, es wird schon viel unter­nom­men, um die­ser Ent­wick­lung die Stirn zu bie­ten.“ Kon­ti­nu­ier­lich stei­gen­de Aus­bil­dungs­zah­len, der Image­pro­zess Ober­fran­ken, zahl­rei­che Akti­vi­tä­ten zur fami­li­en­freund­li­chen Regi­on Ober­fran­ken sind nur eini­ge Bei­spie­le dafür. „Zusam­men genom­men kön­nen die­se ein­zel­nen Bau­stei­ne dazu bei­tra­gen, dass die Regi­on die demo­gra­fi­sche Her­aus­for­de­rung lang­fri­stig bewäl­ti­gen kann.“